Nacht ueber den Highlands
treffen. Vielleicht wart Ihr ja von Anfang an das Ziel. Warum sonst dieser Mantel?«
»Das ist ein interessanter Gedanke.« Der auch die Anschläge auf sein Leben erklären würde. Er und seine Männer hatten andauernd nach jemandem gesucht, der ihm seine guten Beziehungen zum Königshof neidete. Vielleicht hatte sein Feind ja überhaupt nichts mit Heinrich zu tun, sondern vielmehr mit seiner eigenen Vergangenheit, die ihn nach all den Jahren einzuholen drohte.
Stryder nahm ihr den Zettel aus der Hand und legte ihn auf seinen Schreibtisch. »Bitte erwähnt dies keinem gegenüber.«
»Ihr wollt die Bruderschaft also auch weiterhin geheim halten?«
»Aye. Keiner braucht zu wissen, wer von uns dort war, und was wir alles tun mussten, um zu überleben. Wir alle haben hart gekämpft, um unsere Ehre, unser altes Leben wiederzugewinnen.«
Sie nickte, als würde sie genau verstehen, was er meinte. »Ich werde Euer Geheimnis für immer bewahren, Stryder.«
Sie wandte sich zum Gehen.
»Rowena?«
Sie hielt inne.
»In Zukunft kommt Ihr am besten nach dem Abendmahl, um mich zu unterrichten. Das ist die beste Zeit.«
Sie nickte und schenkte ihm ein kleines, zerbrechliches Lächeln, das alles Mögliche mit seinem Herzen anstellte. Und mit seinen Lenden. »Dann sehen wir uns also heute Abend, Mylord. Ich wünsche Euch bis dahin, dass Euch kein Ungemach mehr zustoßen möge.«
Er verzog den Mund zu einem trockenen Lächeln. »Nun, wir werden sehen, was der Tag bringt, nicht wahr?«
Rowena nickte zustimmend. Ja, das würden sie.
Sie raffte ihre Röcke und schlüpfte aus seinem Zelt, vorbei an seinen vier Rittern, die ihn auf seinen Reisen begleiteten. Die kleine Gruppe blieb bei ihrem Anblick verblüfft stehen und starrte ihr nach.
Nicht lange, und sie befand sich wieder in der Sicherheit ihrer Gemächer, mit ihren weiß gekalkten Wänden.
Doch das Letzte, was Rowena erwartet hätte, war, all ihre Damen in ihrem Sonnenzimmer versammelt zu sehen. Cyrils Tod und Stryders mögliche Schuld hatten sich inzwischen herumgesprochen.
»Was sollen wir bloß machen?«, fragte Bridget verzweifelt. Rowenas Hofdamen hatten sich in der Mitte des großen, sonnigen Gemachs wie eine Schar aufgeregter Hühner zusammengedrängt. Bridget war eine kleine, zierliche Frau mit glänzendem schwarzem Haar und einem anmutigen, biegsamen Körper. »Wenn man Lord Stryder verurteilt -«
»Ich werde nie heiraten, niemals«, jammerte Marian. Die Maid, kaum ein Jahr älter als Rowena, besaß hellblondes Haar und eine kurvenreiche, üppige Figur, die sie im Verkehr mit dem männlichen Geschlecht immer wieder in Schwierigkeiten und kompromittierende Situationen brachte. »Und wir müssten wieder nach Sussex zurück!«
»Nie im Leben«, wiedersprach Joanne, nicht weniger erregt als die anderen. »Wenn ich mir noch einen von diesen winselnden Milchbubis anhören muss, die sie immer zu uns einlädt und die Oden auf meine Schenkel und auf meinen Hals singen, als wäre ich nichts weiter als eine fette Henne, dann stürze ich mich von der nächsten Burgmauer.«
Bridget klopfte ihr beruhigend auf den Rücken. »Keine Angst, Joanne, wir kehren nicht wieder nach Sussex zurück, und Lord Stryder wird auch nicht gehängt. Wir selbst werden den Schuldigen finden und am nächsten Baum aufknüpfen.«
»Was soll das?«, meldete sich Rowena streng von der Tür her.
Die Hofdamen flatterten sogleich nervös auseinander. Auf ihren Gesichtern zeichnete sich ein reichlich schlechtes Gewissen ab.
»Was meint Ihr?«, erkundigte sich Joanne gespielt unschuldig.
Rowena blickte sie alle nacheinander scharf an. »Was geht da vor? Was plant ihr?«
»Wir wollen Cyrils Mörder suchen«, antwortete Bridget triumphierend.
»Wir müssen äußerst raffiniert vorgehen«, fügte Marian hinzu. »Wir müssen die Männer mit ... mit alkoholischen Getränken und unserem weiblichen Charme weich machen. Aber ich denke, wir sind dieser Herausforderung gewachsen.«
Eifriges Nicken sämtlicher Hofdamenköpfe.
Rowena dagegen musste an sich halten, um nicht die Augen zu verdrehen. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie ihre Damen sich in alle möglichen Schwierigkeiten brachten. Kein Wunder, dass ihr Onkel sie im abgelegenen Sussex unter Verschluss hielt. Die Damen waren, auch wenn jede ein gutes Herz hatte, leider allzu bereit, jeden Mann zu verführen, der ihnen über den Weg lief. »So viel würdet ihr für Lord Stryder tun?«
Marian nickte. »Ja, natürlich. Wir müssen seine
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