Nacht ueber den Highlands
beginnen.
Jene, die daran teilnahmen, trugen eine scharlachrote Tunika mit dem Wappen ihres Herrn. Druce saß inmitten der Jungen, welche großtuerisch prahlten, dass ihre Herren Lord Stryder vielleicht nicht im Kampf besiegen könnten, doch sie würden es wenigstens seinem Knappen zeigen.
Rowena tat der Junge Leid und sie hoffte inständig, dass er beim morgigen Turnier gut abschneiden möge.
Obwohl sie so etwas eigentlich nicht hätte denken sollen. Dennoch tat ihr Druce Leid, der sich die Prahlereien und Beleidigungen mit einem ängstlichen, unsicheren Ausdruck gefallen ließ.
»Wo steckt eigentlich dein Bruder?«, fragte sie Kit. Weder Stryder noch seine Männer noch seine eigenartigen »Freunde« waren bisher aufgetaucht.
Kit zuckte die Achseln. »Ich habe ihn nicht mehr gesehen, seit ich euch bei der Kapelle zurückließ.«
Rowena fragte sich mit einem Stirnrunzeln, was den Mann wohl vom Essen abhielt. Ihr Blick glitt su-chend über die versammelten Adeligen. Er musste hier irgendwo sein. Doch während das Mahl seinen ausgelassenen Fortgang nahm, wurde immer deutlicher, dass er nicht die Absicht hatte, sie aufzusuchen.
Sobald man mit Essen fertig war, wurden die Tische beiseite geräumt, um Platz für den Tanz zu machen.
Elizabeth und Joanne kamen, um mit ihnen in einer Ecke zu warten, doch nicht für lange. Kaum, dass Platz geschaffen war, verschwanden sie, um sich einen Partner für den ersten Tanz zu angeln.
Und immer noch kein Anzeichen von Stryder. Rowena musste gegen ihre wachsende Enttäuschung ankämpfen. »Jetzt kommt er bestimmt nicht mehr«, meinte Kit, während er sie auf die Tanzfläche führte. »Sobald er Musik hört, nimmt er Reißaus.«
»Aber wir wollten uns zum Gesangsunterricht treffen.«
Kit runzelte die Stirn. »Ich weiß, wie sehr du dir wünschst, dir selbst einen Gatten suchen zu dürfen, Rowena, dennoch bitte ich dich inständig, ihn in dieser Angelegenheit nicht zu drängen.«
»Das tue ich nicht.«
Er nickte lobend und führte sie in die Saalmitte, wo nun ein lebhafter Tanz aufgespielt wurde.
Als ihm die laute Musik aus dem Saal entgegenschallte, knirschte Stryder unwillkürlich mit den Zähnen. Seine Besprechung mit Nassir, Christian und Zenobia hatte länger als beabsichtigt gedauert. Aber er hatte Rowena versprochen, dass sie miteinander üben würden.
Er hatte gehofft, es noch vor dem Tanz in den Saal zu schaffen. Er hasste jede Art von Musik und Tanz.
Nie würde er vergessen, wie sich seine Mutter immer in Abwesenheit seines Vaters über ihn lustig gemacht hatte. »Dieser Mensch ist klobig wie ein Ochse. Es ist mir ein Rätsel, wie ein so unfähiger Tänzer wie er, ein so links fü ßiger Kämpfer sein kann.«
Sein Vater hatte ihre wahre Meinung natürlich nie erfahren, und obwohl er das Tanzen hasste, gab er sich dennoch alle Mühe, nur um Stryders Mutter eine Freude zu machen.
Doch diese war nur dann wirklich glücklich gewesen, wenn sie bei Kits Vater war.
Die unliebsamen Erinnerungen energisch verdrängend, stapfte er entschlossen in den Saal. Er hatte sein Wort gegeben, und das würde er auf keinen Fall brechen. Die Menschen drängten sich dicht an dicht um die Tanzfläche. Stryder schob sich auf der Suche nach seiner kleinen blonden Sirene durch die adeligen Gaffer.
Als er Rowena in den Armen seines Bruders erblickte, blieb er wie angewurzelt stehen. Ein scharfer Schmerz durchzuckte ihn überraschend wie ein Blitzschlag.
Sie war so schön. Ihre Wangen waren vom Tanz gerötet.
Eine wilde, qualvolle Lust wallte in ihm auf. Der Tanz endete. Kit und Rowena blieben, wo sie waren, und warteten auf den nächsten Tanz, einen M asketeile.
Alle anwesenden Damen mussten nun Strohhalme ziehen. Wer den kürzesten erwischte, hatte die Ehre, die Maske tragen zu dürfen. Die maskierte Dame wurde anschließend von ihren Geschlechtsgenossinnen herumgedreht, um sich dann blind ihren Tanzpartner zu suchen, der dies für den Rest des Abends bleiben würde. Das Paar würde den nächsten Tanz anführen und am morgigen Knappenturnier als »König und Königin« fungieren.
Die erwählte Dame wäre Turnierkönigin, bis das eigentliche Turnier der Ritter begann. Der Sieger des ersten Turniertages - den sie krönte - würde dann eine Dame zur »Königin aller Herzen« erwählen, welche die neue Turnierkönigin wurde und den jeweiligen Tagessieger auszeichnete. Die »Königin aller Herzen« war außerdem Ehrengast auf dem Schlussbankett, das am letzten Turnierabend stattfand.
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