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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Gott, oder wie immer du heißen magst… oder wer immer du sein magst… laß ihn vorbeifahren da drunten… ich will dir danken, wie immer du es verlangst.
    Doch bog der Wagen in den Seitenweg ein und schaukelte auf den glitschig gewordenen Furchen herauf. Es sprühte und nieselte unentwegt aus den Wolken, die die Sterne verdeckten. Die Scheinwerfer schimmerten durch den Regenschleier über die Wiesen bis zum Haus.
    Stonehorn ließ die Tür angelehnt und blieb seitlich davon stehen.
    Draußen hantierte jemand an dem Wagen, der gestoppt hatte, und eine Stimme rief: »Hallo!«
    »Das ist doch Eivie – schon wieder – «, sagte Stonehorn zu seiner Frau, »aber mit einem anderen Wagen.«
    Queenie machte eine Bewegung, als ob sie hinauslaufen wolle, aber Joe wies sie mit einem Blick zurück und ging selbst.
    Er traf den Arzt, der im Regenmantel neben dem Wagen stand, dessen Motor er nicht abgestellt hatte. Die Pferde stampften in der Koppel.
    »Joe, einer von euch muß mir helfen, Harold oder Sie. Wir wissen nicht, was bei dem Feuer aus Eliza Bighorn und ihren drei Kindern geworden ist. Der Hubschrauber hat vergeblich gesucht.«
    »Dann können Sie die Polizei zwingen zu suchen. Damit sie einmal etwas Nützliches zu tun hat.«
    »Joe! – Ich habe heute morgen die Schwester-Fürsorgerin gebeten, sich darum zu kümmern. Aber sie fährt Auto, und wo das Auto nicht hingelangt, da gibt es eben keinen Gesundheitsdienst. Nicht einmal bei Margot. Morgen vormittag habe ich drei Operationen. Verdammt, ich habe mich selbst noch in der Nacht jetzt aufgemacht; es läßt mir keine Ruhe. Der älteste Junge ist epileptisch, Sie wissen es.«
    »Wollen Sie ein Pferd haben? Eine Stute kann ich Ihnen geben.«
    »Zu zweit wäre es besser. Ich bezweifle, ob ich in der Nacht das Haus überhaupt finde.«
    »Ich komme mit. Muß eine Apotheke oder dergleichen in die Satteltaschen?«
    Eivie holte eine Tasche und einen Kasten aus dem Wagen und gab sie Stonehorn, der satteln wollte, Eivie stellte den Motor ab.
    Natürlich nahm er wahr, daß im Haus jetzt Kerzenschein aufflackerte, aber da Joe King ihn nicht eingeladen hatte, ging er nicht hinein.
    King hatte rasch die Sättel aufgelegt und brachte zwei Pferde aus der Koppel, den Schecken und eine Stute. Sie rochen nach feuchtem Fell. Er schwang sich auf, mit seinem steifen Kreuz nicht so leicht wie sonst, aber immer noch leichter als Eivie. Er rief Queenie zu, daß er kaum vor dem nächsten Tag zurück sein werde, und setzte den Schecken in Bewegung. Die Stute lief hinterher. Es ging den Weg hinunter, die Straße ein Stück weiter in das Tal hinein und dann rechter Hand weglos querfeldein. Eivie schwitzte, und die Regennässe drang ihm durch die Kleider. Stonehorn schlug als Führer ein mörderisches Tempo an. Wo das Gelände es zuließ, galoppierte er im nächtlichen Dunkel. Den Hang aufwärts ließ er steile Partien klettern; beim Übergang über den Bergsattel, als Auf und Ab rasch wechselten und die Pferde über einen gestürzten Baum sprangen, fiel Eivie aus dem Sattel. Stonehorn wartete auf seinem Schecken, bis der Arzt wieder auf die Stute geklettert war. Der Weg abwärts führte zwischen Kiefern, unter ihren Zweigen hindurch, über ihre Wurzeln hinweg. Eivie hielt sich am Sattelknopf fest. Um die Zügel brauchte er sich nicht zu kümmern; die Stute fand von selbst den besten Weg, um dem Hengst zu folgen. Die nassen Kiefernzweige strichen dem Reiter stachlig über das Gesicht.
    Jenseits der Höhen war man im verbrannten Gelände. Der aschebedeckte Boden war naß und stäubte nicht. Die Landschaft wirkte überhaupt kaum verändert, da die Nacht und die Wolken alle Farben ohnehin schwinden ließen und es nur wenige Baumgruppen gegeben hatte, die vom Feuer verzehrt waren. Stonehorn schien über die Richtung keinen Augenblick im Zweifel zu sein.
    Nach einem dreistündigen Ritt rief Eivie seinem Vorreiter ein schwaches »Hallo!« zu. Stonehorn ließ den Schecken aus einem scharfen Trab in Schritt fallen und wandte den Kopf.
    »Was gibt’s?«
    »Noch weit?«
    »Gleich da.«
    Stonehorn gab dem Schecken den Kopf frei, so daß er laufen konnte, wie er wollte, und das war schnell. Der Hengst schnaubte.
    Joe hatte Eivie aber nicht getäuscht. Nach zehn weiteren Minuten hielt er an.
    »Hier… ist es gewesen.«
    Eivie konnte nicht viel sehen. Er holte eine starke Taschenlampe hervor und leuchtete ab. Auf dem Prärieboden lagen die verkohlten Reste einer Hütte und zwei verkohlte Stämme, von denen

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