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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Die große Sorge waren die Pferde. Stonehorn spähte und spähte. Die Großmutter hatte eine Hacke geholt und schlug das Gras in einem weiten Ring um Haus und Koppel mit den Wurzeln aus dem Boden. Queenie holte die Schaufel und machte den Streifen rein von allem Brennbaren. So hatte man Deckung, um vielleicht ein Gegenfeuer anzuzünden. Als die Arbeit fertig war, schaute Queenie einmal hinüber zu der Ranch von Booth. Dort schien man noch ganz sorglos zu sein.
    Endlich, gegen Abend, kam Stonehorn zu einer Gewißheit und einem entsprechenden Entschluß. Er trat an den Hang vor das Haus, so daß er von der anderen Talseite her deutlich gesehen werden konnte, zog die Pistole und gab in gleichmäßigem Abstand drei Warnschüsse in die Luft ab. Drüben bei Booth war nur der Junge zu sehen. Er blickte herauf, und Stonehorn machte Zeichen mit Armen und Händen. Der Junge verschwand. Nach einiger Zeit kam Mary heraus. Stonehorn signalisierte: Präriebrand.
    Die Ranch von Booth war zuerst gefährdet. Man wurde dort geschäftig. Isaac Booth und Mary sattelten und jagten zum Vieh und zu den weidenden Pferden. Die Schweine wurden herausgelassen. Vielleicht konnten sie sich selbst retten. Mutter Booth stopfte in die beiden Wagen, was irgend hineingehen mochte. Harold setzte sich an das Steuer des Familienwagens, Mutter Booth schlüpfte in den Volkswagen und nahm den Jungen zu sich. Die beiden Wagen fuhren in Richtung der Agentur. Harold voran.
    Fern am Horizont hinter den weißen Felsen nahm Queenie die ersten Rauchschwaden wahr. Es ging nur ein leichter Wind, das war noch günstig. Wenn das Feuer stark wurde, konnte der Feuersturm einsetzen, der dann jedoch in Gegenrichtung wehen würde.
    Schwärme von Vögeln flogen schon. Der Flügelschlag rauschte in der Luft.
    Stonehorn gab seine Anweisungen. »Wenn das Feuer auf die weißen Berge kommt, fährst du mit Untschida los, Tashina. Bis auf hundert Meilen kannst du gehen. Du fährst bis zur Agentur. Auf der Agentur haben sie Löschgeräte. Wenn es dir dort trotzdem nicht sicher erscheint, nimm die Straße nach New City. Vergiß nicht, vorher in der Siedlung zu tanken. – Ich selbst bleibe bei den Pferden.«
    Das Meer des Großfeuers mit seiner Rauchkrone flutete rasch und rascher. Jenseits der Berge leuchtete der Horizont rot. Queenie stand einen Schritt hinter ihrem Mann; sie wollte ihn noch einmal lange ansehen können, ohne daß es ihn störte.
    Die Luft, die in die Richtung des Feuers strömte, wurde zum Sturm. In den Kiefern auf der Höhe brauste, raschelte und knackte es; Äste brachen.
    »Fahr los, Tashina.«
    Sie ging ans Steuer, äußerlich ruhig, als ob es eine alltägliche Fahrt sei. Die Großmutter setzte sich, neben sie. Queenie ließ an und fuhr den durchfurchten Weg vorsichtig hinunter. Sobald sie die Straße erreicht hatte, gab sie Gas und ging auf hohe Geschwindigkeit. Einmal hatte sie noch zurückgeblickt, aber sie hatte Stonehorn nicht mehr sehen können. Er mußte schon zu den Pferden gegangen sein, die das Feuer witterten. Mit den aufgeregten Tieren fertig zu werden war die Kunst des Cowboys und des Reiters.
    Queenie fuhr ruhig und gleichmäßig. Die Straße war völlig leer und der Wagen ohne allen Zweifel viel schneller als das Feuer, das den Kamm der Berge noch nicht übersprungen hatte. Queenie hatte die Scheinwerfer angestellt und tastete damit durch das Dämmer.
    Als sie genügend Abstand gewonnen zu haben glaubte, verminderte sie die Geschwindigkeit. Die Straße wurde jetzt auch belebter. In der Gegenrichtung tauchten ein Feuerwehrzug, dahinter zwei Dienstwagen auf; wahrscheinlich hatte Familie Booth gemeldet und gedrängt.
    Es war schon dunkel, als Queenie zur Agenturstraße einbog. Alle Fenster waren hell erleuchtet, auch die des Hospitals und die der Büros. Die Motoren der meisten noch parkenden Wagen waren schon angestellt. Zwei Löschzüge standen bereit. Queenie tankte und fuhr durch die Siedlung hindurch auf die Straße nach New City. Mehrere Personenwagen rauschten an ihr vorbei. Als sie etwa dreißig Meilen zurückgelegt hatte, lenkte sie zur Seite, stellte den Motor ab und überzeugte sich noch einmal, daß die Rücklichter brannten. Sie lehnte sich zurück und schien sich ausruhen zu wollen. Die Großmutter wartete wortlos, scheinbar teilnahmslos, vielleicht schlafend. Sie fuhr erst wieder an, als wildes Sirenengeheul die nächtliche Prärie erfüllte und Löschzüge aus Richtung New City an dem Sportcabriolet vorbei der Agentursiedlung

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