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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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kommen wir auch wieder hinaus. Bitte, machen Sie auf.«
    Jerome lachte aus vollem Halse und öffnete das primitive Schloß mit seinem Dietrich, während Joe nach wie vor hinter ihm stand. Als sich alle wieder im Freien befanden, die Waldluft atmeten und Gras unter den Füßen spürten, freuten sich auch Jerome und Caroline. Jerome legte sein nasses Hemd ab. Joe behielt das seine an. Die Überraschung des Höhlenführers, der aus dem Schlaf geklopft wurde, war groß, aber alles andere als freudig.
    Er regte sich nicht wenig darüber auf, daß Unbefugte in seine Höhle eingedrungen waren.
    »Lieber Mann, beruhigen Sie sich.« Jerome und Caroline wurden leutselig. »Was können Sie dafür! Machen Sie uns einen warmen Tee, ja? Kleine Anstrengung ist dieser Monat doch für uns gewesen.« Jerome zog Dollarscheine aus der Tasche, die den Ärger des Höhlenführers einigermaßen besänftigten. Doch schien er sich noch nicht ganz damit abgefunden zu haben, daß die beiden jungen Leute, vierzigtausend Dollar schwer, in seiner Höhle gesteckt hatten, ohne daß er sie auffand. »Sie werden mir meinen Job nehmen, weil ich nicht gut genug aufgepaßt habe.«
    »Ich sage aus, ich sage für Sie aus«, beruhigte Jerome. »Der Schlosser ist schuld, warum macht er ein so primitives Schloß.«
    Das Telefongespräch nach San Francisco wurde angemeldet. Jerome und Joe erhielten Gelegenheit, ihre Sachen zu trocknen. Joe gab Jerome den Colt zurück.
    Das Gespräch nach San Francisco kam durch. Vater Bergen entschloß sich, sofort mit seinem Privatflugzeug zu starten und von dem den Hills nächstgelegenen Landeplatz aus einen telefonisch bestellten Mietwagen zu benutzen.
    So kam es, daß man sich bereits am Abend in den Armen lag und Joe den Scheck über vierzigtausend Dollar in der Hand hatte. Vater Bergen war etwas betrübt über die Verpflichtung, da ihm Jerome versicherte, er wäre in fünf Tagen auf alle Fälle wohlbehalten wieder aufgetaucht und hätte dann den eigenen Wettgewinn einstreichen können.
    »Du redest natürlich völligen Unsinn«, behielt Vater Bergen schließlich recht. »Denn wenn deine Wette darauf lautete, daß ihr nicht gefunden werdet, hättet ihr sie niemals gewinnen können, wenn überhaupt nicht gesucht wurde!«
    Das ließ sich nicht bestreiten.
    Jeder begab sich zu seinem Wagen. Die Fahrt führte in verschiedene Richtungen. Jerome und Caroline winkten noch ihrem unerwünschten Retter zu, ehe sie um die Kurve gingen. Joe King aber steuerte nach New City, um seinen Scheck einzulösen. Es war ihm schwindlig zumute. Er hatte das Gefühl, daß etwas nicht stimmen könne. Doch war die Polizei in New City zufrieden, als er so bald wiederkehrte, und die Bank erklärte den Scheck für gut. Sie empfahl, das Geld bis zur weiteren Verwendung stehen zu lassen, und händigte Stonehorn ein Scheckbuch über sein neues Konto aus. Presse, Radio und Television waren schon auf dem Plan, um die Neuigkeit für sich zu nutzen.
    Die Nachricht von der abenteuerlichen Entdeckung der beiden Vermißten ging durch das Land. Auch der Name Joe Kings wurde nebenbei genannt.
    Als Stonehorn nach Hause kam, waren Queenie und Okute über die wesentlichen Punkte bereits unterrichtet.
    In dieser Nacht gab es in dem Zelt, das die jungen Kings und ihr alter Vater Okute miteinander bewohnten, wieder einmal Freude und Lachen.
    Doch sobald Inya-he-yukan Okute nicht mehr wach und Queenie-Tashina an der Schulter Joe Inya-he-yukan Kings eingeschlafen war, begann Joe seine Wachträume. Er träumte von einem Brunnen, von fließendem Wasser, von Kindern, die ohne Mühe ihren Durst stillen und ihre Augen auswaschen konnten, von Pferden und Vieh, die auch in den Zeiten der Dürre zu saufen hatten, von Mann und Frau, die nicht meilenweit reiten oder zu dem feindlichen Nachbarn gehen mußten, um bei Trockenheit schlechtes Wasser zu holen. Er träumte noch buntere Träume, noch weiter in die Ferne. Büffel kamen zu ihm – Büffel, die keine Weide bei ihm fanden, denn die Ranch war zu klein. Aber draußen, wo die weißen Männer wohnten, die Watschitschun – die Geister – gab es wieder Büffel, die Büffel, die des Indianers Gefährten und die Brüder seiner Freiheit gewesen waren.
    Vierzigtausend Dollar. War das viel? Für den, der zu träumen begann, war es wenig.
    Joe war plötzlich ein reich gewordener Mann zwischen Tausenden von ganz armen Leuten. Er war ein Mann mit einer argen Vergangenheit, und er erregte in der Gegenwart immer wieder Staunen, Haß und

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