Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Joe, du brauchst nicht zu spotten. Du hättest ja auch Mary heiraten können und wärst nun ein großer Rancher mit einem Brunnen.«
    Sie aßen miteinander. Stonehorn war hungrig, und aß schnell, aber ohne Freude, und dann schien er Schmerzen zu haben, die er nicht eingestehen wollte.
    Des Nachts auf dem Lager spürte Queenie wieder den Menschen neben sich, auf den sie lange und verzweifelt gewartet hatte. Sie legte den Kopf an seine Schulter wie in jener ersten Nacht in der Prärie, und er empfand, daß sie sich bei ihm geborgen fühlte, was er nicht mehr erwartet hatte. Zweimal fuhr Queenie mit einem Schrei aus dem Schlaf, weil sie geträumt hatte, daß ihr Mann nicht mehr da sei.
    Der nächste Tag war ein Sonnabend. Queenie brauchte daher nicht zur Schule zu gehen. Sie schlief lange. Als sie wach wurde, fand sie sich allein auf dem Lager. Die Tür stand um einen Spalt offen. Sie warf nur ihr grünes Kleid über, obgleich es in diesen Herbsttagen schon sehr kühl war, und schlich sich barfuß hinaus.
    Stonehorn stand in der Nähe des Hauses, das Gesicht schräg zur Pferdekoppel gerichtet. Er bemerkte sie nicht gleich, und sie sah, daß er Tränen in den Augen hatte.
    Sie setzte sich hin ins Gras, wo sie ging und stand. Das war die einzige Bewegung, die er sicher nicht wahrnahm. Er blieb noch lange an seinem Platz und ging dann zu dem Dunkelbraunen hin, der ihn begrüßen wollte.
    In den ersten beiden Tagen des Beisammenseins und auch in den folgenden, als Queenie wieder zur Schule ging, arbeitete Joe. Er nahm Queenie das Wasserholen ab, brachte den dunkelbraunen Hengst zum Weiden aus der Koppel und ritt ihn vorsichtig, doch schon über weite Strecken, bis hin zu dem Bach, der wieder etwas Wasser führte. Aber sonst interessierte ihn nichts, weder der Besuch seiner beiden Jugendfreunde, von dem Queenie ihm erzählte, noch das Geld, das sie verdient hatte, noch das Bild, das sie malen wollte, noch die Fürsorge Eivies für den Dunkelbraunen oder der technische Bericht über die Aussichten einer Brunnenbohrung auf der Höhe seines Geländes, den er bezahlen mußte. Über die Aussagen von Harold Booth und dessen jetzigen Aufenthalt wußte er genau Bescheid. Eines Sonntagmorgens ließ Queenie ihre vier fetten und schwerfälligen Kaninchen auf der Wiese oben bei den Kiefern weiden und hütete sie mit einer Gerte. Joe ritt den Dunkelbraunen zur Weide, hielt aber an, was er sonst nicht getan hatte, und sagte unvermittelt: »Wir haben uns geschlagen. Ein paar waren hungrig, ein paar betrunken, ein paar beides. Die andern beschimpften uns. Ich mußte den unsern helfen. Das Urteil gegen mich war wirklich milde. Ich hatte mit soviel Jahren gerechnet, wie sie mir Monate gegeben haben.«
    Queenie strich sich über die Augen.
    »Ja, es ist gut, daß du überhaupt nichts davon gewußt hast. Nun haben sie mich schon nach drei Wochen ›auf Bewährung‹ entlassen. Es ist beinahe unfaßlich, aber sie haben mir wohl stillschweigend zugute gehalten, daß es vier Polizisten endlich gelungen war, mich ganz zusammenzuschlagen, etwas brutaler noch, als ihnen erlaubt ist, und daß ich in dieser Richtung keine Klage erhob. Ich habe auch einiges auf mich genommen, was eigentlich anderen zur Last fiel.«
    »Tom, der Kranke, war hier und sagte: ›Joe hat gehandelt wie ein Häuptling.‹«
    »Ich dachte, bei mir kommt es nicht mehr darauf an, und der Richter hatte den Eindruck, daß ich ihm die Arbeit leichter mache. Dieser Richter Michael Elgin ist ein merkwürdiger Mensch. Ein Vollblut-Weißer, aber in Oklahoma aufgewachsen. Er kennt uns Indianer ein wenig, hat wohl auch eine Tscheroki zur Frau. Er fragte anders als die Polizei, so, daß zutage kam, weswegen ich überhaupt eingegriffen hatte, und das Urteil lautete auf Körperverletzung bei Hilfeleistung. Es gibt nicht viele wie diesen Elgin. Er scheint zu verstehen…«
    Joe suchte nach Worten, Queenie wartete still.
    »… scheint zu verstehen, daß auch eine Reservation eine Art Gefängnis mit Außenarbeit und die Arbeit hier mit den Vormunden im Nacken Buße genug ist.« Joe lächelte, das Lächeln war bitter. »Ich weiß selbst noch nicht, was aus dem allem wird.«
    Queenie tat einen tiefen Atemzug nachträglicher Angst und ihrer Überwindung und erzählte dann: »Ich habe dir noch nicht gesagt, Joe, daß der Schecke an der Sattel-Ranch vorbeigaloppiert sein soll, und es hatte ihm jemand Feuer unter den Schwanz gebunden, so daß er wie ein Verrückter dahinstob.«
    »Ja, das ist ein

Weitere Kostenlose Bücher