Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
zum Empfang angefertigt hatte. Wie durch ein Wunder war dieses Stück erhalten geblieben, während sogar der Ofen unter den Fäusten des betrunkenen Schwiegervaters und seiner alten Freunde den Weg aus dem Haus hinaus gefunden hatte, ehe ein sich versehentlich lösender Schuß Old King ums Leben brachte.
    Es klopfte an der Tür.
    Queenie bat arglos herein. Dann legte sie den Besen beiseite, warf einen großen Schal um und holte sich, von diesem geborgen, die Pistole aus dem Kniehalfter, der am Wandhaken hing. Sie stellte sich hinter den Tisch, von der Tür möglichst entfernt, so daß Abstand zwischen ihr und dem Eintretenden blieb. Es war Harold Booth. Nur wenig kleiner, aber breitschultriger als Joe, sonnverbrannt, so daß seine Haut dunkler wirkte als sie war, selbstbewußt, mit einem trügerischen Schein der Aufrichtigkeit im breiten Gesicht, so stand er da. Er war angetrunken. Queenie besaß eine überreizt scharfe Geruchsempfindung für Alkohol. Angst überfiel sie.
    »Na, die junge Frau«, sagte Booth, während er die Tür hinter sich zuzog. »Na, die junge Frau ist allein geblieben, ganz allein zu Haus?« Booth mußte von der Nachbar-Ranch aus beobachtet haben, daß Joe, Okute und Familie Halkett fortgefahren waren.
    Queenie bot alle Willenskraft auf, um ihre Furcht nicht sichtbar werden zu lassen. »Gehen Sie wieder hinaus, Booth, ich will Sie hier nicht sehen.«
    »Nein? Aber ich habe geklopft, und Sie haben mich hereingebeten. Warum denn nun auf einmal nicht? Ich habe Ihnen eine gute Nachricht zu bringen.« Harold sprach leise und spuckte Schleim.
    »Gehen Sie hinaus, Booth, ich will Sie nicht in unserem Hause sehen, das Sie nur beschmutzen.«
    »Ich gehe ja gleich wieder. Ich tue Ihnen wirklich nichts Böses, Missis King, nein, nichts Böses. Ich will Ihnen nur eine gute Nachricht bringen!«
    Das Lauernde in Harolds Blick erschreckte Queenie noch tiefer. »Gehen Sie hinaus, Booth, ich sage Ihnen das nun zum drittenmal. Sie haben hier nichts zu suchen.«
    »Ich gehe ja gleich wieder. Ich wollte Ihnen nur die gute Nachricht bringen. Schade, daß Joe nicht da ist, der hätte noch mehr Verständnis dafür.«
    »Gehen Sie hinaus, Booth, Sie haben kein Recht, sich in unserem Haus aufzuhaken, wenn ich Ihnen das verbiete.«
    »Juristisch geschult, die junge Frau, ja, hat vom Mann gelernt! Der hat Gelegenheit genug gehabt, die Wissenschaft zu studieren. Aber ich will Ihnen ja nur eine gute Nachricht bringen, Missis King.«
    »Booth, meine Geduld ist bald zu Ende. Gehen Sie hinaus, ich habe Sie jetzt fünfmal dazu aufgefordert.«
    »Missis King, es wäre aber besser für Sie, sich meine gute Nachricht anzuhören. Deshalb wage ich, noch ein wenig zu bleiben. Sie werden nicht gleich mit dem Messer oder mit der Pistole auf mich losgehen, nicht wahr?«
    »Gehen Sie hinaus, Booth!«
    »Wenn es Ihnen so eilig ist, will ich mich auch beeilen und Ihnen rasch meine gute Nachricht mitteilen. Ich habe die beiden angekohlten Toten gefunden. Schade, daß Ihr Mann der Polizei davon nicht schon Mitteilung gemacht hat. Er hätte sich viel Ärger und die Vorbelastung in dem neuen Mordprozeß ersparen können, der ihm nun gemacht werden wird.«
    Queenie schaute Booth unentwegt an. Ihr Blick wirkte so starr, daß Booth Erschrecken daraus las.
    »Ja, Missis King, es ist aber doch gut, daß ich es bin, der die Leichen gefunden hat. Wenn es ein anderer als ich gewesen wäre, der hätte gleich die Polizei aufmerksam gemacht. Ja, sicher, ein anderer wäre sofort zur Polizei gelaufen. Und schon ginge es wieder über Ihren Mann her. Aber ich habe etwas für dich übrig, Queenie, und ich will euch nicht ruinieren. Ich werde schweigen.«
    Queenie starrte noch immer auf Booth.
    »Morgen fängt mein eigener Prozeß an, nicht wahr? Aber ich werde in eurer Sache schweigen. Du wirst mir ja auch dankbar sein, Queenie. Wirst du das? Erinnere dich doch an unsere Kinderzeit, als wir beide im Schulinternat und oft vergnügt miteinander waren, obwohl du noch ein kleines Mädchen gewesen bist und ich schon ein großer Bub. Ich werde der Erste in meiner Klasse und du die Beste in der deinen. Wir hätten zueinander gepaßt. Deine Eltern und meine Eltern sind strebsame Rancher, sie gehören zu den Fortschrittlichen und zu den Nichttrinkern; die Kings aber waren eine heruntergekommene Säuferfamilie.«
    »Bei den Söhnen ist es umgekehrt, Booth.«
    »Weiß nicht, Queenie. Joe ist ein Gangster gewesen und ein Rowdy geblieben und hat Bewährungsfrist. Aber ich

Weitere Kostenlose Bücher