Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
zurückgeben, aber dieser winkte ab und ließ sie dem noch immer bewußtlosen kleinen Buben.
    »Den Startschlüssel, Doc!«
    »Ah ja.«
    Joe King nahm die Stute am Zügel, trieb seinen Schecken an und gelangte in einem rücksichtslosen Ritt zu seinem kleinen Haus am Hang, bei dem Eivie den Wagen stehen hatte. Nicht lange danach näherte sich dieser Wagen mit seinem sanft singenden Motor der Straße und dem Arzt. Joe wendete und stellte Eivie den Wagen bereit.
    Der Arzt trug den Jungen herbei und bettete ihn auf die Rücksitze; im Wagen waren Decken genug.
    »Steigen Sie ein, Joe, ich bringe Sie wieder bis zur Abzweigung.«
    Der Arzt am Steuer nahm eine Zigarette in den Mund.
    Stonehorn schob die Unterlippe ein wenig vor und setzte sich neben ihn.
    Als Eivie ihm zu rauchen anbot, dankte er.
    »Ihre Bärennatur möchte ich auch haben«, sagte der Arzt. »Sie brauchen tatsächlich kein Hospital.«
    »Immer noch zuwenig Abwehrstoffe, Doc. Aber ich bilde sie jetzt.«
    »Wovon reden Sie denn eigentlich?«
    »Die Methode war modern, aber verfehlt. Sehen Sie, über Scheinwerfer, Mangel an Schlaf, ein paar Nervenschmerzen und Gemeinheiten kommt ein Mann wie ich schließlich hinweg. Das ist keine Sache. Aber mit ihrem Gift hatten sie mich beinahe in der Falle…«
    »Was für Gift?«
    »Nur zum Wohl eines Patienten. Ich war dreimal erkrankt, ja? Sie sollten das kennen. Ich wollte schon aufgeben, aber ich habe es mir anders überlegt. Auch der Fuchs beißt sich noch das Bein ab, wenn er frei sein will. Ich verzichte auf alle Ihre Spritzen und alle Übergänge. Ich habe jetzt ausprobiert, wie sich das abspielt; es hat Queenie beinahe das Leben gekostet, aber nun kenne ich den Ablauf. Ich habe die Fähigkeit, mein vegetatives Nervensystem bewußt zu regulieren. Weil ich ein Wilder bin. Die Gangsterfeme hätte einfach Hackfleisch aus mir gemacht, wenn sie mich nur hätte greifen können. Die Polizei und die Beamten arbeiten zivilisierter. Ich muß auf dieser Ebene noch besser fechten lernen.«
    »Was für Beamte meinen Sie denn zum Beispiel?«
    »Hawley hat mich überlistet, als er mich nach Carneyville entführte… ich fahre den Burschen auch noch durch den Staubsturm. Vielleicht ist er selbst überlistet worden, wahrscheinlich sogar. Leslie Johnson ist nun einmal verpflichtet, Ganggeheimnisse aufzudecken, Überläufer auszuhorchen und Spitzel aus ihnen zu machen; schließlich ist er noch auf Harold Booth hereingefallen. Ich nehme das Leslie nicht übel; Harold hat auch mich zuweilen überrumpelt.«
    »Was hat denn Booth eigentlich ausgesagt?«
    »Er hatte zufällig etwas aufgefangen an dem Gangstertisch beim Beatfest nach dem Rodeo, ein paar Fachausdrücke, ein paar Bemerkungen, die sich in Wahrheit nicht auf mich bezogen hatten, sondern auf einen höher Eingeweihten; dann hat er frech kombiniert und gelogen. Fehlte nicht viel, daß er mich um die Fassung und mir einen neuen Prozeß an den Hals brachte. Ich kann Johnson in der Hinsicht nichts übelnehmen. Johnson tut für seinen Job, was er kann, brutal, wie ein Boss nun einmal ist, auch nicht ganz dumm. Zwei Schläge gegen die Gangs sind ihm in letzter Zeit geglückt, aber er wird schon zu alt und zu nervös.«
    »Sie wurden studiert, Joe, und haben die Gelegenheit benutzt, um die anderen zu analysieren?«
    »Einziges Hobby, das mir in meiner Lage blieb, und das Nützlichste, was ich tun konnte, um bei Verstand zu bleiben. Noch berechnender als Leslie Johnson arbeitet übrigens der junge Kerl, der dann den Fahrer gespielt hat, als sie mich hierher zurückbrachten. Geoffrey Nicholson nannte er sich. Er ist ein ziemlich kalter Kunde.«
    »Kunde ist gut. – Ich freue mich an Ihrem sachlichen Humor, Joe.«
    »Täuschen Sie sich nicht, Doc, das ist Kruste. Ich bin ein Wilder. Ich hasse die Lügner. Ich mag es auch nicht, wenn einer mit seinen modernen Methoden an mir herumspielt, ohne daß ich es ihm erlaubt habe. Ich mag es nicht, wenn einer die Indianer schmutzig nennt. Lebendig holen sie mich nicht mehr – diese – sagen wir Herren. – Und werden Sie selbst auch härter, Eivie. Schreiben Sie nicht mehr so leichtsinnig Atteste, sonst werden Sie noch versetzt.«
    Der Arzt hatte Stonehorn während des langen Gespräches nicht nur bis zu der Abzweigung, sondern zum Hause der Kings hinaufgefahren.
    »Acht Stunden, King, die Pferde und eine Kalbskeule… Zwanzig Dollar? Ich lege es einstweilen aus…«
    »O. k. Das nächstemal überlassen Sie die Sache mir allein, dann wird es

Weitere Kostenlose Bücher