Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
Vom Netzwerk:
ankauften. Die Zuverlässigkeit dieser Ge- rüchte ist immer noch Thema hitziger Debatten innerhalb des Amtes. Allerdings kann nicht bestritten werden, daß wir in letzter Zeit nicht genug Leichen aus dem Stiefel bekommen. Unsere Straßenpatrouillen sammeln weniger ein, als es vor zehn Jahren der Fall war. Die Zei- ten sind schlechter geworden. Die Zahl der auf der Straße lebenden Armen ist gestiegen. Es sollten eigentlich mehr erfrieren.«
Ein echtes Herzchen, dieser Hargadon. Er klang wie ein Handwerker, der über rückläufige Profitmargen jammert.
Er fuhr fort: »Man hat die Hypothese aufgestellt, daß die Burg es bald nicht mehr nötig ha- ben wird, Leichen anzukaufen – falls es sich überhaupt so verhält. Ich bin nicht davon über- zeugt.« Ging auch gleich beide Seiten einer Frage an. Guter Junge. »Die Einwohner könnten zahlreich genug werden, daß sie sich nehmen, was sie brauchen.« Elmo fragte: »Wenn Ihr glaubt, daß Leichen verkauft werden, warum schnappt Ihr Euch nicht die Leute und bringt sie zum Reden?« Es war Zeit für den Auftritt des Polizisten. Bullock sagte: »Wir kriegen sie nicht zu fassen.« Er hatte diesen Ton, der besagte: Wenn man mich nur machen ließe. »Die Dinge ereignen sich unten im Stiefelviertel, verstehst du. Das da unten ist eine andere Welt. Man findet nicht viel raus, wenn man nicht dazugehört.«
Wisper und Feder standen etwas abseits und musterten die schwarze Burg. Ihre Mienen wa- ren finster.
Der Herzog wollte etwas ohne Gegenleistung bekommen. Im wesentlichen wollte er sich keine Sorgen mehr um diese Festung machen müssen. Er sagte, daß wir tun konnten, was immer auch nötig war, um sein Problem zu beseitigen. Wir würden es nur auf seine Weise tun müssen. Zum Beispiel wollte er, daß wir in Duretile blieben, während seine und Hargadons Männer als unsere Augen, Ohren und Hände tätig waren. Er fürchtete sich vor möglichen Gewalttätigkeiten, die das Bekanntwerden unserer Anwesenheit auslösen mochte. Nach ihrer Niederlage bei Charm waren einige Rebellen nach Juniper geflüchtet. Man kann- te die Lady hier, machte sich über sie aber nur wenig Gedanken. Der Herzog befürchtete, daß die Flüchtlinge Unruhe stiften würden, falls man ihn der Kollaboration verdächtigte. In gewisser Weise war er der ideale Herrscher. Alles, was er von seinem Volk wollte, war, daß es ihn in Ruhe ließ. Dafür war er bereit, ihm den gleichen Gefallen zu erweisen. Also hielten wir uns eine Zeitlang bedeckt – bis Wisper sich über die Informationen aufzu- regen begann, die man uns zukommen ließ. Sie waren gefiltert, bereinigt, und daher waren sie nutzlos. Wisper trieb den Herzog in die Enge und setzte ihn davon in Kenntnis, daß ihre Männer fortan seine Männer begleiten wür- den.
    Er widersetzte sich ihr sogar einige Minuten lang. Der Kampf war erbittert. Sie drohte ihm
mit Rückzug, dann könne er sehen, wo er bliebe. Schierer Bluff. Sie und Feder hegten außer- ordentliches Interesse an der schwarzen Burg. Man hätte sie nicht einmal mit Waffengewalt aus Juniper verjagen können.
Nachdem der Herzog gekuscht hatte, waren die Wächter an der Reihe. Bullock klammerte sich starrsinnig und eifersüchtig an seine Vorrechte. Ich weiß nicht, wie sie ihn umdrehte. Darüber sprach er nur sehr ungern.
Während seiner Erkundungsgänge begleitete ich ihn, hauptsächlich deshalb, weil ich die Sprache rasch erlernte. Dort unten beachtete mich niemand. Auf ihn achtete man sehr wohl. Er war eine wandernde Schreckensgestalt. Die Menschen gingen auf die andere Straßenseite, um ihm aus dem Weg zu bleiben. Ich schätze, daß er wohl einen schlechten Ruf hatte.
Dann trafen Neuigkeiten ein, die wundersamerweise sämtliche Hindernisse beseitigten, die der Herzog und die Wächter uns in den Weg gelegt hatten. »Schon gehört?« fragte Elmo. »Jemand ist in ihre kostbaren Katakomben eingebrochen. Bullock schäumt vor Wut. Sein Chef kriegt schon Dünnschiß vor Zorn.« Ich versuchte, das zu verdauen und schaffte es nicht. »Ein paar Einzelheiten, wenn’s gefällig ist.« Elmo neigt zu verkürzten Aussagen. »Im Winter lassen sie zu, daß die Armen sich in die Einfriedung schleichen. Sie sammeln dort totes Holz als Feuerholz zusammen. Irgend jemand hat beschlossen, etwas mehr mitzu- nehmen. Hat einen Weg in die Katakomben gefunden. Drei oder vier Mann.« »Ich sehe immer noch nicht klar, Elmo.« Er mag es, wenn man ihn ein wenig bittet. »Also gut. Also gut. Sie sind reingegangen und haben

Weitere Kostenlose Bücher