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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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holen die mich nicht mehr.«
    Queenie schaute zu Boden. Sie wollte ihre Angst nicht zeigen.
    Stonehorn ging mit seiner Frau vor das Haus. Der Wagen kreuzte die leere Straße und bog in den Seitenweg ein, der heraufführte. Es war jetzt leicht zu erkennen, daß nur der Mann am Steuer in dem Wagen saß.
    Der Ford hielt, und Eivie kam heraus.
    »Hallo!«
    »Hallo«, antwortete Queenie.
    »Es gibt allerhand zu besprechen.« Der Arzt trat näher. »Hat Familie King ein paar Minuten Zeit für mich?«
    Stonehorn machte mit der Hand eine Andeutung, daß Eivie sich in das Haus begeben könne. Der Arzt folgte dem Wink, ging in die Stube und setzte sich auf die Bettkante. Nach ihm trat Queenie ein. Stonehorn blieb auf der Schwelle stehen.
    »Queenie«, begann der Arzt, »wie ist das mit Ihnen? In einigen Tagen fängt Ihr letztes Schuljahr an. Haben Sie die Reise zu Ihrer Kunstschule im Süden schon vorbereitet?«
    »Ich bleibe hier.«
    »Genau mit dieser Antwort habe ich gerechnet. Wann erwarten Sie Ihr Kind?«
    »Anfang April.«
    »Das ist lange hin. Vielleicht könnten Sie das Baccalaureat drei Monate früher als die anderen ablegen. Sie sind eine der besten Schülerinnen.«
    »Ich kann es auch ein Jahr später ablegen, wie so viele. Diesen Winter bleibe ich hier.«
    »Haben Sie sich das überlegt?«
    »Ich habe gesprochen.«
    »O. k. – Wissen Sie, daß Ihr Entschluß viel Ärger machen wird?«
    »Nicht für mich.«
    »Sie müssen mindestens einen Antrag stellen!«
    »Dazu habe ich Zeit, Papier und einen Kugelschreiber.«
    »Sie kennen die Bestimmungen der Schulpflicht?«
    »Ich denke, Sie werden mir ein Attest schreiben, Doc. So habe ich mir das überlegt.«
    »Mein Kind, Eivie ist nicht allmächtig. Das hat sich schon des öfteren gezeigt. – Joe, was sagen Sie dazu?«
    »Nichts.«
    »Das ist nicht viel. Kommen Sie einmal bei mir vorbei?«
    »Nein.«
    »Seien Sie vernünftig, Joe.« Eivies Stimme warb um Vertrauen. »Sie wissen so gut wie ich, daß Sie in keinem gesunden Zustand sind. Die Stimulantia, die man Ihnen wohlmeinenderweise noch eingespritzt hat, werden ihre Wirkung bald ganz verlieren. Wir müssen uns um Sie kümmern.«
    Über die Züge des Indianers blitzte ein solcher Haß, daß der Arzt erschrak.
    »Eivie, schweigen Sie. Solche Worte, wie Sie sie sagen, habe ich schon dreimal gehört. Ehe ich sie noch einmal zu hören bekomme, schieße ich. Ich brauche keinen Arzt mehr.«
    Eivie saß auf der Bettkante und machte die Faust auf und zu, als ob er etwas abwürgen müsse.
    Schließlich stand er auf.
    »Sie werden Ihr Attest haben, Queenie. Ich gebe es gleich unserer Dezernentin für das Schulwesen, Eve Bilkins, und Ihnen eine Kopie. Mit Miss Bilkins hoffe ich fertig zu werden. Sie ist eine Schulmeisterin und wird Pflicht und Plan spucken, aber da hilft mir Kate Carson; sie hat Mundwerk genug. Abgemacht… bye!«
    Er sah auf die Uhr und verabschiedete sich schnell. Queenie begleitete ihn noch zum Wagen.
    Als Eivie die Straße unten erreicht hatte und der Wagen auf der Fahrbahn im Tal für die Augen rasch kleiner wurde und endlich verschwunden war, wandte sich Stonehorn an seine Frau. »Willst du meinetwegen hierbleiben? Ich brauche dich durchaus nicht.«
    »Jagst du mich fort?«
    »In die Schule sollte man dich jagen! Schämst du dich nicht, jetzt aufzugeben?«
    »Ich gebe nicht auf.«
    »Das ist Geschwätz.«
    »Es ist kein Geschwätz, und ich wünsche von dir nicht solche Worte zu hören, Stonehorn. Ich weiß, was ich tue.«
    »Du weißt, was eine verliebte Frau tut, aber davon will ich nichts wissen. Mache dein Baccalaureat, ich verlange es von dir.«
    »Geht es dir wirklich um mein Baccalaureat oder nur darum, daß du mich los sein willst? Dann sage es.«
    »Dein Ton gefällt mir nicht. Das bist nicht du!«
    Stonehorn ging zu den Pferden.
    Queenie lief den Hang hinauf, um Holz zu sammeln. Als sie schon damit beschäftigt war, kam die Großmutter nach und half ihr. Queenie arbeitete mit gesenktem Kopf und verbarg die Tränen, die ihr in den Augen standen.
    Als das Feuer im kleinen Ofen prasselte und das in Fett gebackene Mehl, eine geschmacklose Mahlzeit, fertig war, aßen die drei schweigend miteinander. Nach dem Essen rauchte Stonehorn eine Zigarette, die anders duftete als andere scharfe Zigaretten, und am Abend des Tages merkte Queenie, daß die Schachtel, die er mitgebracht haben mußte, bereits halb leer geworden war.
    Er legte sich in dieser Nacht in der Hütte mit Queenie zu Bett. Ermattet, mit

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