Nacht über der Prärie
ausgelaugten Nerven lagen sie nebeneinander.
Jeder trachtete dem anderen vorzuspielen, daß er schlafe, und jeder tat so, als ob er dem anderen das Spiel glaube. Stonehorn schien dauernd auf irgend etwas zu horchen, was nicht zu hören war.
In den folgenden Tagen ritt Stonehorn die Pferde zur fernen Tränke, sooft es unumgänglich war. Er koppelte die vier zusammen und ritt allein, Queenie blieb zurück. Sie versuchte, die Zeit zu nutzen und zu malen, aber Schau und Gedanken verwirrten sich ihr. Sie hatte das Gefühl, daß ihre Finger am Pinsel zu Holz wurden. Die Großmutter ging nicht mehr zu Booth hinüber, um Wasser zu holen. Stonehorn hatte nichts gesagt, aber sie kam selbst davon ab. Der andere Brunnen erschöpfte sich schon. Man sparte. Es gab nur noch Wasser zum Trinken und das so wenig wie möglich. Stonehorn rauchte den Rest seiner sonderbaren Zigaretten. Eine zweite Schachtel schien er nicht zu besitzen. Er fiel sichtlich zusammen. Seine aufgeschwemmten Wangen wurden hohl, die Augen fielen tief ein, der verschwommene Blick wurde glühend. Als er wieder einmal mit den Pferden von der Tränke kam, berichtete er beim kärglichen Mittagsbrot: »Das Wasser dort ist zu Ende. Wir müssen verkaufen oder schlachten.«
Queenie fuhr noch einmal mit dem Wagen zur Agentur, um dort Wasser zu holen. Es war ein Notbehelf für kurze Zeit. Vielleicht kam doch noch Regen, und man konnte die Pferde retten. Queenie war sehr früh gefahren, lange ehe die Büros öffneten, um niemandem zu begegnen. Aber Eivie hatte sie von seinem Haus aus entdeckt und fuhr rasch zu ihr hinunter.
»Wie geht’s daheim?« fragte er, wieder von Wagen zu Wagen.
Queenie beschrieb die Veränderung an ihrem Mann.
»Meiner Ansicht nach wird es ein Vierteljahr dauern, bis er über das Gröbste hinweg ist – wenn er es schafft. Verlassen Sie ihn nicht!«
»Doc Eivie – was ist es?«
»Sie können es sich ja denken. Aber halten Sie den Mund. Modern, wissenschaftlich, unblutig. Kaum Schlaf, sehr schmerzhafte zahnärztliche und sonstige ärztliche Behandlung ohne Betäubung, Schocks, Spritzen und moralische Mißhandlung.« Er zog den Kopf zurück und fuhr wieder zu seinem Haus.
In den Kirchen wurde um Regen gebetet, und daheim betete die Großmutter auf ihre Weise. Die Fleischpreise fielen, da allenthalben geschlachtet werden mußte. Wenn der Wind kam, brachte er Staub mit, der sich in Ritzen und Poren setzte und mit dem Schweiß verband. Stonehorn hatte blaue Lippen, und wenn er etwas arbeitete, atmete er schwer. Doch brachte er das Schutzdach im Kiefernhain zustande.
»Entweder du reist zu deiner Schule, oder ich gehe von hier weg«, sagte er eines Nachts in der Hütte zu seiner Frau. »Zwei Tage hast du zum Überlegen.«
Feuer
Am folgenden Morgen herrschte in den Agenturbüros Unruhe. Mehrere indianische Rancher, auch Vater Halkett, waren zu Mr. Brown gekommen, der den auf Herzkur befindlichen Wirtschaftsdezernenten Haverman noch immer vertreten mußte.
Das Vieh war am Verdursten; auf dem Markt erhielten die indianischen Rancher bei weitem nicht den Anschaffungspreis. Die Brunnen und die regulierten Wasser, die Weiden auf besseren Böden der weißen Nachbarrancher standen ihnen nicht zur Verfügung. Was Mr. Brown sagen konnte, waren Worte, die nicht halfen. Die Brunnenplanung auf der Reservation war Sache des Gesundheitsdienstes für Menschen, nicht der Ökonomie der Viehzucht. Es lohnte sich nicht, hieß es, in dem hügeligen Präriegelände an Bewässerungsanlagen zu denken. Die Kosten würden den Nutzen übersteigen, sagte Mr. Brown.
Aber die verzweifelten Rancher ließen sich nur schwer abspeisen.
In dem Dienstzimmer von Eve Bilkins flatterten ebenfalls Rede und Gegenrede wie streitsüchtige Krähen widereinander.
»Es gibt nur noch eines: Ich lasse sie mit der Polizei holen!«
»Vergessen Sie nicht, Eve, was die junge Frau durchgemacht hat.«
»Mit diesem Mann, ja! Eben darum. Sie muß weg von ihm. Er hat einen unheilvollen Einfluß auf sie. Wann hat es je Schwierigkeiten mit Queenie selbst gegeben? Nie. Zu Hause ordentlich, wenn auch altväterisch erzogen, eine ausgezeichnete Schülerin, als einzige von unserer Reservation in die Kunstschule aufgenommen – auf Grund meiner intensiven Bemühungen! –, mit achtzehn Jahren schon eine vielversprechende Künstlerin, kurz vor dem Baccalaureat – und dann plötzlich die Katastrophe! Einen Gangster zum Mann, auch noch ein Kind zu erwarten von diesem Burschen – jetzt von der
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