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Nacht über den Wassern

Titel: Nacht über den Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Schulter und sah Peter näher kommen. Nat setzte seinen Hut auf und entfernte sich. Das Ganze wirkte, als wollten sie sie in die Zange nehmen. Böse starrte sie Peter entgegen. Er hatte sie betrogen und belogen, und jedes Wort, das sie mit ihm wechseln mußte, kostete sie Überwindung. Viel lieber hätte sie über Nats überraschendes Angebot nachgedacht und darüber, ob es mit ihrer neuen Lebenseinstellung vereinbar war, aber dazu ließ ihr Peter keine Zeit. Er baute sich vor ihr auf und legte den Kopf schief – eine Geste, die sie an seine Kindheit erinnerte – und sagte: »Kann ich mal mit dir reden?«
    »Ich glaube kaum«, erwiderte sie scharf.
    »Ich möchte mich entschuldigen.«
    »Jetzt, da du verloren hast, tut dir dein Verrat leid.«
    »Ich möchte Frieden mit dir schließen.«
    Heute wollen aber auch alle mit mir verhandeln, dachte sie unwirsch. »Glaubst du, du kannst je gutmachen, was du mir angetan hast?«
    »Das kann ich nicht«, sagte er sofort. »Nie und nimmer.« Er ließ sich in dem Liegestuhl nieder, der durch Nats Abgang frei geworden war. »Weißt du – als ich deinen Bericht las, bin ich mir bodenlos dumm vorgekommen. Du sagst darin, daß ich die Firma nicht führen kann, daß ich nicht aus dem gleichen Holz wie Vater geschnitzt bin, daß du geschäftstüchtiger bist als ich. Ich hab‘ mich fürchterlich geschämt, weil ich im Grunde meines Herzens wußte, daß du recht hattest.«
    Na also, dachte sie, wir machen Fortschritte.
    »Ich war furchtbar wütend, Nan, das kannst du mir glauben.« Als Kinder hatten sie einander Nan und Petey gerufen, und bei der Erwähnung des Kosenamens mußte sie schlucken. »Ich wußte nicht, was ich tat.«
    Sie schüttelte den Kopf. Diese Ausrede war nur allzu typisch für Peter. »Du wußtest ganz genau, was du tatest«, widersprach sie. Doch sie war inzwischen eher traurig als wütend.
    Eine Gruppe von Leuten unweit des Eingangs zum Flughafengebäude führte eine lautstarke Unterhaltung, die Peter zu stören schien. »Wollen wir ein Stück am Strand entlanggehen?« schlug er vor.
    Nancy erhob sich seufzend. Schließlich war er immer noch ihr kleiner Bruder.
    Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln.
    Sie verließen den Landungssteg, überquerten die Eisenbahnschienen und gingen zum Strand hinunter. Nancy zog ihre Pumps aus und schlenderte in Strümpfen durch den Sand. Eine Brise fuhr durch Peters helles Haar, und Nancy stellte erschrocken fest, daß es sich an den Schläfen schon zu lichten begann. Warum ist mir das noch nie aufgefallen? dachte sie. Wahrscheinlich kämmt er es immer sorgfältig über die kahlen Stellen. Auf einmal kam sie sich uralt vor.
    Obwohl sie weit und breit keine Menschenseele mehr störte, sprach Peter einige Zeit lang kein Wort, so daß Nancy schließlich die Initiative ergriff. »Danny Riley hat mir etwas Merkwürdiges erzählt. Er meinte, Pa hätte es absichtlich so eingerichtet, daß es zwischen uns beiden zum Streit kommen mußte.«
    Peter runzelte die Stirn. »Und warum?«
    »Um uns abzuhärten.«
    Peter lachte rauh. »Und das glaubst du ihm?«
    »Ja.«
    »Ich wahrscheinlich auch.«
    »Ich habe beschlossen, mich ab sofort von Pa‘s Einfluß freizumachen.«
    Er nickte und fragte dann: »Und das heißt?«
    »Das weiß ich noch nicht. Vielleicht, daß ich Nats Angebot annehme und einer Fusion seiner Firma mit unserer zustimme.«
    »Es ist nicht mehr unsere Firma, Nan, es ist deine.«
    Sie musterte ihn eingehend. Meinte er es ernst? Sie kam sich wegen ihres Argwohns schon gemein vor und dachte bei sich: Ich will‘s ihm glauben. Im Zweifel für den Angeklagten…
    »Ich habe ein für allemal kapiert«, sagte er und wirkte dabei ganz aufrichtig, »daß ich mich nicht fürs Geschäft eigne. Ich werde es also jenen überlassen, die was davon verstehen – Leuten wie dir zum Beispiel.«
    »Und was hast du vor?«
    »Ich dachte, ich kaufe vielleicht das Haus dort.« Sie kamen an einem hübschen weißgestrichenen Häuschen mit grünen Fensterläden vorbei. »Ich werde jede Menge Freizeit haben.«
    Er tat ihr fast leid. »Ein hübsches Haus«, sagte sie. »Steht es denn zum Verkauf?.«
    »Auf der anderen Seite ist ein Schild. Ich habe mich hier schon ein bißchen umgesehen. Komm, schau‘s dir selbst an.«
    Sie umrundeten das Haus. Tür und Fensterläden waren geschlossen, so daß man nicht hineinschauen konnte, aber von außen wirkte es durchaus reizvoll. Auf der breiten Veranda hing eine Hängematte, im Garten gab es einen Tennisplatz,

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