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Nacht über der Prärie

Nacht über der Prärie

Titel: Nacht über der Prärie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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eingeweiht war, auch einfach überschätzt – kann vorkommen. Der Fall Gangs und Gangster ist jedenfalls abgeschlossen, endgültig abgeschlossen. Auch in Ihrem Sinn, King?«
    »Ja.«
    Das war das erste Wort, das Queenie aus dem Mund ihres Mannes hörte. In seiner Stimme hatte sich etwas verändert.
    »Bleiben ein paar Punkte in bezug auf Ihr künftiges Reservationsleben zu besprechen, King. Sie haben die Ranch, Sie haben eine junge Frau. Sie sind im Grunde einer der glücklichsten Menschen der Welt. Achten Sie aber auf sich, damit Sie das alles bis ins hohe Alter genießen können. Sie waren dreimal erkrankt. Sie haben die beste ärztliche Betreuung gefunden. Lassen Sie sich laufend weiter kontrollieren. Hawley, ich empfehle Ihnen, den Gesundheitsdienst der Reservation zu unterrichten.«
    Der Superintendent machte sich eine Notiz. Dabei blickte er prüfend auf Joe King, und es beschlich ihn eine undefinierbare Angst. Die Augen des Indianers wirkten verschwommen, wie Nebel, aus dem unvermutet Gefährliches auftauchen kann.
    Queenie schaute auf Stonehorns Stulpenstiefel. Das Stilett steckte an seinem Platz. Dem Grauen konnte das nicht unbekannt sein.
    Der fremde Beamte, dessen Stellung und Namen Queenie noch nicht erfahren hatte, behielt weiter das Wort: »Machen Sie überhaupt keine Dummheiten mehr, King! Denken Sie an Ihre Familie.«
    Der Unbekannte wandte sich mit einer raschen Bewegung Queenie zu. Sein Ton wandelte sich vom Schulmeisterhaften zur Plauderei: »Was träumen denn junge Indianerfrauen, Missis King?«
    »Studieren Sie Träume im allgemeinen?« fragte Queenie dagegen, kecker, als sie je in ihrem Leben gewesen war. Die Erbitterung zitterte in ihr. »Träume als Gegenstand der Religion und der Wissenschaft und der Kunst?«
    »Ah, ja. Sie kommen von der Kunstschule, Missis King. Dort wird viel diskutiert, ich weiß. – Nein, ich meine mit meiner Frage nur Ihren interessanten, kurzen Brief. Wir haben ein Sprachinstitut in Anspruch nehmen müssen, um die Bedeutung der Worte zu erfahren.«
    »Ein Glück wohl, daß er nicht länger war. Sonst wäre das Sprachinstitut mit der Übersetzung vielleicht noch nicht fertig. Mein Mann hätte Ihnen aber sicher gern geholfen.«
    Der Unbekannte stellte sich, ebenfalls in leicht ironischem Ton, vor: »Johnson, Leslie.«
    »Darf ich fragen – « Queenie nahm einen bescheiden-liebenswürdigen Ausdruck an – »ich meine, da Sie sich für die Träume von Joe Kings Frau interessieren –, darf ich fragen, was Ihre eigene Frau wohl träumt, Mister Johnson?«
    Sir Hawley runzelte die Stirn. Der Ton, den das Gespräch jetzt annahm, mißfiel ihm sehr.
    Aber der Fremde lachte mit breit gezogenen Mundwinkeln, durch geschlossene Zähne. »Ich habe sogar eine Ehefrau – halten Sie mich für einen Traumgegenstand?«
    »Weniger, eher Ihren Wagen.«
    »Das sagt eine Indianerin! Nun, Sie sind in einer besseren Lage, Queenie King, als Sarah Johnson. Aber um zu Ihrer ersten Frage zurückzukommen, ja, wir erforschen Traumerscheinungen streng wissenschaftlich. Haben Sie die Erfahrung gemacht, daß ein Mensch sich bis in den Traum hinein disziplinieren kann?«
    »Wozu?«
    »Ihr Mann kann das offenbar. Ein bei Wilden zuweilen noch zu beobachtender Kontakt zwischen Bewußtsein und vegetativem Nervensystem. Ein interessantes Phänomen.«
    Leslie Johnson wandte sich wieder Stonehorn zu.
    »Schade, King, daß Ihre Schulbildung so unglaublich mangelhaft ist. Sie besitzen aber ein Auffassungs-, Assoziations-, auch ein schnelles Reaktionsvermögen und ein Gedächtnis, die weit über den Durchschnitt hinausgehen. Sie sind verdammt hart, und Sie können schießen. Spielen Sie nicht mehr den outlaw, arbeiten Sie mit! Wir haben Ihnen das schon einmal angeboten. Sie können sich immer noch an uns wenden, wenn Sie zu einem solchen Entschluß kommen sollten.«
    Stonehorn gab kein Zeichen, daß er die Frage überhaupt gehört habe. Johnson stand auf mit einem Zug um den Mund, der Queenie wie ein plötzlich aufspringendes Raubtier erschreckte. Auch die beiden Kings erhoben sich.
    »King, Sie warten einen Augenblick bei Mister Shaw. Wir kommen gleich nach.« Das war Befehlston.
    Stonehorn ging wie eine Marionette zur Tür, ohne jemanden zu grüßen. Queenie wollte ihn begleiten, aber Johnson winkte ihr zu bleiben. Als sich die Polstertür hinter Joe King geschlossen hatte, erklärte Johnson: »Ein paar Worte unter uns, Missis King. Ihrem Mann fehlt, wie ich schon sagte, die Schule. Er ist – im Gegensatz

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