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Nacht über Eden

Nacht über Eden

Titel: Nacht über Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Blutdruckmeßgerät zu bringen. Mühsam richtete ich mich auf.
    Ich hatte tief geschlafen, aber ich fühlte mich alles andere als erfrischt, und mein Rücken war ganz steif.
    »Ich bin ein bißchen müde«, gab ich zu. In Wirklichkeit war ich völlig erschöpft und ausgelaugt, aber ich wollte unbedingt, daß mir der Arzt erlaubte, ein Telefon im Zimmer zu haben und Besucher zu empfangen.
    »Soso.« Er schlang die Manschette des Blutdruckmeßgeräts um meinen Oberarm. »Hat sie denn ordentlich gegessen, Mrs.
    Broadfield?« fragte er, ohne seinen prüfenden Blick von mir abzuwenden. Seine Augen sahen aus wie kleine Mikroskope, die auf mein Gesicht gerichtet waren.
    »Sie ißt nicht so, wie ich es gerne hätte, Herr Doktor«, erwiderte Mrs. Broadfield. Sie klang wie ein Schulmädchen, das ein anderes beim Lehrer verpetzte.
    Der Arzt setzte eine tadelnde Miene auf und schüttelte den Kopf.
    »Ich hab noch immer keinen richtigen Appetit«, brachte ich zu meiner Verteidigung vor.
    »Ich weiß, aber Sie müssen sich zusammennehmen, damit Sie wieder zu Kräften kommen… Ruhen Sie sich denn auch genug aus, Annie? Sie sehen nicht sehr erholt aus.« Ich warf Tony einen kurzen Blick zu. Er sah schuldbewußt zu Boden.
    »Ich tue mein Bestes.«
    »Sie hat doch noch keine Besucher empfangen oder sich sonst irgendwie angestrengt, hoffe ich?« fragte Dr. Malisoff Mrs. Broadfield.
    »Ich habe versucht, dafür zu sorgen, daß sie Ruhe hält«, erwiderte sie ausweichend. Warum nahm sie nur alles so persönlich? fragte ich mich. Hatte sie Angst, sie könnte genauso schnell entlassen werden wie Millie?
    »Ich verstehe.« Der Arzt untersuchte meine Beine, testete meine Reflexe und Reaktionen, schaute mir mit einer kleinen Taschenlampe in die Augen und schüttelte dann wieder den Kopf. »Bei meinem nächsten Besuch will ich aber bessere Fortschritte sehen, Annie. Ich möchte, daß sie sich stärker auf Ihre Genesung konzentrieren.«
    »Aber das tue ich doch!« protestierte ich. »Ich habe ja nicht einmal ein Telefon. Das einzige, was ich tun kann, ist fernsehen und lesen. Außer Tony, Drake und Rye Whiskey, dem Koch, hat mich noch niemand besucht.« Ich konnte den schrillen Ton in meiner Stimme nicht unterdrücken.
    »Ich sehe, daß Sie sich in einem sehr erregten psychischen Zustand befinden«, sagte der Arzt sanft. »Aber Sie wurden hierher gebracht, damit Sie sich in einer freundlichen und ruhigen Umgebung befinden, die Ihrer Genesung förderlich ist.
    Denken Sie an Ihre Gesundheit, stellen Sie sich vor, daß Sie wieder herumlaufen können, konzentrieren Sie sich ganz darauf und tun Sie was Mrs. Broadfield Ihnen sagt.
    Einverstanden?« Ich nickte, und er lächelte. Sein rotbrauner Schnurrbart kräuselte sich in den Mundwinkeln. Ich erzählte ihm nichts von den Schmerzen, die ich in meinen Beinen gespürt hatte. Schließlich gab es noch etwas weitaus Wichtigeres, was ich unbedingt loswerden mußte.
    »Herr Doktor…« Ich stützte mich mit den Händen im Bett ab und setzte mich auf. »Ich möchte so gerne zum Grab meiner Eltern gebracht werden. Ich fühle mich jetzt stark genug dafür, und ich kann mich nicht auf meine Genesung konzentrieren, ehe ich nicht dortgewesen bin.« Ich wollte nicht dickköpfig und unkooperativ erscheinen, doch ich war fest davon überzeugt, daß dies der Wahrheit entsprach.
    Der Arzt betrachtete mich einen Augenblick lang nachdenklich; dann sah er zu Tony hinüber. Ich beobachtete, wie sich ihre Blicke trafen und der Arzt leicht mit dem Kopf nickte.
    »In Ordnung«, sagte er. »Noch ein Tag Ruhe, und dann kann Mr. Tatterton Sie dorthin bringen, aber ich möchte, daß Sie danach sofort wieder hierher zurückkommen und ein Beruhigungsmittel einnehmen«, fügte er hinzu, nachdem er erneut einen Blick mit Tony gewechselt hatte.
    »Vielen Dank, Herr Doktor.«
    »Und versuchen Sie zu essen. Sie werden überrascht sein, wieviel Energie ein genesender Körper braucht.«
    »Ich will es versuchen.«
    »Nächste Woche um diese Zeit will ich sehen, wie sich diese Zehen hier bewegen, und ich möchte, daß Sie kichern, wenn ich Sie an den Fußsohlen kitzle. Einverstanden?« Er fuchtelte mit seinem langen Zeigefinger in der Luft herum wie ein Vater, der sein Kind zurechtweist.
    »Ja.« Ich lächelte und legte mich wieder zurück. Dr. Malisoff nickte und verließ das Zimmer, flankiert von Mrs. Broadfield und Tony. Ich hörte, wie die drei sich vor der Schlafzimmertür im Flüsterton über mich unterhielten. Diese Besprechung

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