Nacht über Eden
angerufen?«
»Das hat sie nicht. Das konnte sie gar nicht. Es muß sich um einen Irrtum handeln.«
»Da ich nun einmal hier bin – kann ich sie nicht wenigstens einen Augenblick sehen?« fragte Luke.
»Der Arzt hat es verboten.«
»Warum?«
»Junger Mann, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, um Ihnen diese medizinischen Dinge zu erklären. Im Augenblick macht Annie übrigens ihre Krankengymnastik, und dabei kann sie keine Besuche empfangen.«
»In Ordnung. Ich werde hier warten.«
»Sie sind aber halsstarrig!«
Ich war nur mehr einen halben Meter von der Fensterbank entfernt. Mühsam drückte ich mich hoch und griff nach dem Fensterbrett, aber ich verfehlte es und fiel nach vorne, wobei mein Kopf gegen die Wand schlug. Einen Moment lang lag ich wie betäubt da.
»Nun gut, ich fahre wieder. Aber Sie sagen ihr, daß ich da war, ja?« Lukes Stimme klang resigniert.
»Selbstverständlich.«
»Nein«, flüsterte ich. »Nein… nein…«
Ich langte erneut nach oben, und diesesmal bekam ich das Fensterbrett zu fassen und konnte mich ans offene Fenster ziehen.
»Danke.«
Ich hörte, wie die Haustür ins Schloß fiel. Er ging weg; Luke ging weg! Tony hatte ihn vertrieben! Meine einzige Hoffnung!
Luke… ich saß jetzt auf meinen Fersen, und schaffte es, mich mit beiden Händen hochzuziehen, bis mein Gesicht auf der Höhe des Fensters war.
»LUKE!« schrie ich, so laut ich konnte. »LUKE! GEH
NICHT WEG! KOMM RAUF UND NIMM MICH MIT!
LUKE…« Ich schrie und schrie, bis mein Gesicht fast zu platzen schien und meine Arme zu schwach waren, um mich festzuhalten. Kurz bevor ich zurück auf den Boden fiel, glaubte ich Troy zu sehen, wie er vor dem Irrgarten stand und zu mir heraufblickte. Aber vielleicht hatte ich mir auch nur gewünscht, ihn zu sehen…
Ich lag mit dem Gesicht auf dem Teppich und schluchzte.
Schließlich hörte ich, wie Tony hereinkam.
»Oh, arme Annie«, sagte er. »Du bist ja aus dem Bett gefallen! Ich wußte, daß so etwas passieren würde. Ich hätte die Sicherheitsgitter am Bett festmachen müssen.«
»DU UNGEHEUER!« schrie ich. »Wie konntest du ihn nur wegschicken? Du weißt genau, wie lange ich schon darauf warte, daß er mich besucht. Du weißt, wie wichtig er für mich ist! Wie konntest du das tun? Wie konntest du nur so grausam sein? Es ist mir völlig gleichgültig, was mit dir nicht in Ordnung ist oder wie traurig und tragisch dein Leben gewesen ist! Das war bösartig, unglaublich bösartig! Ich hasse dich!
Geh und hol ihn. Sorg dafür, daß er zurückkommt. SORG
DAFÜR, DASS ER ZURÜCKKOMMT!«
Er ignorierte meinen Ausbruch, als wäre ich verrückt und er normal.
Mein Körper wurde geschüttelt von Schluchzen, als Tony seine Hände unter meine Arme schob und mich aufhob. Er trug mich zurück aufs Bett und deckte mich zu, wobei er die Decke erneut fest zwischen Matratze und Bettrahmen stopfte. Dann trat er zurück und atmete tief durch.
»Du solltest dir das selbst nicht antun, Annie. Dein Zustand verschlimmert sich dadurch nur. Versuch jetzt, dich auszuruhen. Du weißt, ich will nur das Beste für dich… das Beste für meine kleine Annie.«
»Ich bin nicht deine kleine Annie. Ich will, daß Luke zurückkommt«, stieß ich hervor. »Und Luke wird zurückkommen… er wird zurückkommen.«
»Natürlich. Du wirst gesund werden, und er wird zurückkommen. Wenn du nur besser auf mich hören würdest!
Ich würde dafür sorgen, daß du in kürzester Zeit wieder auf den Beinen bist. Aber woran dachte ich gerade? O ja, die Sicherheitsgitter für das Bett!«
Er ging hinaus und holte sie. Ich lag hilflos da, als er sie am Bett befestigte und hochklappte. Ich kam mir vor wie ein Tier, das in einem Käfig war.
»So. Jetzt brauchen wir keine Angst mehr zu haben, daß du aus dem Bett fallen könntest. Fühlst du dich jetzt sicher?«
Ich wandte mich ab, machte die Augen zu und wartete darauf, daß er das Zimmer verließ. Schließlich sah ich, daß er gegangen war, schloß wieder die Augen und stellte mir vor, ich säße in Winnerrow im Pavillon. Ich wünschte es mir so sehr! O
Luke, wärst du doch bei mir, hier an meiner Seite! Höre mein Rufen, komm und bringe mich von hier weg!
Farthy war nicht das Paradies, das verwunschene Schloß, das wir uns immer vorgestellt hatten. Es war ein furchtbares Gefängnis, dunkel und gefährlich und voller Verzweiflung. Ich hätte auf meine Mutter hören sollen… sie wußte es… sie wußte es.
Ich glaubte noch zu träumen, als ich die Augen
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