Nacht ueber den Highlands
wieder auf, in der Hand ein etwa handtellergroßes Holzfigürchen. Es war ein Ritter. Er reichte ihn Stryder.
»Sag Alexander, dass Edward ihn vermisst hat.«
Stryder blickte das Spielzeug stirnrunzelnd an.
Als er sich jedoch zum Gehen wenden wollte, packte Damien ihn unversehens am Arm und hielt ihn fest. »Bitte sorg dafür, dass er nicht ein solcher Narr wird wie ich, Stryder. Sorg dafür, dass er ein anständiger, ehrenwerter Mensch wird.«
Damit ließ er ihn los und verschwand ohne ein weiteres Wort in seinem Schlafgemach.
Die Doppeltür fiel laut hallend ins Schloss; dann hörte Stryder, wie der Schlüssel umgedreht wurde.
Was für eine interessante Begegnung ...
Leider wusste Stryder nun immer noch nicht, warum Damien Alexander ausgerechnet zu ihm geschickt hatte, oder warum es ihm gar so wichtig war, dass er ihn behielt und aufzog.
Mit einem ratlosen Seufzer verließ er den Raum und machte sich auf den Weg in die Küche.
Rowena stand abseits und sah Swan und Alexander beim Spielen zu. Für einen Mann, der behauptete, Kinder nicht zu mögen, hatte er sich ziemlich schnell mit dem Jungen angefreundet.
»Jetzt pass auf, Alexander«, sagte er zu dem Knaben, der gespannt zwei Selleriestangen umklammert hielt. »Jetzt kommt der Feuerball.« Swan hob ein extradickes Radieschen hoch. Zischend und pfeifend ließ er es auf die Stangen zusausen, Feuer und das Geräusch schwirrender Pfeile imitierend. Gar nicht zu reden von den Hilfeschreien jener, die das Radieschen auf sich zurasen sahen.
Alexander lachte, als Swan die Selleriestangen umnietete.
»Au, mein Kopf«, jammerte er mit hoher Stimme und ließ eine Selleriestange über den Tisch hinken. »Mein Kopf steht in Flammen! Hilfe, au, au!«
Alexander bog sich vor Lachen.
Rowena und Fatima wechselten einen entsetzten Blick. Die Alte saß neben Alexander und löffelte eine Schüssel Erbsenbrei mit Porree.
In diesem Moment tauchte Stryder auf. Als Swan ihn erblickte, unterbrach er sich sofort.
»Mit dem Essen spielt man nicht«, sagte er streng zu dem Jungen, der ihn seinerseits verblüfft anstarrte.
Swan räusperte sich verlegen und setzte eine männlich grimmige Miene auf. »Dann kann ich ja jetzt gehen.«
Stryder schaute Rowena an und lachte. »Hat er schon wieder brennendes Radieschen gespielt?«
»Tut er das öfter?«
»Aye, aber es ängstigt mich weniger, wenn er es macht, um ein Kind damit zu unterhalten und nicht zu seinem eigenen Vergnügen.«
Rowena lachte.
Stryder ging vor Alexander in die Hocke. Der Junge zupfte verlegen an seinem Ohr, erstarrte jedoch, als Stryder ihm eine Holzfigur reichte.
»Edward!«, jubelte er und griff begeistert nach dem Ritter. »Wo hast du den bloß her?«
Alexander küsste den Holzritter innig. Rowena sah, wie ein zutiefst bekümmerter Ausdruck über Stryders Gesicht huschte. »Den schickt dir dein Onkel. Ich soll dir von ihm sagen, dass Edward dich vermisst hat.«
Rowena musterte Stryder forschend. Er verschwieg etwas.
»Ach, Edward«, rief Alexander und drückte den Spielzeugritter an sich. »Ich hab gedacht, ich hätte dich verloren. Aber jetzt ist alles wieder gut. Jetzt können wir wieder gegen Drachen kämpfen und gegen ...«, er warf einen Blick auf die ramponierten Selleriestangen, »äh ... wilden Sellerie.«
Rowena zog Stryder beiseite, während Alexander selig mit seinem Ritter spielte. »Wo hast du diese Figur her?«
Stryder zuckte die Achseln und sah Alexander beim Spielen zu. Da traf es ihn wie der Blitz.
Alexander sah Damien verblüffend ähnlich - er besaß dieselben braungrünen Augen und dasselbe goldblonde Haar. Kein Zweifel, Damien war der Vater des Jungen.
Stryder stieß den Atem aus. Jetzt wurde ihm so einiges klar.
Warum Damien Edward behalten hatte. Warum er gelacht hatte, als Stryder ihn gefragt hatte, ob er dem Kind etwas antun würde.
Es war trotzdem total verrückt. Damien hasste ihn -warum also überließ er ihm seinen eigenen Sohn?
Außer natürlich, Damien befürchtete, die Sarazenen könnten herausbekommen, dass Alexander sein Sohn war.
Doch selbst wenn das der Fall war, warum brachte er den Jungen nicht einfach nach Frankreich und ließ ihn dort aufwachsen? Am dortigen Königshof wäre der Junge relativ sicher. Aber so einfach war es wohl nicht.
Sonst hätte Damien den Jungen sicher schon längst dorthin bringen lassen.
An Damien war wohl doch mehr dran als auf den ersten Blick ersichtlich. Wenn es stimmte und er tatsächlich der Skorpion war, würde er durch
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