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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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vereidigt, ein Mißtrauensbeweis, der seine Kopfschmerzen trotz Aspirin auf ein fast unerträgliches Maß steigen ließ.
    Der Präsident übergab die Verhandlung an Ed Crazy Eagle. Im Grunde waren die Zeugen froh, daß Ed blind war. So brauchten sie ihm nicht in die Augen zu sehen.
    Da Joe King es ausdrücklich abgelehnt hatte, einen Rechtsbeistand zu nehmen, lag die Führung ganz beim Richter.
    Ed rief zuerst Harolds Booth auf. Harolds Stimmung ging sofort von milder auf scharfe Säure. Er fürchtete den Aufruf als erster Zeuge wie eine Falle. Es wäre ihm lieber gewesen, abzuwarten, was die anderen aussagten. Crazy Eagle konnte das Mienenspiel nicht beobachten, aber er hatte ein viel feineres Gehörempfinden als die Sehenden. Die Art und Weise, wie Harold sich erhob, ließ ihn Unsicherheit vermuten. Harold wiederholte aber Wort für Wort, was er bei Mrs. Holland gesagt und auch schon beim Gericht zu Protokoll gegeben hatte. Im Auftrag von Mr. Teacock habe er den Umschlag mit dem Geld auf den Lehrertisch gelegt. Ed vereidigte ihn nachträglich. Mit kratzender Stimme sprach Harold die Formel.
    Es konnte nicht geklärt werden, wie der Umschlag, den Harold auf den Lehrertisch gelegt haben wollte, von dort verschwunden war bis zu jenem Moment, in dem Teacock den Umschlag in Joes Hand sah. Von dem ›großen Unbekannten‹, der das verschlossene Klassenzimmer nach Harold betreten haben könnte, wollte Crazy Eagle nicht viel hören. Die damalige Rektoratssekretärin beschwor, daß sie den Klassenschlüssel an Harold Booth, aber an keinen weiteren ausgegeben habe, ehe ihn Erika dann als Klassenordnerin in Empfang nahm.
    Das Rätsel konnte nicht ohne weiteres aufgelöst werden. Ed ging dazu über, weitere Zeugen zu vernehmen, zuerst Erika. »Ich war damals Ordnerin in der 7. Klasse. Die Pause, von der gesprochen wird, war die Mittagspause, in der wir zum Essen gingen. Lehrer Teacock und Lehrer Ball hatten aber noch irgend etwas miteinander zu tun. Ich sah, wie sie erst in das Lehrerzimmer gingen. Nachher, als wir alle schon beim Essen saßen, kam Harold zu mir und wollte den Schlüssel zu der Klasse 7 haben. Ich ging mit ihm zu dem Wandbrett im Rektoratssekretariat, wo die Schlüssel damals hingen, und gab ihm den Schlüssel. Ich bat ihn, den Schlüssel gleich wieder zurückzubringen, wenn er seinen Auftrag erledigt hatte. Er war ja Ordner in der 12. Klasse, wie ich es in der 7. Klasse war, und so glaubte ich, verantworten zu können, daß er den Schlüssel bekam. Obgleich er mir ja auch den Umschlag hätte geben können.
    Aber er wollte den Umschlag selbst hinbringen, weil er von Mister Teacock den Auftrag dazu hatte und mich auch nicht länger vom Essen abhalten wollte.«
    »Und dann?«
    »Ja – dann? Dann gingen wir nach dem Essen zurück, und ich fand den Schlüssel auch ordnungsgemäß am Schlüsselbrett im Rektoratssekretariat, schloß auf und ging als erste in unsere Klasse 7.«
    »Ist Ihnen da etwas aufgefallen?«
    »Nein.«
    »Gar nichts? Erinnern Sie sich bitte noch einmal ganz genau.«
    »Ganz genau.« Erika legte die Hand über die Augen, um die Erinnerungsbilder ungestört aufsteigen zu lassen.
    Bob meldete sich. »Ich erinnere mich an etwas. Der Umschlag lag nicht auf dem Lehrertisch.«
    »Erika?«
    »Ja, richtig. Ich kann mich… ja, ich kann mich erinnern, daß ich nach dem Lehrertisch sah, ob der Umschlag ordnungsgemäß dort lag, denn Mister Teacock konnte sehr ärgerlich werden, wenn etwas nicht klappte. Als ich keinen Umschlag liegen sah, dachte ich: Nun, Harold wird ihn in die Schublade gelegt haben, das ist noch besser.«
    »Harold Booth hat aber beschworen, daß er den Umschlag bestimmt nicht in die Schublade, sondern oben auf den Lehrertisch gelegt habe.«
    »Da irrt er sich nachträglich. Ich habe damals schnell noch einmal über die Tafel gewischt, weil Mister Teacock sie immer tadellos sauber haben wollte, und ich suchte dabei noch mit den Augen nach dem Umschlag auf dem Lehrertisch – daran kann ich mich genau erinnern –, aber es hat nichts darauf gelegen, gar nichts. Wie auch Bob sagt.«
    »Aber auf Joes Platz haben Hefte gelegen, und es war uns verboten, Hefte auf dem Tisch liegen zu lassen«, fiel Bobby mit Erlaubnis des Richters ein.
    »Auf Joes Platz können keine Hefte gelegen haben, denn vor der Mittagspause habe ich immer kontrolliert, ob alle Tische abgeräumt sind«, verteidigte sich Erika.
    »Sie lagen aber da, ich weiß es. Ich kam gleich nach dir in die Klasse, als zweiter oder

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