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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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sich nun versteckten oder wohin sie mit ihrer Beute flohen. Wahrscheinlich wollten sie nach New City, aber ebenso wahrscheinlich wählten sie nicht die bekannte direkte Straße dorthin. Die Fährten konnte Stonehorn eine erhebliche Strecke weit verfolgen, da der Schecke immer wieder Widerstand geleistet hatte. Die Richtung der Fährten ließ ihn vermuten, daß die Diebe den Bad Lands zustrebten. Das war eine weite, völlig menschenleere Wüstenei mit zerrissenen Bergen und einem einzigen für den Verkehr erschlossenen Weg, der als Fahrstraße für Touristen hindurchführte. Stonehorn kannte in dieser Landschaft brüchiger Erdfelsen Zugänge, die anderen unbekannt waren.
    Die Entfernungen waren ohne Auto zeitraubend. Aber einen Wagen hatten auch die Diebe wohl kaum zur Verfügung, jedenfalls keinen Lastwagen, mit dem man ein Pferd transportieren konnte. Stonehorn verfolgte die Fährten, bis sie auf eine Straße einbogen und auf dem betonierten Damm unsichtbar oder so schwer sichtbar wurden, daß ihre Verfolgung nur aufhielt.
    Er ritt in das Gelände hinaus und wollte seiner Vermutung nachgehen, daß die Diebe sich zunächst den Bad Lands zugewandt hatten; die Stute, die er unter sich hatte, lief treu und wahrscheinlich ebenso schnell wie der Schecke in der Hand Fremder.
    Er hoffte, mit seiner Ortskenntnis die anderen noch überholen zu können. Booth wußte zwar im Lande Bescheid, aber in den Bad Lands sicher nicht in dem Maße wie Stonehorn.
    Die Nacht verging. Joe ließ das Pferd ausruhen und weiden und aß selbst eine Handvoll Proviant. Dann machte er sich wieder auf. Er wollte nicht durch die Felswüste der Bad Lands hindurchreiten, sondern sie umreiten und dann auf einem ihm bekannten Pfad in diese eigenartige Landschaft eindringen.
    Er braucht einen Tag und noch eine halbe Nacht, bis er sein Ziel erreichte, den Anfang eines brüchigen Pfades in den einsamen schroffen Erdfelsen, die nur hin und wieder das Revier von Geologen und Archäologen waren. Kein Grashalm wuchs hier, kein Strauch, kein Baum; kein Tier hielt sich in der unfruchtbaren Öde auf. Das Erhabene und Geheimnisvolle der Landschaft lag darin, daß sie nichts Lebendiges in sich duldete. Im Sonnenuntergang mischten sich noch das Rot und das Braungrau der verschiedenen Schichten zu einer unvergleichlichen Symphonie der Unfruchtbarkeit und der lockenden Farben. Stonehorn hatte nicht Zeit, sich solchen Eindrücken hinzugeben. Sobald er in den Naturpfad einbog, der auf halber Höhe der Felsen schmal, abschüssig und kaum je begangen entlangführte, mußte er auf jeden Schritt des Pferdes achten, um nicht mit diesem zusammen abzustürzen. Es war schon vollständig dunkel. Er erreichte endlich die Stelle, von der aus er auf seinem Pfad Ausblick auf die Straße gewann. Stonehorn selbst konnte Leuten, die diese Straße passierten, in der Nacht kaum auffallen, wenn er keine Geräusche verursachte. Er brauchte nicht lange zu warten, ob sich seine Vermutungen erfüllten oder nicht.
    Auf der Straße klapperten Pferdehufe. Für Joe gab es keinen Zweifel, daß die Gesuchten kamen. Wer sollte sonst des Nachts durch die Bad Lands reiten? Stonehorn entschloß sich, zu bleiben, wo er war, um jeden Laut zu vermeiden, der die anderen vorzeitig aufmerksam machen konnte. Er lud sein Jagdgewehr durch und nahm die Füße aus den Steigbügeln, um in keiner Bewegung behindert zu sein.
    Die Geräusche kamen näher.
    Da waren die Herankommenden auch schon für das Auge faßbar, Schatten in der Nacht, die in dem tiefen Tal noch dunkler war als draußen auf der Prärie. Der Mond, eine scharfe Sichel, beleuchtete die Straße nicht. Drei Reiter kamen; sie führten den ledigen Schecken und eine Stute mit. Joe nahm das Jagdgewehr an die Wange.
    »Hallo! Hands up!«
    Keiner der drei gehorchte. Sie griffen zu den Waffen, um sofort auf den zu schießen, der sie angerufen hatte. Joe schoß zuerst, zweimal sehr schnell hintereinander, und zwei der Reiter stürzten. Bevor Stonehorn das drittemal abdrücken konnte, überschlug sich sein eigenes Pferd, in den Kopf getroffen, und Joe und das Tier stürzten in die wüste Tiefe. Er verlor das Bewußtsein.
    Als er wieder zu sich kam, war es Tag. Er lag in der Felsspalte, über der am Steilhang der Pfad entlangführte. Er war den Umständen nach noch unerwartet glücklich gefallen. Sein Kopf und sein Rücken lagen auf dem toten Pferdekörper. Er versuchte, ob er noch alle Glieder bewegen konnte. Es ging. So schüttelte er die Erde ab, die mit

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