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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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heruntergekommen war, auch einen großen Brocken, der nachgerollt und herabgefallen war, Joes Kopf angeschlagen hatte und die Ursache seiner Bewußtlosigkeit geworden war. Stonehorn sah sich nach einem Ausweg aus der Spalte um, in die es ihn hinuntergerissen hatte.
    Er wußte nicht genau, wie lange er bewußtlos gelegen hatte, aber da es schon Tag war, natürlich lange genug, daß ihn sein Feind hätte töten können, wenn er überhaupt hätte nach ihm suchen wollen oder ihn hätte finden können. Wahrscheinlich hielt es Stonehorn nach diesem Sturz sowieso für erledigt.
    Es war sehr mühsam, aus der Klemme, in der Stonehorn sich befand, wieder herauszugelangen. Die Bad Lands bestanden nicht aus festem Fels, sondern aus verwitterten, dabei äußerst brüchigen Schichten. Es dauerte zwei Stunden, bis Stonehorn die Straße gewonnen hatte.
    Dort stand zu seiner freudigen Überraschung ein Pferd, ein harmloser Gaul, dessen er sich sofort bemächtigen konnte. Aber der Schecke und die dunkelbraune Stute waren fort. Stonehorn suchte nach Toten oder Spuren von Verletzten, denn er war überzeugt, zweimal getroffen zu haben. Vielleicht hatte der dritte aber seine beiden Kumpane auf den Pferden mitnehmen können.
    Stonehorn sog die Luft ein. Es roch nach verbranntem Fleisch. Er ging dem Geruch nach und fand zwei Leichen zwischen den Felsen, mit total verbrannten Kleidern, unkenntlich gemacht. Das konnte nur der dritte getan haben. Man sollte wohl nicht durch ein Wiedererkennen seiner Komplicen auf seine Spur kommen. Er hatte sich das Zeit und Mühe kosten lassen.
    Was geschah, wenn Stonehorn jetzt den Vorgang der Polizei meldete?
    Man würde eine Untersuchung anstellen, wie und warum Joe Menschen erschossen und dann angekohlte Leichen gefunden hatte. Er hatte die Pferdediebe angerufen; sie hatten ihm sofort mit der Kugel geantwortet. Das Recht der Notwehr war unbedingt auf seiner Seite. Aber würde man ihm glauben oder den Eid vielleicht jenem dritten zuschieben, der entkommen war und der Joe dann nach Belieben belasten konnte?
    Stonehorn ging langsam zu dem fremden Pferd zurück, das er festgemacht hatte. Wenn er jetzt dieses Tier ritt, war er vielleicht selbst ein Pferdedieb? Er hatte keinen guten Zeugen.
    Es wurde ihm übel zumute, in welcher Richtung er auch denken mochte. Was ihm fehlte, das war noch ein Mensch an seiner Seite, ein Mann, Freund oder Vater. Eine Frau konnte viel, aber sie konnte nicht alles leisten.
    Er ließ das fremde Pferd wieder frei und machte sich zu Fuß auf den Weg. Er konnte laufen, hatte auch noch Geld in der Tasche, und vielleicht gelang es ihm herauszufinden, wo der dritte mit dem Schecken und der dunkelbraunen Stute wieder gesehen worden war. Es gab zunächst nur eine Richtung, eben die der einzigen Straße, auf der er sich entfernt haben konnte.
    Nach zwei Stunden erreichte Stonehorn eine Kreuzung und wandte sich im Bogen in Richtung New City. Das war die erste größere Siedlung in der Nähe, in der ein Dieb hoffen konnte, ein wertvolles Pferd unter der Hand an den Mann zu bringen. Im Laufe des Tages fand Stonehorn dann einen schnellen Lastwagen, der ihn mitfahren ließ, obgleich er ein Indianer war und Waffen bei sich hatte. Der Fahrer brauchte seinen Entschluß nicht zu bereuen. Abends langte Joe in New City an und fand bei Elk gastliche Aufnahme. Er unterrichtete den jungen indianischen Priester über den Pferdediebstahl, aber nicht darüber, was sich in der Einsamkeit der Bad Lands abgespielt hatte. Da es noch früh genug war, ging Joe auch bei Russell, seinem Teamkollegen beim Kälberfangen, vorbei, um ihn zu informieren, und begrüßte schließlich mit der gleichen Absicht seine Schwester in der von Kindern wimmelnden Hütte. Die Mädchen und Buben hingen gleich an dem jungen Onkel und Rodeo-Sieger, und Joe kehrte in seinen Gedanken zu jenem Tag seines Triumphes zurück, den er unter dem Druck der weiteren Ereignisse fast schon vergessen hatte. Aber jetzt stachelte ihn die Erinnerung, denn das Bild des Scheckhengstes stand um so deutlicher vor ihm. Er gab sein Jagdgewehr der Schwester in Verwahrung, behielt seine Pistole jedoch bei sich. Bei Margret wollte er sich jetzt nicht lange aufhalten. Er bat nur, die Tür nicht zu verschließen, da er hier nächtigen wolle, es aber spät werden könne, bis er zurückkomme. Er hatte vor, in eine große Gastwirtschaft zu gehen, in der Arbeiter, Viehhändler und Cowboys vorsprachen, aber auch dieser und jener verkehrte, der dunkle Geschäfte

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