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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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hatten. Diesmal war jedoch kein Un- terworfener in der Luft, der auf sie herabstieß und ihnen einheizte.
    Jedenfalls nicht, bis der blöde Journey, der furchtbar mitgenommen aussah, am Lazarett vor-
beirannte und sich den Teppich des Hinkers unter den Nagel riß. Ich war der Ansicht gewesen, daß ein Unterworfener nicht das Fluggerät eines anderen be- nutzen konnte. Dem war offenbar nicht so, denn Journey brachte das Ding in die Luft und griff wieder die Burg an, warf Staub und ein weiteres Feuerei ab. Die Burg drosch ihn wieder vom Himmel, trotz des Tumultes hörte ich den Hinker wütend aufbrüllen und ihn für seine Tat verfluchen.
Schon mal gesehen, wie ein Kind einen geraden Strich zieht? Der ist nicht allzu gerade. Et- was, das wie eine Kinderhand bebte, zog eine wackelige Linie von Duretile bis zur Schwarzen Burg. Sie zeichnete sich wie eine unmögliche Wäscheschnur gegen die Nacht ab, wackelte, leuchtete flackernd in einer unbestimmbaren Farbe. Die Spitze schlug Funken aus dem Obsi- dian wie beim Zusammenschlagen von Feuerstein und Stahl, nur zehntausendfach verstärkt, und erzeugte ein elektrisches Gleißen, das zu durchdringend war, als daß man es direkt hätte ansehen können. Der gesamte Hang wurde in zuckendes bläuliches Licht getaucht. Ich legte meine Instrumente beiseite und trat hinaus, um besser sehen zu können, denn tief in meinem Inneren wußte ich, daß die Lady das andere Ende dieses wabernden Striches führte und nun erstmals selbst in den Kampf eingriff. Sie war die Größte, die Mächtigste, und wenn die Burg überhaupt geschleift werden konnte, dann war ihr die Macht zu eigen, dies zu voll- bringen.
Der Leutnant mußte abgelenkt gewesen sein. Einige Sekunden lang ließen seine Salven nach. Ein halbes Dutzend Burgwesen mit je zwei oder drei Leichen dabei hasteten die Stufen hinauf. Eine Schar ihrer Gefährten warf sich dem Hinker entgegen, der ihnen dicht auf den Fersen war. Nach meiner Schätzung schafften sie zwölf Leichen hinein. Aus einigen mochte der Lebensfunke noch nicht ganz gewichen sein. Brocken, die in jenem grellen Licht erstrahlten, flogen aus der Burg, wo die Schnur der Lady sie berührte. Dünne rote Risse tauchten auf dem Schwarz auf und breiteten sich langsam aus. Die Kreaturen, die die Geräte zusammensetzten, zogen sich zurück und wurden von anderen abgelöst, die die Wirkungen des Angriffs der Lady abzuschwächen versuchten. Damit hatten sie kein Glück. Einige wurden von den Geschossen des Leutnants heruntergefegt. Der Hinker erreichte die oberste Stufe und blieb stehen, umsäumt vom Licht eines immer noch brennenden Burgabschnitts. Er hob das Schwert. Ein riesiger Zwerg, wenn ich das so sagen darf. Er ist ein Winzling, aber in diesem Augenblick ragte er gewaltig auf. Er bellte: »Folgt mir!« und stürmte die Rampe hinunter. Zu meinem immerwährenden Erstaunen folgten ihm Männer. Hunderte von Männern. Ich sah, wie Elmo und der Rest seiner Kompanie brüllend hinaufstürmten und dann in der Burg verschwanden. Sogar mehrere Dutzend mutige Stadtbewohner schlössen sich an. Vor kurzem war ein Teil der Geschichte des Marron Shed bekannt geworden, ohne daß Na- men genannt worden waren, aber es war sehr betont worden, welchen Reichtum er und Raven angesammelt hatten. Offensichtlich war die Geschichte für eben diesen Augenblick ausge- streut worden, in dem ein gewaltiger Menschenansturm benötigt wurde, um die Burg zu un- terwerfen. In den folgenden Minuten führte der Lockruf des Goldes etliche Männer des Stie- fels diese Stufen hinauf.
Auf der anderen Seite der Burg erreichte Wisper Einauges Lager. Einauge und seine Männer
    hatten sich natürlich unter Waffen bereitgehalten, aber noch nicht am Kampf teilgenommen.
Sobald er die Gewißheit hatte, daß man die Substanz der Burg nicht umgehen oder sie aufbre- chen konnte, hatte er seine Tunnelarbeiten ruhen lassen. Wisper brachte ein Feuerei mit und stellte es gegen den Obsidian, das durch Einauges Gra- bungen freigelegt worden war. Sie zündete das Ei und ließ es am Bauch der Festung nagen. Später erfuhr ich, daß dieser Plan schon einige Zeit bestanden hatte. Sie hatte einige Flug- kunststücke vollführt, um ihren zerschundenen Teppich in Einauges Nähe abzusetzen, damit sie ihn durchführen konnte.
Als ich sah, wie die Männer in die Burg stürmten, wie die verlassenen Mauern von der Lady abgerissen wurden und wie die Flammen ungehindert wüteten, kam ich zu dem Schluß, daß die Schlacht von uns gewonnen und bis

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