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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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Existenz der Reinkarnation der Weißen Rose wußten. Und ich war mir sicher, daß, sobald wir das Reich verlassen hatten, entweder Schweiger oder ich das Geheimnis lüften würden. Natürlich wußte die Lady nicht, daß wir Bescheid wußten. »Dies Geplapper führt zu nichts«, sagte der Hauptmann.
    »Ich will nicht mehr darüber reden.«
»Wie du willst. Sag mir, was wir hier machen werden.« »Heute nacht trifft die Lady hier ein. Sobald die Auspizien günstig sind, beginnen wir mit dem Angriff, sagt Wisper.«
Ich blickte kurz zur Schwarzen Burg hinüber. »Nein«, sagte er. »Leicht wird das nicht. Vielleicht ist es trotz der Hilfe der Lady nicht ein- mal möglich.«
»Wenn sie nach mir fragt, sag ihr, daß ich tot bin. Oder so was Ähnliches«, sagte ich. Das zauberte ein Lächeln hervor. »Aber Croaker, sie ist doch deine…« »Raven«, stieß ich hervor. »Ich weiß Dinge über ihn, die uns alle das Leben kosten können. Schweiger auch. Schaff ihn aus Duretile heraus, bevor sie hier eintrifft. Keiner von uns will dem Auge gegenüberstehen.«
»Das will ich auch nicht. Weil ich weiß, daß du etwas weißt. Wir werden Risiken eingehen müssen, Croaker.«
»Stimmt. Also bring sie bloß nicht auf Ideen.« »Ich denk mal, daß sie dich schon lange vergessen hat, Croaker. Du bist nur noch ein Soldat unter vielen.«

ACHTUNDDREISSIGSTES KAPITEL
Juniper: Der Sturm
    Die Lady hatte mich nicht vergessen. Nicht im geringsten. Kurz nach Mitternacht rüttelte mich ein grimmig blickender Elmo wach. »Wisper ist hier. Will dich sehen, Croaker.« »Hä?« Ich hatte nichts getan, um ihren Zorn zu erregen. Seit Wochen schon nicht mehr. »Du sollst rüber nach Duretile kommen. Sie will dich sprechen. Wisper ist hier, um dich hi- nüberzubringen.«
Habt ihr schon mal einen erwachsenen Mann in Ohnmacht fallen sehen? Ich nicht. Aber ich war nahe dran. Vielleicht stand ich auch kurz davor, einen Schlaganfall zu bekommen. Zwei Minuten lang war mir schwindelig, und ich konnte nicht klar denken. Mein Herz pochte. Mei- ne Eingeweide schmerzten vor Angst. Ich wußte, daß sie mich zu einer Sitzung mit dem Auge schleifen würde, das jedes Geheimnis erkennt, das im Verstand eines Menschen begraben liegt. Und doch konnte ich nichts tun, um mich ihr zu entziehen. Zum Wegrennen war es zu spät. Ich wünschte mir, ich hätte gemeinsam mit Pfandleiher das Schiff nach Meadenvil be- stiegen.
Mit dem Schritt eines Mannes auf dem Weg zum Galgen begab ich mich zu Wispers Tep- pich, setzte mich hinter sie und versank tief in Gedanken, als wir aufstiegen und durch die kühle Nacht nach Duretile flogen.
Als wir den Port überflogen, rief Wisper über die Schulter: »Du mußt damals einen respek- tablen Eindruck hinterlassen haben, Wundarzt. Du warst der erste, nach dem sie gefragt hat, als sie hier eintraf.«
Ich brachte genügend Geistesgegenwart auf, um »Warum?« zu fragen. »Ich vermute, weil sie wieder ihre Geschichte aufgezeichnet haben will. Wie damals bei der Schlacht von Charm.«
Erschrocken schaute ich von meinen Händen auf. Wie hatte sie davon erfahren? Ich hatte mir immer vorgestellt, daß die Lady und die Unterworfenen kaum miteinander sprachen. Was sie sagte, traf zu. Während der Schlacht von Charm hatte die Lady mich dauernd im Schlepptau, damit die Ereignisse dieses Tages wahrheitsgemäß verzeichnet werden würden. Und sie bestand nicht auf Sonderbehandlung. Im Gegenteil, sie beharrte darauf, daß ich die Dinge so aufschrieb, wie ich sie sah. Ich hatte dabei die allerleiseste Ahnung, daß sie irgend- wann mit ihrem Sturz rechnete, und sobald das geschah, erwartete sie Schmähungen durch die Historiker. Sie wollte, daß eine unparteiische Aufzeichnung existierte. Ich hatte schon jahre- lang nicht mehr daran gedacht. Es gehörte zu den auffälligeren Absonderlichkeiten, die ich an ihr festgestellt hatte. Es war ihr egal, was die Menschen von ihr hielten, aber sie hatte Angst, daß die Geschichtsschreibung verzerrt werden würde, um fremden Zwecken zu dienen. Aus diesen Überlegungen erhob sich ein winziger Hoffnungsschimmer. Vielleicht wollte sie ja tatsächlich eine weitere Aufzeichnung. Vielleicht konnte ich die Sache tatsächlich überste- hen. Wenn ich genug Geistesgegenwart besaß, das Auge zu vermeiden.

Als wir auf Duretiles Nordmauer landeten, wartete der Hauptmann auf uns. Ein Blick auf die
geparkten Teppiche sagte mir, daß sämtliche Unterworfene anwesend waren. Selbst Journey, von dem ich angenommen hätte, daß er im

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