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Nacht über Eden

Nacht über Eden

Titel: Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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wieder in die Wirklichkeit zurückholen konnte.
    »Tony, hier ist keine Leigh, und hier ist auch keine Heaven.
    Ich bin Annie! Annie. Du machst einen Fehler, einen schrecklichen Fehler.«
    »Ich glaube, ich habe dich schon geliebt, als ich dich das erste Mal sah«, antwortete er. »Jillian ist schön, und sie wird immer schön sein, schön wie ein Schmetterling. Wenn man sie berührt, kann sie nicht mehr wegfliegen. Sie verliert das Bewußtsein und muß sterben. Diese Art von Schönheit kann man in eine gläserne Vitrine stellen, ansehen und bewundern, aber man kann sie nicht lieben und erfahren so wie deine Schönheit, Leigh. Jillian ist ein wunderschönes Bild zum Anschauen; du aber bist eine Frau, eine richtige Frau«, raunte er mit einer Stimme voller Sinnlichkeit.
    Er setzte sich aufs Bett und streckte seine Hand nach mir aus.
    Ich zuckte zurück.
    »TONY! Ich bin Annie. Heavens Tochter Annie. Du weißt nicht, was du tust. Bitte, steh jetzt von meinem Bett auf und geh! Bitte.« rief ich beschwörend, aber mein Bitten stieß auf taube Ohren. Tony hörte nur mehr die Klänge und Worte seiner Traumwelt.
    »O Leigh… Leigh, meine geliebte Leigh.« Seine Hand tastete in der Dunkelheit nach meiner Taille, und er begann, mich an sich zu ziehen. Ich versuchte, mich zu wehren, aber ich war so geschwächt und so müde, daß ich mich nicht richtig wehren konnte, was er sicher als eine Art Ermutigung empfand. »Wir werden uns die ganze Nacht lieben, so wie früher, und wenn du willst, darfst du mich ›Daddy‹ nennen.«
    Ich sollte ihn ›Daddy‹ nennen? Was für einen entsetzlichen Vorschlag hatte er da gemacht?
    Tonys Hand hielt meine Schulter mit eisernem Griff fest; sein Gesicht näherte sich dem meinen, und schließlich berührten seine Lippen meinen Mund. Ich zog meinen Kopf zurück, aber seine andere Hand umklammerte noch immer meine Taille und hielt mich fest. Da ich im unteren Teil meines Körpers keine Kraft hatte, war ich fast völlig hilflos.
    »TONY! HÖR AUF! HÖR AUF!«
    Seine Hand wanderte von meiner Taille hinauf zu meinen Brüsten, und er stöhnte vor Erregung.
    »O meine Leigh, meine Leigh.«
    Ich schaffte es, den Griff seiner Hand um meine linke Hüfte zu lösen, krallte mich in seinen linken Unterarm und versuchte verzweifelt, seine Finger von meiner Brust zu lösen. Diese Heftigkeit schien ihn zu erschrecken.
    »TONY! HÖR AUF! ICH BIN ANNIE! UND DU MACHST
    GERADE ETWAS GANZ SCHRECKLICHES, ETWAS,
    DAS DU DEIN LEBEN LANG BEREUEN WIRST.«
    Endlich erreichten ihn meine Worte. Er erstarrte plötzlich.
    Um meinen Widerwillen noch deutlicher zu machen, beugte ich mich vor und drückte mit beiden Händen gegen seine Brust, um ihn wegzuschieben. Diese Anstrengung kostete mich meine letzte Kraft, und ich fiel erschöpft in die Kissen zurück.
    »Was?« sagte er, als würde er Stimmen vernehmen, die ich nicht hören konnte. »Was?«
    »Geh weg«, stieß ich hervor. »Geh weg. Laß mich allein.«
    »Was?« Er wandte sich um und starrte in die dunkelste Ecke des Zimmers. Sah er dort jemanden? Rief ihn einer von Rye Whiskeys Geistern? Vielleicht war es der Geist meiner Urgroßmutter oder auch der Geist meiner Großmutter, der von ihm verlangte, mich in Frieden zu lassen. »O mein Gott«, murmelte er schließlich. »O mein Gott.«
    Er stand auf und starrte mich an. Ich wartete mit pochendem Herzen. Was passierte in diesem verwirrten und gequälten Gehirn? War er auf dem Weg zurück in die Wirklichkeit, oder schlug er gerade einen anderen Pfad in dem Labyrinth seiner Verrücktheit ein, an dessen Ende er sich wieder in meinem Bett befinden würde?
    »Ich… es tut mir leid«, flüsterte er. »Oh, es tut mir so schrecklich leid.« Er bückte sich und hob seinen Morgenmantel auf. Hastig zog er ihn an und wickelte ihn fest um seinen Körper. Ich sah ihm zu, ohne etwas zu sagen, denn ich hatte Angst, daß der Klang meiner Stimme ihn wieder in seine Wahnwelt zurückversetzen könnte. »Ich… Ich muß jetzt… muß jetzt gehen«, stammelte er. »Gute Nacht.«
    Ich hielt den Atem an und rührte mich nicht, als er sich von meinem Bett entfernte und zur Tür hinausging. Dann war er fort, aber mein Herz hörte nicht auf zu rasen. Ich hatte Angst, er könnte zurückkehren, und war doch zu schwach und erschöpft, um mein Bett zu verlassen und aus meinem Zimmer hinauszukriechen.
    Ich schwitzte so sehr, daß mir das Nachthemd an der Haut klebte. Ich mußte von hier fort! Ich mußte Drake oder Luke oder irgend jemanden

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