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Nacht über Juniper

Titel: Nacht über Juniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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denen bloß auf, Kum- pel. Die ziehen dir das Fell über die Ohren.« »Ich habe meine Lektion gelernt. Na, kommt. Die Getränke gehen aufs Haus. Ich habe noch etwas Wein, den ich für einen besonderen Kunden aufbewahrt habe. Er hat die Stadt verlas- sen, und ich werde den Wein nicht mehr los.« »Ist er so schlecht?«
»Nein. So gut. Niemand kann ihn sich leisten.«
    Auch als die Seeleute zu dem Schluß gekommen waren, daß sie anderenorts noch etwas zu tun hätten, verbrachte Shed den gesamten Abend damit, an dem Wein zu nippen. Jedesmal, wenn ihm Gilberts Reaktion auf den Ring wieder einfiel, breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. »Muß jetzt vorsichtig sein«, brummte er. »Er ist genauso verrückt wie Krage.« Mit der Zeit verflüchtigte sich das Hochgefühl. Die Angst löste es ab. Allem, was Gilbert tat, würde er sich allein stellen müssen, und unter der Patina, die Raven und ein paar eigene Geschäfte hinterlassen hatten, war er immer noch derselbe alte Shed.
    »Sollte den Schweinehund den Hügel hinaufschaffen«, brummte er in seinen Becher. Dann:
»Verdammt! Ich bin schon genauso übel wie Raven. Schlimmer noch. Raven hat sie nie le- bend abgeliefert. Frage mich, was der Hurensohn jetzt so treibt, mit seinem schicken kleinen Schiffchen und seiner kleinen geilen Schlampe?« Er arbeitete sich auf einen gewaltigen Vollrausch zu und in ein ebenso gewaltiges Selbstmit- leid hinein.
Der letzte Gast suchte sein Bett auf. Der letzte Laufkunde ging nach Hause. Shed blieb sit- zen, nippte an seinem Wein und starrte Lisa böse an. Aus irgendeinem Grund, den er nicht benennen konnte, war er böse auf sie. Wegen ihrem Körper, dachte er. Ein Vollweib. Aber sie wollte nicht. Zu gut für ihn. Und in letzter Zeit war sie viel zu frech. Jawohl. Sie betrachtete ihn, während sie aufräumte. Tüchtige kleine Hexe. War sogar besser als Dar- ling, die hatte zwar hart gearbeitet, hatte aber nicht die genau plazierten Bewegungen von Lisa drauf. Vielleicht verdiente sie es ja doch, das Geschäft zu führen. Er hatte das jedenfalls nicht so gut gemacht.
Er stellte auf einmal fest, daß sie ihm gegenübersaß. Er warf ihr einen bösen Blick zu. Sie rührte sich nicht. Auch noch ein ausgekochtes Mädel. Fiel auf keinen Trick herein. Hatte vor nichts Angst. Eine harte Stiefelschlampe. Irgendwann würde sie richtig Ärger machen. »Was ist los, Meister Shed?«
»Nichts.«
»Ich hab gehört, daß du Gilbert ausbezahlt hast. Den Kredit, den du auf diesen Laden hier aufgenommen hast. Wie konntest du einen Kredit auf die Lilie aufnehmen? Sie ist doch seit Urzeiten im Besitz deiner Familie.«
»Hör bloß mit diesem gefühlsduseligen Mist auf. Den glaubst du doch selbst nicht.« »Woher hattest du das Geld?«
»Vielleicht solltest du nicht so neugierig sein. Vielleicht bekommt dir diese Art Neugier nicht.« Seine Worte klangen mürrisch und hart, aber er meinte es nicht so. »In letzter Zeit hast du dich seltsam verhalten.« »Ich war verliebt.«
»Das war es aber nicht. Was ist überhaupt daraus geworden? Ich hab gehört, daß Sue ver- schwunden ist. Gilbert sagt, daß du sie kaltgemacht hast.« »Kalt – ich? Ich war doch heute erst bei ihr.« »Hast du sie gesehen?«
»Nein. Der Türhüter sagte, sie wäre nicht zu Hause. Das bedeutet, daß sie mich nicht sehen wollte. Wahrscheinlich hatte sie jemanden oben bei sich.« »Vielleicht hieß das auch nur, daß sie nicht zu Hause war.« Shed schnaubte. »Ich habe dir doch gesagt, daß ich nicht mehr über sie reden will. Verstan-
    den?«
»Sicher. Erzähl mir, woher du das Geld hast.« Shed stierte sie an. »Warum?«
»Wenn es noch mehr davon gibt, will ich einen Teil davon haben. Ich will nicht mein Leben lang im Stiefel versauern. Ich tue alles, was nötig ist, damit ich hier herauskomme.« Shed feixte.
Sie verstand ihn falsch. »Diese Stelle ist nur dazu gedacht, damit ich irgendwas habe, bis ich etwas anderes finde.«
»Das haben schon eine Million Leute vor dir gedacht, Lisa. Und sie sind in den Gassen des Stiefels erfroren.«
»Einige haben es geschafft. Ich habe nicht vor zu versagen. Woher hast du das Geld, Meister Shed?« Sie holte eine weitere Flasche von dem guten Wein. Shed hatte den undeutlichen Ge- danken, daß er mittlerweile fast alle sein mußte. Er tischte ihr den Spruch von einem stillen Teilhaber auf. »Das ist doch Käse. Ich bin lange genug hier, um das zu wissen.« »Glaub es mir lieber, Mädchen.« Er kicherte. »Wenn du mich weiter bedrängst, könntest

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