Nacht ueber den Highlands
Unschuld beweisen.«
»Und warum das?«, wollte Rowena wissen.
»Na, damit du ihn heiraten kannst«, antwortete Joanne schlicht.
Rowena neigte sinnend den Kopf. »Ich dachte, du willst ihn heiraten.«
»Richtig, das will ich, oder wollte es zumindest, aber jetzt, wo der König dich als seine Braut ausersehen hat, da dachten wir -«
Der spitze Ellbogen von Bridget brachte sie jäh zum Schweigen.
»Aua!«, rief Joanne erzürnt.
Rowena, der nichts Gutes schwante, verschränkte die Arme. »Ihr dachtet was?«
»Du kannst es ihr ebenso gut gleich sagen«, meinte Elizabeth, die neben Joanne stand. »Es ist schließlich nicht so, als ob wir es vor ihr geheim halten könnten.«
Marian seufzte. »Nun, es ist doch so. Du und dein Onkel, ihr haltet uns im langweiligen Sussex gefangen, während du dich mit deinen Freunden, den Minnesän-gern, amüsierst. Doch seitdem wir hier sind, ist uns erst klar geworden, wie viele umwerfende Männer es gibt.«
»Ja, genau«, stimmte Bridget eifrig zu. »Hast du Stephen von Nottingham gesehen? Was für ein Mann!«
»Er ist ein Barbar«, meinte Rowena wegwerfend. Sie hatte ihn gestern während des Abendessens beobachtet. Er hatte laut gerülpst, seinen Kelch auf den Tisch geknallt, nach mehr Wein verlangt und ihn dann schneller heruntergestürzt, als sie »Säufer« sagen konnte. Der krönende Abschluss war ein weiterer vernehmlicher Rülpser gewesen.
»Er ist ein Mann«, fauchte Marian. »Ich will Euch nicht zu nahe treten, Mylady, aber uns stehen Eure miauenden Jünglinge bis hier!« Sie hielt sich die Hand ans Kinn. »Wir haben genug von Lobgesängen auf unsere Augen und unsere Säfte, während eben diese Säfte austrocknen. Wir wollen einen richtigen Mann.«
»Ja!«, riefen die restlichen Damen im Chor.
Bridget tätschelte Rowenas Arm. »Wir verstehen ja, dass du selbst keinen Wunsch nach einem männlichen Mann hast, meine Liebe. Wir respektieren das. Aber wir Übrigen, wir hätten lieber jemanden, der uns wirklich auf Händen tragen kann, anstatt nur davon zu singen. Lord Stryder hat viele Ritter in seinem Gefolge.«
Joanne nickte. »Ritter aus gutem Hause.«
»Ritter mit starken Muskeln«, fügte Marian hinzu.
»Aye«, stimmte Bridget bei. »So wie wir die Dinge sehen, hätten wir, wenn du Lord Stryder heiratest, die freie Wahl.«
Rowena war schockiert. »Ich kann nicht glauben, was ich da höre. Ihr wollt also, dass ich mich für euch aufopfere, nur damit ihr -«
»Das wäre doch kein Opfer«, unterbrach Joanne erregt. »Lord Stryder ist die beste Partie im ganzen Christenreich. Du solltest dich geschmeichelt fühlen.«
Wenn sie das noch ein einziges Mal hörte ...
Nach dieser unerfreulichen Begegnung versuchte Rowena ihren Hofdamen tunlichst aus dem Weg zu gehen, doch diese ließen nicht locker. Eine nach der anderen hängte sich an ihre Fersen und versuchte ihr die Vorteile dieser Verbindung begreiflich zu machen, und was sie sich ausgedacht hätte, um Rowena für immer und ewig mit Stryder zu vereinen.
Dies schien der längste Tag ihres Lebens zu werden.
Stryder blieb abrupt stehen, als er sein Zelt betrat und seine Männer dort versammelt fand.
Will war ebenso groß wie er und besaß dasselbe schwarze, schulterlange Haar. Er war von Natur aus aufbrausend und mürrisch, doch nun wirkte seine Miene noch grimmiger als gewöhnlich.
Swan, zwei Zoll kleiner, stand rechts von Will. Swan war der Don Juan der verschworenen kleinen Truppe. Selten sah man ihn ohne weibliche Begleitung, sein Charme war beinahe legendär. Er besaß dunkelbraunes, etwas mehr als schulterlanges Haar und trug einen feschen kleinen Ziegenbart. Seine Augen waren von durchdringendem klarem Blau.
Er war nicht nur bei den Damen ein Draufgänger, sondern auch am Spieltisch und wenn es galt, seinen Hals zu riskieren.
Zu Swans Rechter stand Raven, ebenso schwarz wie der Rabe, nach dem er benannt war. Mit seinen knapp einundzwanzig Jahren wirkte er noch ein wenig schlaksig, was sich in den nächsten Jahren jedoch mit Sicherheit ändern würde. Er war für Stryder so etwas wie ein kleiner Bruder, hatte er den Jungen doch während ihrer Gefangenschaft in Outremer adoptiert.
Direkt hinter den dreien stand Val, der sie alle um gut eine Haupteslänge überragte. Er war nach dem heiligen Valentin benannt worden, fand jedoch weder seinen Namen noch seine Größe auch nur im Geringsten komisch.
Abgesehen davon war er der Fröhlichste von allen, immer bereit, über die lächerlichsten und abwegigsten
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