Nacht ueber den Highlands
zu.
Mein Gott, dieser Mann sah wirklich gut aus, regelrecht hübsch. Wie ein gefallener Engel. Die Züge so fein geschnitten, die Glieder lang und biegsam, der Inbegriff eines kultivierten, anmutigen Galans.
Kit blieb vor einer langen Tafel stehen und rückte die Sitzbank für sie zurecht.
Rowena nahm mit schwingenden Röcken Platz und zupfte die scharlachrote Fülle ihres Kleids zurecht. Kit setzte sich ihr zur Rechten und winkte dann nach einem Pagen, der sie mit Wein versorgen sollte.
»Wenn er so einfältig ist wie die anderen von seiner
Sorte«, meinte sie, »warum bist du dann mit ihm zusammen?«
Kit räusperte sich. »Ich habe nie behauptet, dass er einfältig ist, Liebes. Nur dass er ein äußerst ausgeprägtes Pflichtbewusstsein hat.«
»Leute umzubringen.«
»Nein, sie zu beschützen.«
Er sagte das in einem so eigenartigen Ton, dass sie die Stirn runzelte. »Du verteidigst einen Ritter, Kit? Als wir uns das letzte Mal gesehen haben, waren wir noch einer Meinung, was Gewalt und die, die sie lieben, betrifft.«
»Ich verabscheue die Gewalt immer noch und jene, die sie ausüben, aber Stryder ist mein Bruder, und ich respektiere ihn und seine Entscheidungen.«
Rowena rümpfte unwillkürlich die Nase. Noble Worte, aber so war Kit nun mal. Loyal bis zum bitteren Ende. »Wie kam es dazu, dass du dich ihm angeschlossen hast?«
Kits Miene wurde ein wenig einfältig. »Ich wusste nicht, wohin. Michael hat mich aus dem Haus gewiesen; nicht einmal für eine Nacht wollte er mich bei sich aufnehmen.«
Das waren wahrhaftig erstaunliche Neuigkeiten. »Dein eigener Bruder hat dich abgewiesen?«
»Aye. Er hat mich noch nie gemocht. Und dass ich als Bastard geboren wurde, hat auch nicht gerade geholfen. Ich war kaum von meinen Auslandsreisen heimgekehrt, da meinte er, er könne es sich nicht leisten, jemanden durchzufüttern, der nicht bereit wäre, zum Schwert zu greifen, um seine Habe zu verteidigen. Und da ich mich nicht auf das Schwingen eines Schwerts verstehe, sah ich mich unversehens vor die Türe gesetzt.«
Zorn wallte in ihr auf. Wie konnte man nur seinen eigenen Bruder so behandeln! Von Michael de Montgomerie hätte sie wahrhaftig etwas Besseres erwartet. »Dieser abscheuliche Flegel!«
»So was Ähnliches ging mir damals auch durch den Kopf, nur klang es noch weniger schmeichelhaft.« Der Page tauchte auf, um ihre Kelche mit Wein zu füllen, und Kit lehnte sich zurück, um ihm Platz zu machen.
Rowena wartete, bis der Knabe verschwunden war, dann nahm sie den Gesprächsfaden wieder auf. »Und was hast du dann gemacht?«
Kit nahm einen Schluck Wein und stellte den Kelch wieder ab. »Ich tat das Einzige, was ich tun konnte, ich begann mir mein Essen mit Singen zu verdienen.«
Oh, wie herrlich das klang! Wenn sie doch nur ein Mann wäre und das auch tun könnte ...
Kit stützte den Ellbogen auf den Tisch und legte die Wange auf seine Faust. Er stieß ein bitteres Lachen aus. »Tja, leider reichte mein Talent nicht ganz aus, um satt zu werden. Du merkst erst, wie kritisch deine Zuhörer wirklich sind, wenn dein Magen von ihnen abhängt. Ich war zeitweise fast am Verhungern.«
Sie tätschelte mitfühlend seinen Arm. »Aber jetzt scheint es dir wieder besser zu gehen. Du siehst wohl genährt aus.«
»Allerdings, und das habe ich Stryder zu verdanken. Ich trat in einem Gasthof in Canterbury auf, als sich einige der anwesenden Ritter Freiheiten bei der Bedienung herausnahmen. Ich versuchte ihr zu helfen, aber sie waren zu fünft und ich fürchte, ich gab eine ziemlich schlechte Figur ab. Als sie mich gerade fürchterlich verprügeln wollten, trat Stryder dazwischen. Er wusste zunächst nicht mal, wer ich war. Das hat er erst hinterher gemerkt, nachdem die fünf Reißaus genommen hatten.«
Sie war überrascht, als sie das hörte. Sie hätte den Grafen eher in der Gruppe der Schläger erwartet.
Kit strich mit den Fingern über sein Kinn. »Es war zwar über zwölf Jahre her, seit wir uns zum letzten Mal gesehen hatten, aber Stryder hat mich dennoch erkannt. Er meinte sogar, er hätte schon lange nach mir gesucht. Offenbar war er sogar bei Michael gewesen und hatte erfahren, dass ich dort nicht willkommen war.«
Sein Blick bekam etwas Entrücktes. »Ich kann immer noch nicht glauben, wie wütend er meinetwegen wurde. Ich dachte schon, jetzt geht er hin und bringt Michael um.« Er schenkte ihr ein scheues Lächeln. »Als ich ihm erzählte, wie es kam, dass ich hier in Canterbury auftrete, bestand er
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