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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper
Autoren: Glen Cook
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daß er in das Gräberland gegan- gen sei, um zu verhindern, was dann doch geschah. Damals glaubte ihr niemand. Sie be- hauptete, daß er den wahren Namen der Lady gekannt hatte und ihn gegen sie einsetzen woll- te, bevor sie sich freizappeln konnte.
Schweiger, Einauge und Goblin würden sagen, daß die größte Angst eines Zauberers darin besteht, daß ein Außenseiter seinen wahren Namen erfährt. Bomanz’ Frau behauptete, daß der Name der Lady verschlüsselt Eingang in die Papiere ihres Mannes gefunden hätte. Papiere, die in jener Nacht verschwanden. Papiere, die Jahrzehnte später in meinen Besitz gelangten. Was Raven an sich gebracht hatte, stellte vielleicht den einzigen Hebel dar, mit dem man das Reich in die Knie zwingen konnte.
Zurück zum Gräberland in seinen Jugendjahren. Beeindruckende Konstruktion. Die Wetter- seiten waren mit Kalksandstein abgeschirmt. Der Wassergraben war breit und blau. Die Land- schaft drumherum glich einem Park… Aber die Angst vor dem Dominator ließ nach, und ebenso die Wachsamkeit. Ein späteres Gemälde aus Bomanz’ Zeit zeigt eine verwilderte Ge- gend, die Wetterdämme verfallen und den Wassergraben versumpft. Heute könnte man mit bloßem Auge nicht einmal mehr sagen, wo sich der Graben befunden hat. Die Steine sind unter dem Gebüsch verschwunden. Die Erhebungen und die Hügelgräber sind nur noch Buk- kel in der Landschaft. Der Teil des großen Grabes, wo der Dominator liegt, ist noch in eini- germaßen gutem Zustand, ist aber ebenfalls mit dichtem Gestrüpp überwachsen. Einige Feti- sche, die die Zauberbanne verankern, an denen seine Freunde nicht vorbei können, stehen immer noch, aber die Witterung hat ihre Züge ausgelöscht. Der Rand des Gräberlandes ist jetzt mit Pflöcken abgesteckt, an denen rote Flaggen wehen. Sie wurden dort aufgestellt, als die Lady ankündigte, daß sie Außenseiter zu Untersuchungen herschicken würde. Die Gardisten selbst, die schon immer hier gelebt haben, brauchen keine Warnzeichen.
Mir gefielen die anderthalb Monate in diesem Ort. Ich gab mich ganz meiner Neugier hin und bemerkte, daß Feder und Wisper sich bemerkenswert zugänglich zeigten. Auf die alten Unterworfenen hatte das nicht zugetroffen. Der Befehlshaber der Garde, sein Titel lautet
    Wachwart, prahlte ebenfalls über die Vergangenheit seines Kommandopostens, die ebenso
weit zurückreicht wie die der Schar. Über zahlreichen Gallonen Bier tauschten wir Lügen und Geschichten aus.
In der fünften Woche entdeckte jemand etwas. Wir erfuhren natürlich nichts Genaues, aber die Unterworfenen wurden munter. Wisper brachte weitere Männer der Schar heran. Die Ver- stärkungen erzählten grauenhafte Geschichten über die Schreckenssteppe und die Leeren Hü- gel. Mittlerweile war die Schar bis Lords gekommen, das nur fünfhundert Meilen entfernt lag. Am Ende der sechsten Woche rief Wisper uns zusammen und kündigte eine weitere Verle- gung an. »Die Lady will, daß ich einige von euch nach Westen bringe. Einen Trupp von fünf- undzwanzig Mann. Elmo, du hast den Befehl. Feder und ich, einige Experten und mehrere Sprachenkenner werden euch begleiten. Ja, Croaker. Du bist auch dabei. Ihrem Lieb- lingsamateurhistoriker würde sie doch nichts vorenthalten, oder?« Ein Schauer der Furcht. Ich wollte nicht, daß sie wieder Interesse an mir entwickelte. »Wohin geht es?« fragte Elmo. Durch und durch professionell, der Hurensohn. Kein Wort der Klage.
»Zu einer Stadt namens Juniper. Weit hinter den Westgrenzen des Reiches. Irgendwie hängt sie mit dem Gräberland zusammen. Sie liegt auch hoch im Norden. Geht davon aus, daß es kalt ist, und bereitet euch entsprechend vor.« Juniper? Noch nie davon gehört. Auch die anderen nicht. Nicht einmal der Wachwart. Ich durchstöberte seine Landkarten, bis ich eine fand, auf der die Westküste abgebildet war. Juni- per lag wirklich weit im Norden, beinahe schon dort, wo das Eis das ganze Jahr lang hält. Ei- ne große Stadt. Ich fragte mich, wie sie dort wohl existieren konnte, wo es doch die ganze Zeit frostkalt war. Ich fragte Wisper danach. Sie schien etwas über den Ort zu wissen. Sie sagte, daß Juniper in der Nähe eines Meeresstroms liegt, der warmes Wasser nach Norden führt. Sie sagte auch, daß die Stadt sehr eigenartig sei – laut Feder, die schon einmal dort ge- wesen war.
Als nächstes, nur Stunden vor unserem Aufbruch, nahm ich mir Feder vor. Sie konnte mir auch nicht viel mehr sagen, nur daß Juniper die Domäne eines gewissen Herzog
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