Nacht über der Prärie
sparsamen Mitteln waren wilde Pferde auf der Prärie dargestellt; ihre Kraft und Bewegung hatten Zentren in der Linienführung, die es dem Auge erlaubten, in der Unruhe Ruhe zu finden.
Peter Hawley nahm wieder auf: »Ihr Mann, Missis King, hat – das ist begreiflich – aus einer gewissen Furcht vor einer möglichen Rache der Banditen hier keine Aussagen machen wollen. Nachdem er nun in Sicherheit ist, braucht er sich nicht mehr zu scheuen. Fassen Sie sich ein paar Wochen in Geduld, dann können Sie Ihre junge Ehe ohne Gefahr genießen. Ich habe mich außerordentlich über den Bericht gefreut, den mir Brown über den Neuanfang auf Ihrer Ranch gemacht hat. Das einst verrufene Haus wird zum Vorbild werden. Das verdanken wir Ihnen, Missis King, dessen sind wir uns bewußt! Wenn Sie in der kurzen Zeit des Alleinseins irgendwelche Unterstützung brauchen – Sie können jederzeit kommen und Ihre Wünsche vortragen, und wir tun, was in unseren Kräften steht.«
»Wo ist mein Mann?« fragte Queenie.
»Das kann ich Ihnen aus Gründen seiner eigenen Sicherheit im Augenblick nicht mitteilen. Wollen Sie ihm schreiben?«
»Ja. Werde ich Antwort erhalten?«
»Aber selbstverständlich.«
»Kann ich jetzt sofort schreiben?« Als Queenie sah, daß Sir Hawley die Augenbrauen hochzog, fügte sie hinzu: »Nur einen Satz!«
»Wenn Ihnen das genug erscheint…?«
Der Superintendent suchte einen Bogen ohne Aufdruck hervor und reichte ihn Queenie. »Vielleicht haben Sie recht. Auf diese Weise kann überhaupt kein Aufsehen entstehen.«
Queenie schrieb in ihrer Stammessprache: »Inya-he-yukan. Ich träume. Tashina.«
Der Superintendent hatte zum Bogen den Umschlag gegeben, aber Queenie gab den beschriebenen Bogen offen, ungefaltet zurück.
»Oh. Sie haben sich eines Code bedient?«
»Nein, meiner Muttersprache.«
»Es wäre besser gewesen – nun, ich gebe diesen Brief weiter, so wie er ist. Die Kriminalpolizei wird rückfragen, wenn es ihr zweckmäßig erscheint.«
Der Superintendent schien verstimmt. »Haben Sie noch irgendwelche Fragen, Missis King?«
»Nein… nein.«
»Vielleicht doch?«
»Ja, vielleicht doch. Wo ist der Haftbefehl erlassen worden?«
»In Carneyville.«
»Kann ich einen Rechtsanwalt beauftragen?«
»Das können Sie, natürlich, aber es ist im Grunde sinnlos, weil es sich nicht um eine Verdächtigung, sondern nur um eine Sicherheitsmaßnahme handelt. In zwei Wochen fahre ich nach Washington zu einer Konferenz bei unserem zentralen Büro. Ich verspreche Ihnen, daß ich die Angelegenheit dort vortrage, und es wird dafür gesorgt werden, daß weder Ihr Mann noch Sie unnütz unter Maßnahmen zu leiden haben, die von einer in gewissem Umfange noch mangelnden Sicherheit in unserem jungen Lande bedingt sind. Wie gesagt, ich stehe mit allem, was ich tun kann, zu Ihrer Verfügung.«
Er macht so viele Worte, dachte Queenie. Dann riß sie sich zusammen, hob den Kopf und schaute dem Mann hinter dem Schreibtisch in die Augen. Ihre Stimme blieb leise. »Sir Hawley, ich habe noch nicht viel von der Welt gesehen. Die Reservation, das Internat und New City. Können Sie mir sagen, was das ist… dritter Grad des Verhörs?«
Der Superintendent schien nicht zu begreifen. Er starrte auf Queenie, bewegte ein wenig die Lippen, als ob er seine Fassungslosigkeit in Worte kleiden wollte, in ein »Ich verstehe nicht« oder »Was wollen Sie damit sagen«, dann sprach er auch das nicht aus.
Er nahm sich eine Zigarette, bot Queenie an, erhielt einen ablehnenden Dank und hatte sich nun wieder in der Gewalt.
»Missis King – wenn Sie die Situation doch schon so weit erfaßt haben –, Ihr Mann versteift sich leider in eine völlig falsche Haltung. Ich hoffe, daß er bald zu sich selbst zurückfindet. Ein gentleman deckt keine Gangster.«
Queenie tauchte wieder in ihr Schweigen zurück.
Sir Hawley hatte die Zigarette gelöscht, selbstkritisch, wie vor wenigen Wochen nach Nick Shaw, sein Vertreter. »Im übrigen«, bemerkte er noch wie nebenbei, »alles im Rahmen unserer Gesetze und nichts ohne ärztliche Kontrolle.«
Queenies Herz klopfte, obgleich sie ihm befehlen wollte, ruhig zu gehen.
»Haben Sie Ihren Wagen da, Missis King?«
»Ich reite.«
Queenie verließ das Büro.
Als sie draußen zu ihrem Pferd kam, lehnte sie sich einen Augenblick an den Baum, um wieder Atem zu gewinnen. Dann ritt sie hinüber zum Indian Hospital.
In der Eingangshalle warteten geduldig viele Patienten. Queenie fand sich zu dem
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