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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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ausgezeichnet war.
Sie hatten so lange nichts anderes getan als zu marschieren, daß sich eine ganze Menge Energie aufgestaut hatte. Die entlud sich jetzt. Sie arbeiteten mit einem Eifer, der auf die Hie- sigen ansteckend wirkte. Den Stadtbewohnern gefiel es offenbar, an einer Aufgabe mitzuar- beiten, die die vereinten Anstrengungen von Tausenden erforderte. Die Nachdenklicheren unter ihnen erwähnten, daß Juniper seit Generationen schon keine größeren Gemeindearbeiten mehr angesetzt hatte. Jemand meinte, das sei der Grund, warum die Stadt vor die Hunde ge- gangen wäre. Er glaubte, daß die Schwarze Schar und ihr Angriff auf die Schwarze Burg ein großartiges Heilmittel für ein im Sterben liegendes Staatswesen darstellten. Allerdings war dies nicht die Ansicht der Mehrheit. Ganz besonders muckten Candys Ge- fangene dagegen auf, als Arbeitstrupp eingesetzt zu werden. Sie stellten ein großes Un- ruhepotential dar.
Man hat mir schon gesagt, daß ich stets auf die finstere Seite des Morgen blicke. Gut mög- lich. Auf diese Weise wird man wahrscheinlich weniger enttäuscht. Die Aufregung, die ich erwartete, stellte sich tagelang nicht ein. Die Burgwesen schienen ihr Loch hinter sich zugeschüttet zu haben. Wir ließen mit dem Tempo leicht nach und arbeiteten nicht mehr so, als ob alles vor dem morgigen Tag erledigt werden mußte. Der Leutnant vollendete die Belagerungsanlagen, einschließlich des hinteren Hanges, wobei er eine Schleife um Einauges Ausgrabung zog. Er schlug dann eine Bresche in den Frontwall und begann seine Rampe zu bauen. Viele Abschirmungen verwendete er dabei nicht, denn er hatte sie so entworfen, daß sie ihren eigenen Schild darstellte. An unserem Ende stieg sie steil mit Stufen auf, die aus dem Mauerwerk der zerstörten Häuser errichtet worden waren. Die Arbeitstrupps in der Stadt rissen mittlerweile die Gebäude ab, die dem Feuer von Feders Ab- sturz zum Opfer gefallen waren. Sie gaben mehr Materialien her, als wir für die Belagerung überhaupt gebrauchen konnten. Candys Gruppe legte das beste davon auf die Seite, damit es für den Aufbau neuer Häuser auf den freigeräumten Grundstücken verwendet werden konnte. Die Rampe sollte soweit aufsteigen, bis sie die Burg um zwanzig Fuß überragte, dann würde sie sich auf die Mauer herabsenken. Die Arbeiten schritten schneller voran, als ich es erwartet hatte. Das gleiche traf auch auf Einauges Tunnel zu. Er hatte eine Kombination von Zauber- sprüchen entdeckt, die das Gestein für eine leichte Bearbeitung hinreichend aufweichte. Bald schon erreichte er eine Stelle unterhalb der Burg. Dann stieß er auf das obsidianähnliche Material. Und kam nicht weiter. Also breitete er sich zu den Seiten aus.
Der Hauptmann zeigte sich persönlich bei uns. Ich hatte mich schon gefragt, was er eigent- lich machte. Und fragte es ihn.
»Ich denke mir Mittel und Wege aus, um die Leute beschäftigt zu halten«, sagte er. Er schlenderte ziellos hin und her. Wenn wir nicht darauf achteten, stellten wir fest, daß wir in irgendeine Richtung liefen, nachdem er eine plötzliche Kehrtwendung gemacht hatte und ir- gend etwas scheinbar völlig Unwichtiges in Augenschein nahm. »Die verdammte Wisper macht mich zum reinsten Militärgouverneur.« »Ääh?«
»Was ist denn, Croaker?«
    »Ich bin der Chronist, schon vergessen? Ich muß das alles irgendwo aufschreiben.«
Er runzelte die Stirn und musterte ein Wasserfaß, das wir für die Tiere zur Seite gestellt hat- ten. Wasser war ein Problem. Wir mußten eine ganze Menge heraufschaffen, um das wenige aufzustocken, das wir während gelegentlicher Regenschauer auffingen. »Sie läßt mich die Stadt verwalten. Ich mache Sachen, die der Herzog und die Stadtväter tun sollten.« Er trat einen Stein los und schwieg, bis er zum Stillstand kam. »Damit komme ich vermutlich klar. Es gibt in der Stadt keinen mehr, der nicht arbeitet. Kriegen zwar nirgends mehr als den Min- destlohn für ihren Unterhalt, aber sie arbeiten. Bei mir stehen sogar Leute Schlange mit Pro- jekten, die sie erledigt haben wollen, solange wir die Leute noch zum Arbeiten bekommen. Die Wächter treiben mich noch zum Wahnsinn. Kann ihnen ja auch nicht sagen, daß ihre gan- zen Säuberungsaktionen vielleicht sinnlos sind.« Ich fing einen sonderbaren Unterton auf. Er unterstrich eigentlich nur ein Gefühl, das ich schon gehabt hatte, daß er über die Ereignisse niedergeschlagen war. »Warum das?« Er sah sich kurz um. Keine Eingeborenen in Hörweite.

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