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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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nicht ein paar Hunderttausend Dollar als Einlage mit wie Mike. Ich hatte keinen Cent in der Tasche, und die Bosse haben mich bis zum letzten ausgenutzt. Für mich gab es keinen Schutz und keine Sicherheit. Wenn ich krepierte, hätte sich niemand darum gekümmert. Nach sieben Jahren besaß ich einen Anzug und ein sehr gutes Pferd, das war alles. – Du weißt aber, Frank, daß ich zweimal unter Mordverdacht gestanden habe und nur aus Mangel an Beweisen entlassen worden bin. Meine Vorstrafen – wegen Bedrohung eines weißen Lehrers, wegen versuchter Beihilfe zu schwerem Raub, wegen gewaltsamen Ausbruchs aus dem Kerker, wegen schwerer Körperverletzung, wegen Widerstandes gegen die Polizei – bestehen alle noch, und ich bin kein freier Mann. Ich habe eine Bewährungsfrist, und diese läuft noch zehneinhalb Monate. Frank, du kannst mich jetzt dem Superintendent nicht als Jugenderzieher präsentieren. Das geht nicht, das läuft schief. Schlag dir deinen Plan aus dem Kopf, Frank. Ich mache es nicht.«
    »Vielleicht übers Jahr, Joe. Ich komme wieder. Aber ich habe für sofort etwas anderes in der Tasche. Könnte sein, daß du dazu mehr Lust zeigst. In den Hills werden zwei Touristen vermißt. Die Suche war bis jetzt ergebnislos. Es werden Scouts angefordert. Der verzweifelte Vater hat einen Preis ausgesetzt. Vierzigtausend Dollar. Tot oder lebendig. Wie wär’s? Scout, das ist ein traditioneller Indianerberuf! Du bist der Mann dafür. Hier auf deiner Ranch, mit drei Pferden, hast du viel zuwenig zu tun. Das machen deine Frau und dein Ahne auch einmal allein.«
    »Frank, in dem Fall, von dem du sprichst, muß ein Scout mit der Polizei zusammenarbeiten. Erzähle denen in New City nicht etwa, daß du ihnen Joe King für eine solche Aufgabe andrehen willst. Obgleich ich sehr gern einmal etwas dazuverdienen würde und nicht immer ›meiner Malerin‹ zur Last fallen möchte.«
    »Joe!«
    »Ich weiß schon, was du sagen willst, Queenie. Lassen wir das. Ich freue mich, wenn deine Bilder verkauft werden.«
    »Vierzigtausend Dollar!« lockte Frank noch einmal. Seine anderen Gründe nannte er nicht.
    Joe schien von dem Verdacht, der über ihm schwebte, noch nichts zu ahnen. »Gleich dem Lohn für sechzehn Jahre Arbeit in der Angelhakenfabrik«, rechnete er. »Auf der Basis von ›Wild-West‹, wie es scheint.«
    »Gib mir wenigstens die Vollmacht, Joe, in New City für dich vorzusprechen. Es ist eine Zufallschance, aber du hast die Fähigkeiten, sie wahrzunehmen, und du mußt daran denken, daß es unserem ganzen Stamm nutzt, wenn wenigstens an einer Stelle und in einem Fall etwas Geld auf die Reservation kommt. Wir dürfen uns keinen Cent entgehen lassen, über den wir selbst verfügen können und um den wir nicht beim Superintendent zu betteln brauchen. Verstehst du? Also greif zu. Ich melde dich. – Bitte, Joe!«
    »Laß die Finger davon, Frank – überhaupt – wieso werden diese Leute vermißt? Sind sie von Erpressern entführt worden? Besteht Mordverdacht oder sind sie einfach dumm und haben sich verlaufen? Das Angebot des Vaters ›tot oder lebendig‹ scheint mir – also sagen wir, etwas übereilt formuliert. Lautet es tatsächlich so?«
    »Tatsächlich.«
    »Was ist der Vater?«
    »Rechtsanwalt. Ein sehr angesehener und daher natürlich glänzend verdienender Rechtsanwalt in San Francisco.«
    »Du hast auffallend gute Informationen, Frank. Wie kommst du dazu?«
    »Auf dem einfachsten Weg – über Crazy Eagle. Richter Elgin ist an den Superintendent herangetreten. Sie suchen Scouts.«
    »Also worum geht es?«
    »Um einen Burschen von neunzehn Jahren und um seine Schwester, achtzehn Jahre alt. Jerome und Caroline Bergen. Nach dem Bericht sind es zwei begabte junge Menschen. Sie haben das Baccalaureat gemacht. Entgegen dem Wunsche des Vaters wollten sie aber nicht gleich auf das College zur Vorbereitung für die Universität, sondern erst einmal ein bis zwei Jahre Freizeit genießen. Ihre Extravaganzen haben bisher das übliche Maß nicht überschritten. Jerome ist ungewöhnlich kräftig und groß für sein Alter, sportlich, spielt football. Er und seine Schwester haben normal geraucht, sie haben bei Parties gern einen guten Whisky getrunken, sie sind viel Auto gefahren und haben sich gelegentlich eine Strafe wegen Überschreitung der erlaubten Geschwindigkeit eingehandelt. Sie waren beide passionierte Wetter bei Autorennen, aber auch um irgendwelche ausgefallenen Voraussagen persönlicher und politischer Art. Dabei

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