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Nacht ueber den Highlands

Titel: Nacht ueber den Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kinley MacGregor
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wird. Dem Schwachen gehört bestenfalls der Tod, während der Starke so lange weiterlebt, bis er von einem noch Stärkeren aufgehalten wird.«
    So hatte Rowena es noch nie betrachtet. »Ist das der Grund, warum Ihr kämpft?«
    In seine Augen trat ein düsterer Ausdruck. »Aye. Ich kämpfe für den Geist eines Knaben, der litt, weil er schwach war. Diesen Geist werde ich nie los, egal wie sehr ich es versuche.«
    Rowena hob die Hand und berührte die Narbe an seinem Hals, wo sein Vater ihm in seinem Wahnsinn einen Hieb versetzt hatte. Sie war unter seinem langen Haar kaum zu erkennen.
    Stryder machte unwillkürlich die Augen zu und genoss den Trost ihrer zarten Berührung. Im Gegensatz zu anderen Frauen wollte sie nichts von ihm. Sie wollte nur geben, ohne jeden Hintergedanken.
    Das bedeutete ihm mehr als die schönsten Worte.
    Bevor er sich davon abhalten konnte, senkte er den Kopf und küsste sie auf die Lippen. Der Kuss war nur kurz, doch der Wunsch, es zu tun, war unwiderstehlich gewesen. Und das überraschte ihn noch mehr als die Willigkeit, mit der sie sich von ihm küssen ließ.
    Er hob den Kopf und blickte ihr tief in die Augen.
    Ihr leises Lächeln stellte die seltsamsten Dinge mit ihm an. »Vorsicht, Mylord«, warnte sie ihn leise, »oder ich könnte Euch noch für einen Freund halten.«
    Er erwiderte ihr Lächeln. »Für mich seid Ihr das bereits, Rowena.«
    Rowena verspürte bei diesen Worten ein seltsames, glückseliges Schaudern. »Auch wenn ich nicht einer Meinung mit Euch bin?«
    »Das sind die wenigsten meiner Freunde. Christian und Nassir beispielsweise haben das Widersprechen förmlich zu einer Kunstform erhoben.«
    Ihr leises Lächeln verursachte ihm köstliche Qualen. »Dann möchte ich Euch auch als meinen Freund betrachten. Selbst wenn ich Euch verrückt mache, wie Ihr sagt.«
    »Ihr macht mich nicht verrückt. Ihr seid nur verrückt.«
    Sie lachte über seinen Scherz. Er nahm ihre Hand und drückte einen sanften Kuss auf ihre Fingerknöchel.
    Ihr Blick folgte ihm, als er sich zum Gehen wandte.
    »Lord Stryder?«, rief sie ihm nach.
    Er wandte sich noch einmal zu ihr um. Sein Anblick raubte ihr buchstäblich den Atem.
    »Sollen wir heute Abend üben?«
    Er schnitt eine Grimasse. »Wenn Ihr auf dieser Folter besteht.«
    »Ja, in der Tat.«
    Er stieß einen schweren Seufzer aus. »Dann wählt Euer Folterinstrument mit Bedacht. Ich warte derweil auf der Streckbank. Ich hole Euch nach dem Abendmahl im Großen Saal ab.«
    Sie neigte zustimmend das Haupt. »Dann werde ich nur die besten Daumenschrauben heraussuchen.«
    Er wandte sich um und ging.
    Rowena stand wie festgewachsen da und starrte ihm hinterher, bis er ihren Blicken entschwunden war.
    Lord Stryder war ein Mann, der das Herz jeder Frau erobern konnte. Kein Wunder, dass sie alle hinter ihm ber waren ...
    Doch dann wurde ihr mit einem Mal etwas klar: diese Frauen, die ihn jagten, wussten nichts über ihn - genauso wenig wie jene Männer, die sie ihres Vermögens wegen hofierten.
    Lord Stryder hatte nur wenige wahre Freunde.
    Und sie konnte sich nun dazuzählen.
    Sie schüttelte den Kopf. Mit einem Ritter befreundet. Wer hätte das je gedacht? Und trotzdem: es ließ sich nicht verleugnen, was sie für ihn empfand.
    Ganz gewiss war es kein Hass, ja nicht einmal mehr Verachtung.
    Nein, sie respektierte, ja schätzte ihn.
    »Was machst du bloß, Rowena?«, fragte sie sich selbst. »Du willst doch mit Rittern nichts zu tun haben. Du willst einen Barden.«
    Aye, das stimmte. Lord Stryder war anziehend, doch war er kein Mann, der brav bei ihr zu Hause bliebe, während sie ihre Schule gründete. Er hatte eine ganz andere Berufung.
    Eine weit noblere als die ihre.
    Ihr unberechenbares Herz ganz fest an die Zügel nehmend machte sie sich auf den Weg zum Saal, wo sie hoffte, auf andere Gedanken zu kommen.
    Aber im Grunde wusste sie es besser. Einen Mann wie Stryder vergaß man nicht so schnell. Wenn sie ganz ehrlich war, dann hatte er bereits einen Weg in ihr Herz gefunden, und ihn daraus zu vertreiben, würde schwierig, wenn nicht gar unmöglich werden.

8. Kapitel
    Die Dunkelheit war längst hereingebrochen, als man sich endlich zum Abendmahl versammelte. Rowena saß neben Kit an einem der einfacheren Tische. Der König, die Königin und ihr Onkel dagegen saßen zusammen mit Lord Hexham und anderen Persönlichkeiten des Hochadels an der königlichen Tafel.
    Die eigentlichen Turnierfestlichkeiten würden morgen mit einem Kräftemessen der Knappen

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