Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
Der Junge, Marys Neffe, jagte die Pferde auf die Weide. Mary machte den Schweinestall sauber. Als Harold aus der Tür trat, ging Queenie hinter ihr kleines Haus und versuchte dort im Schatten, gegen alle Blicke geschützt, von einem neuen Bild zu träumen. Sie mußte sich irgend etwas einfallen lassen, was die Frau des Superintendent ansprach. Es fiel ihr schwer. Die aschblonde Frau war air-conditioned – hätte Stonehorn gesagt.
    Die stille Stunde ging vorüber, und es wurde Zeit, sich auf den Weg zu machen, wenn Queenie schon um sieben Uhr in der Agentursiedlung sein wollte. Sie ging zu dem Wagen, dessen Verdeck sie geschlossen hatte, setzte sich ans Steuer und zog die Tür ohne lautes Klappen zu. Der Motor sprang an. Sie horchte. Er lief gut. Sie steuerte den zerfurchten Weg abwärts und ging unten auf der völlig leeren Straße auf eine angenehme Geschwindigkeit.
    Als der Supermarkt in der Agentursiedlung um sieben Uhr die Tür öffnete, stand das Sportcabriolet davor und Queenie trat ein, um mit dem Einkaufswagen den Stand abzufahren. Queenie wollte heute nicht sparsam sein; sie hatte ja für diesen Tag gespart. Sie kaufte ein großes Stück Rindfleisch, Büffelfleisch aus dem Naturschutzgebiet war noch nicht wieder im Handel, sondern wurde nur an Schulen und andere Institutionen geliefert. – Ein sehr großes Stück Rindfleisch kaufte sie. Sie nahm auch Schwarzbrot, Tee und einige Flaschen Mineralwasser. Alles, was mit Fett, Milch oder Zucker zusammenhing, schätzten Stonehorn und die Großmutter nicht. Queenie ging daher an diesen Auslagen vorüber, aber einige frische Früchte nahm sie noch mit, Äpfel, Bananen, Apfelsinen. Die Kassiererin erfreute ihr Herz an der relativ hohen Rechnung.
    Sie ließ ihre Augen zu Queenie hin spielen, aber diese senkte die Lider, denn sie wollte nicht angesprochen sein. Queenie erinnerte sich an jenen Abend, an dem vor dem Supermarkt draußen Stonehorn gestanden und sein Hallo gerufen hatte, und blitzartig stand ihr alles vor Augen, was nach diesem überraschenden Wiedersehen gefolgt war, bis sie Joe King Stonehorns Frau geworden war.
    Queenie legte ihre Einkäufe in das Cabriolet und fuhr zu einem Parkplatz bei dem Büro des Superintendent, einem Platz, der zumeist für Gastfahrzeuge frei blieb und nicht von den Angestellten beansprucht wurde. Sie blieb im Wagen sitzen. Es war sieben Uhr zwanzig. Um acht Uhr begann der Dienst, und ab acht Uhr wollte Queenie Ausschau halten, ob ein zweiter Gastwagen kommen würde, der Wagen, der Stonehorn zurückbrachte. Jetzt schien es noch zu früh für eine solche Erwartung.
    Um sieben Uhr dreißig kam ein Wagen aus Richtung des Hospitals in die Straße herein. Eivie saß am Steuer, er hatte niemanden bei sich. Er lenkte neben das Sportcabriolet und kam mit dem Kopf an das offene Fenster. Queenie öffnete den Schlag, da Eivie grüßend genickt hatte und offenbar etwas sagen wollte. Queenie schaute gespannt in sein Gesicht, dessen runde Backen den Schutzwall des Humors um das verletzbare Herz eines Menschenfreundes andeuteten.
    »Heute also!« sagte Eivie. »Es hat schwergehalten, und er ist in einem schlechten Zustand. Haben Sie Geduld, und spannen Sie Ihre Erwartungen nicht gleich zu hoch. Ich besuche Sie einmal… bye!« Er trieb seinen Wagen rückwärts, fuhr weiter und auf einem Umweg zum Hospital zurück, wie Queenie bemerkte. Er war also nur Queenies wegen heruntergekommen.
    Die junge Frau lehnte sich zurück. Sie wollte alle Meere der Geduld aufbringen, wenn ihr Mann nur zurückkam.
    Sieben Uhr fünfundvierzig liefen die Wagen der Dezernenten ein. Alle grüßten zu Queenie hinüber, die freundlich dankte.
    Es wurde sieben Uhr fünfundfünfzig. Der Superintendent und der stellvertretende Superintendent begaben sich zum Dienst. Am Zaum vor dem Garten des Dezernentenhauses lehnten schon zwei alte Indianer, die wohl zu Kate Carson, Verwalterin der Wohlfahrtsgelder, strebten. Sie wirkten wie aus Leder gearbeitet. Es war kein Leben in ihren Zügen.
    Acht Uhr. Von nun an schwirrten und sangen Queenies Nerven, dieses unnütze Etwas, wie der alte indianische Gerichtspräsident einmal gesagt hatte. Um ihre Kehle legte es sich wie eine Schnur. Sie schaute unentwegt in die Richtung der Straße, aus der ein Wagen von New City her kommen mußte.
    Acht Uhr vierzig fuhr ein Oldsmobile Coupe heran, in dem gemäßigt anmaßenden Tempo eines großen Sportmannes, der weiß, daß er alle überholen kann, wenn er nur will. Der Wagen hielt an der gleichen

Weitere Kostenlose Bücher