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Nacht über Eden

Nacht über Eden

Titel: Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Zementklotz. Luke ließ sich durch ein neues Mädchen ablenken und vergaß mich darüber? Ich hatte Daddy und Mammi verloren, und jetzt… jetzt sollte ich auch noch Luke verlieren? Das konnte einfach nicht wahr sein. Wenn Luke sich ablenken ließ, dann lag das nur daran, daß ich krank war und nicht bei ihm sein konnte, überlegte ich. Wenn ich erst wieder gesund und bei Kräften sein würde und zu ihm zurückkehren könnte, dann würde er rasch das Interesse an dieser Studentin verlieren. Unsere Gemeinsamkeiten konnte niemand ersetzen.
    Ich wußte, sobald wir uns das nächste Mal gegenüberstünden, würde unser Leben wieder so sein wie früher. Das wünschte ich mir. Ich war fest entschlossen, dafür zu kämpfen.
    »Ich weiß, was du jetzt denkst, Annie, aber du kannst dir nicht vorstellen, wie aufregend es für jemanden wie Luke sein kann, wenn er aus so einem langweiligen Kaff nach Harvard kommt und plötzlich ganz andere, sehr viel welterfahrenere Menschen kennenlernt. Er hat sich im Sturm erobern lassen, und das würde jedem anderen an seiner Stelle auch so gehen.
    Du darfst ihm deshalb keine Vorwürfe machen«, fügte Drake hinzu.
    Ich nickte. »Ich weiß. Ich… ich vermisse ihn einfach.« Ich konnte Drake nicht sagen, was ich in Wirklichkeit für Luke fühlte, und ich wollte nicht, daß er mir in die Augen sah.
    »Nun, wenn er nicht bald anruft oder hier auftaucht, dann werde ich ihn höchstpersönlich hierher schleppen.«
    »O nein, Drake. Er muß aus freien Stücken kommen, und nicht, weil er muß. Ich möchte nicht, daß er es als eine…
    Verpflichtung ansieht, mich zu besuchen!« Das wäre das Allerschlimmste, dachte ich. Ich hätte dann das Gefühl, als wäre ich eine Last für ihn und nicht eine Frau, die er liebte und mit der er Zusammensein wollte.
    »Natürlich. Es tut mir leid«, sagte Drake und wandte den Blick ab.
    »Armer Drake. Ich wollte dich nicht zurechtweisen.
    Entschuldige bitte.« Drake war nun alles, was mir von meiner Familie geblieben war… Drake und Tony Tatterton.
    »Oh, das macht doch nichts. Aber sage mir doch jetzt, Annie, warum du vorhin ein so sorgenvolles Gesicht gemacht hast, wenn es nicht wegen Luke war?«
    »Hilf mir, mich aufzurichten, Drake«, bat ich ihn. Er brachte mir ein Sitzkissen und stopfte es so hinter meinen Rücken, daß ich bequem saß. Dann setzte er sich wieder neben mich auf die Bettkante. »Drake, ich habe Tony gezwungen, mir zu sagen, warum er und Mammi sich entzweiten.«
    Drake nickte, ohne die Augen zu bewegen, aber auf seinen Lippen lag ein leichtes Lächeln.
    »Ich habe gewußt, daß du das tun würdest. Du bist nicht unterzukriegen, Annie. Dazu gleichst du viel zu sehr deiner Mutter. Und? Welches fürchterliche Skelett hast du aus den Schränken von Farthy herausgezerrt?«
    Ich erzählte ihm alles und versuchte dabei, Tony gegenüber fair zu sein, indem ich seine Gründe erklärte, so wie er sie mir dargelegt hatte. Während ich sprach, wurde Drakes Gesicht aschfahl. Tiefe, dunkle Schatten bildeten sich um seine Augen.
    Als ich fertig war, wandte er sich ab und sagte lange Zeit kein Wort.
    »Natürlich kann ich mich nicht mehr so deutlich an meinen Vater erinnern«, begann er. »Ich war erst fünf Jahre alt, als er ums Leben kam, aber ich weiß noch, daß ich eine wunderbare Feuerwehr hatte, ein Tatterton-Spielzeug, das Heaven mir geschenkt hatte. Und immer, wenn mein Vater beobachtete, daß ich damit spielte, sah er ganz traurig aus.
    ›Du weißt, wer dir das geschenkt hat?‹ fragte er dann.
    ›Heaven‹, antwortete ich jedesmal. Ich hatte selbstverständlich vergessen, wer sie war und wie sie aussah, aber der Name war hängengeblieben, weil mein Vater dann immer sagte: ›Ja, Heaven, deine Schwester.‹ Und dann lächelte er. Zweifellos hat Tony etwas sehr Schlimmes getan, aber du hast recht, wenn du sagst, daß mein Vater mitschuldig daran ist, denn er opferte seine Tochter für einen Zirkus.
    Ich glaube, daß die Zeit gekommen ist, Tony zu verzeihen, Annie. Ich habe Heaven fast so sehr geliebt wie du, und ich glaube nicht, daß sie uns deswegen hassen würde.«
    Heiße Tränen brannten auf meinen Wangen. Ich konnte nur nicken. Er wischte meine Tränen weg und nahm mich in die Arme.
    »Also dann«, sagte er und erhob sich hastig. »Ich sollte mich jetzt wirklich auf den Weg machen. Ich werde morgen gegen Abend zurückkommen. Ich bringe dir alles direkt hierher.«
    »Bitte, sag Mrs. Avery, Roland und Gerald viele Grüße. Und noch etwas

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