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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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auch den gelegentlichen Fußweg zum Bus sparen können, wenn sie in das Internat zog. Aber ihre Geldsorgen waren zur Zeit behoben, da sie einen beträchtlichen Vorschuß für den Fries in der Schulhalle erhielt. So lebte sie äußerlich ruhig dahin und wartete täglich auf die Rückkehr ihres Mannes. In dem Lokalblatt von New City hatte sie eine Anzeige betreffend Scheckhengst und Stute aufgegeben, darin wurde vor dem Ankauf gewarnt. Queenie las die Zeitung auch in diesem Zusammenhang nicht und hatte von den unglücklichen Ereignissen in New City, in die ihr Mann verwickelt war, noch nichts erfahren. Eivie brachte Queenie jetzt nur den Ausschnitt der Anzeige, als er an einem Sonntagmorgen zu ihrem Hause kam, um sich die Verletzungen des Dunkelbraunen anzusehen.
    Queenie half ihm und hielt das Tier, während Eivie schmierte und klebte.
    Ehe er sich wieder verabschiedete, fragte er: »Haben Sie etwas von Ihrem Mann gehört?«
    »Nein.«
    »Dieser Schlag, der Sie beide getroffen hat, tut mir leid, wirklich herzlich leid!«
    Queenie gab keine Antwort.
    »Wie geht es Ihnen selbst, Missis King?«
    Queenie zuckte die Achseln. »Gut.«
    »Ihre Mutter ist wieder daheim, aber noch sehr geschwächt. Es war tatsächlich Typhus, deshalb durften Sie und Ihr Mann sie nicht besuchen. Wir können froh sein, daß wir sie gerettet haben.«
    »Ja.«
    »Kann ich etwas für Sie tun, Missis King?«
    »Nichts.«
    »Ich habe Ihnen den Rest der Kaufsumme für das Bild ›Schwarzer Stier‹ mitgebracht.« Eivie händigte Queenie die Dollars aus. »Malen Sie bald wieder etwas?«
    »Den Fries. Vor Weihnachten übertrage ich auch noch die Muster für Missis Hawley auf Stoff.« Queenie sagte das alles wie eine aufgezogene Puppe.
    »Queenie, wie sprechen Sie, was ist mit Ihnen?«
    »Doctor Eivie, ich bitte Sie, gehen Sie. Gehen Sie!«
    Eivie zögerte noch einen Augenblick, dann seufzte er und begab sich zu seinem Wagen. »Ich konnte in der Brunnenangelegenheit leider nicht helfen, Missis King!«
    Queenie drehte dem Wagen den Rücken und versteckte sich in ihrem Haus. Sie versteckte sich vor Menschen und Tieren, vor der Sonne und vor der Wiese, vor dem Friedhof und vor den weißen Bergen. Sie krümmte sich auf dem Lager zusammen, kochte nichts, aß kaum. Dem Ahnen Inya-he-yukan hatte sie in ihrem kurzen Brief gedankt und geschrieben, daß sie mit ihrem Mann der Einladung nicht folgen könne, weil die besten Pferde entlaufen seien. Wenn der alte Inya-he-yukan je ein Indianer gewesen und geblieben war, mußte er begreifen, was das hieß.
    Nicht lange danach hatte Queenie Besuch. Es war ein Sonnabend, die Herbstsonne schien milde und wohltuend. Die beiden Gäste kamen zu Pferd und trafen Queenie, als sie eben Kräuter für die Kaninchen suchte. Es waren zwei junge Burschen im Alter Stonehorns; der eine, der sich Tom nannte, sah sterbenskrank aus, der zweite wirkte gesund und zuversichtlich. Aus ein paar Fragen und Antworten ging hervor, daß beide Jugendfreunde Joes waren, aber weit entfernt wohnten. Tom gestand Queenie ein, daß er Tuberkulose hatte – die seit langem und noch immer verbreitete Mangel- und Resignationskrankheit bei Indianern –, daß sein Vater sich aber nicht von ihm trennen wollte und ihn nicht in das Hospital der Watschitschun gab, wo die Mutter seit Monaten mit der gleichen Krankheit lag. So ging er eben zugrunde. Er war schon sehr mager und müde. »Er hat gehandelt wie ein Häuptling.«
    Queenie schaute verwundert und fragend auf, konnte aber keinen Aufschluß erhalten. – Der Kranke tat ihr leid, und der andere Bursche war ihr nicht unsympathisch. So lud sie die beiden schließlich ein abzusteigen, bereit, sie von ihrem kleinen Vorrat mitessen zu lassen. Die drei setzten sich hinter das Haus. Der Dunkelbraune in der Koppel machte wieder einen recht lebendigen Eindruck. Seine Wunde war fast geschlossen. Die beiden Burschen bewunderten das Tier.
    »Sie sagen«, berichtete der Kranke, »daß der elende Kerl, der eure Pferde hinausgelassen hat, dem Schecken Feuer unter den Schwanz gehängt hatte. Da rennt so ein Tier wie verrückt. Ja, auf der Sattel-Ranch bei den Mac Leans haben sie den Schecken vorbeirasen sehen, als ob der Teufel hinter ihm her sei. Die haben das gesehen mit dem Feuer. Verprügeln und erschießen soll man den Kerl.«
    »Erst haben sie ihn einmal mit dem Dienstwagen zu seinen Verwandten in Sicherheit gebracht.«
    »So sind sie und so bleiben sie. Die alte Booth, die hatte ja Geld. Ist eine halbe Weiße. Mit

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