Nacht unter Tag
Inspectors frei, und man hat mir inoffiziell mitgeteilt, dass ich sie haben kann, wenn ich sie will.«
Karen wich etwas zurück und stützte sich auf einen Ellbogen. »Du gehst weg aus der Abteilung für ungelöste Fälle?«
Er seufzte. »Das werde ich müssen. Ich will doch auch mal befördert werden, und hier ist kein Platz für noch einen Inspector. Außerdem bekomme ich auf die Art dich noch dazu.« Sein Gesicht wurde angespannt und besorgt. »Wenn du das willst, natürlich nur.«
Sie wusste, wie gern er an ungelösten Fällen arbeitete. Aber ihr war auch klar, dass er ehrgeizig war. Nachdem durch ihre Beförderung seine Karrierechancen blockiert waren, hatte sie erwartet, dass er früher oder später gehen würde. Aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie in seinen Überlegungen eine Rolle spielte. »Es ist die richtige Entscheidung für dich«, meinte sie. »Es ist besser, sich schnell abzusetzen, bevor die Makrone merkt, dass er dich genauso sehr hassen sollte wie mich. Aber es wird mir fehlen, mit dir zusammenzuarbeiten.«
Er rutschte näher an sie ran und rieb die Handflächen sanft gegen ihre Brustwarzen. »Dafür werde ich dich entschädigen.«
Sie ließ ihre Hand nach unten gleiten. »Sieht so aus«, erwiderte sie. »Aber es wird eine Menge mehr nötig sein, um mich zu entschädigen.«
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Boscolata, Toskana
C arabiniere Nico Gallo zertrat die Zigarette unter dem Absatz seines glänzend polierten Stiefels und stieß sich von dem Olivenbaum ab, an den er sich gelehnt hatte. Er wischte die Rückseite seines Hemds und seiner enganliegenden Hose ab und ging den Weg hinunter, der am Olivenhain von Boscolata entlanglief.
Er hatte es satt. Hunderte von Meilen entfernt von seinem Zuhause in Kalabrien in einer Kaserne zu wohnen, die kaum besser war als eine Fischerhütte, und trotzdem bei jedem Arbeitseinsatz den beschissensten Teil zugeteilt zu bekommen. Er konnte kaum einen Tag hinter sich bringen, ohne zu bedauern, dass er sich für eine Karriere bei den Carabinieri entschieden hatte. Sein Großvater, der ihn zu seiner Wahl ermutigt hatte, hatte ihm erzählt, dass Frauen auf Männer in Uniform stehen. Das mag vielleicht zu den Zeiten des alten Mannes der Fall gewesen sein, aber heutzutage war es genau umgekehrt. Alle Frauen seines Alters, die er kennenlernte, schienen Feministinnen, Umweltschützerinnen oder Anarchistinnen zu sein. Für sie war seine Uniform eine Provokation ganz anderer Art.
Und für ihn war Boscolata nur eine weitere Hippiekommune, wo Leute ohne Respekt für die Gesellschaft wohnten. Er hätte wetten können, dass sie keine Steuern zahlten. Und er hätte wetten können, dass der Mörder, der das unbekannte Opfer in der Villa Totti auf dem Gewissen hatte, nicht weit weg war. Es war Zeitverschwendung, hier draußen in der Nacht auf Patrouille zu gehen. Wenn der Mörder seine Spur hatte verwischen wollen, hatte er Monate dafür Zeit gehabt. Und selbst jetzt, vermutete Nico, wussten alle in Boscolata, wie man in die alte Villa hineinschlüpfte, ohne dass er etwas davon mitbekam. Genau so wäre es jedenfalls, wenn dies ein Dorf im Süden unten wäre.
Noch eine Runde um den Olivenhain, dann würde er zum Auto zurückgehen und eine Tasse Espresso aus der Thermosflasche trinken, die er in weiser Voraussicht mitgebracht hatte. Dies waren die Marksteine, die es möglich machten, wach und aufmerksam zu bleiben: Kaffee, Zigaretten und Kaugummi. Wenn er an die Ecke kam, die der Villa Totti am nächsten lag, konnte er sich eine weitere Zigarette anzünden.
Als das Zischen seines Streichholzes verklang, merkte Gallo, dass noch ein anderes Geräusch in der Nachtluft lag. So weit oben auf dem Hügel war es still in der Dunkelheit, außer den Grillen, hier und da einem Nachtvogel und manchmal einem Hundebellen war nichts zu hören. Aber jetzt war die Stille von dem angestrengten Brummen eines Autos unterbrochen, das den steilen Weg heraufkam, der nach Boscolata und auf der anderen Seite weiterführte. Aber merkwürdigerweise war kein Abblendlicht zu sehen. Er konnte nur einen schwachen Lichtschimmer durch die Bäume und Hecken hindurch erkennen, als fahre das Fahrzeug mit Standlicht. Dafür konnte es seiner Meinung nach nur einen Grund geben. Der Fahrer hatte etwas vor, bei dem er unbeobachtet bleiben wollte.
Gallo warf einen bedauernden Blick auf seine Zigarette. Er hatte genug für die Nachtschicht mitgenommen, aber das hieß nicht, dass er eine verschwenden wollte. So legte er schützend
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