Nacht unter Tag
gefunden?«
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Donnerstag, 28. Juni 2007,
Edinburgh
B el lächelte. »Bevor ich die Frage beantworte, will ich ein paar Dinge klarstellen.«
Susan Charleson rollte mit den Augen. »Sie glauben doch nicht etwa, dass Sie die erste Person sind, die hier mit einer Fälschung des Lösegeldposters durch die Tür gekommen ist. Ich sage Ihnen das, was ich auch allen anderen gesagt habe. Die Belohnung ist abhängig davon, dass Sir Brodericks Enkelsohn lebend gefunden oder unwiderlegbar bewiesen wird, dass er tot ist. Und selbstverständlich müssen Catriona Maclennan Grants Mörder ihre gerechte Strafe bekommen.«
»Sie missverstehen mich«, entgegnete Bel mit boshaftem Lächeln, gab aber keinen Zoll nach. »Ms Charleson, ich habe kein Interesse an Sir Brodericks Geld. Allerdings stelle ich eine Bedingung.«
»Da bringen Sie etwas durcheinander.« Susan Charleson hatte jetzt einen scharfen Ton angeschlagen. »Es geht hier um eine Angelegenheit der Polizei. Sie sind nicht berechtigt, Bedingungen zu stellen.«
Bel legte energisch eine Hand auf das Poster. »Ich könnte jetzt mit diesem Poster weggehen und vergessen, dass ich es je gesehen habe. Es würde mir nicht sehr schwerfallen, die Polizei anzulügen. Schließlich bin ich Journalistin.« Es begann, sie sehr viel mehr zu amüsieren, als sie vorausgesehen hatte. »Ihre Aussage steht gegen meine, Ms Charleson. Und ich weiß, Sie wollen nicht, dass ich einfach weggehe. Eine der Fertigkeiten, die ein erfolgreicher Journalist lernen muss, ist, Menschen zu durchschauen. Und ich habe bemerkt, wie Sie reagiert haben, als Sie das hier sahen. Sie wissen, dass es echt ist, keine Fälschung.«
»Sie klingen recht aggressiv«, erwiderte Susan Charleson fast lässig.
»Ich würde es eher bestimmt nennen. Aber ich bin nicht hierhergekommen, um mich mit Ihnen zu streiten, Ms Charleson, sondern will nur helfen. Aber nicht gratis. Meiner Erfahrung nach schätzen reiche Leute Dinge nicht, für die sie nichts zahlen müssen.«
»Sie sagten, Sie seien nicht auf Geld aus.«
»Das stimmt. Und ich habe wirklich kein Interesse daran. Aber ich bin an meinem Ruf interessiert. Und mein Ruf beruht darauf, nicht nur als Erste an eine Geschichte heranzukommen, sondern auch die Story hinter der Story aufzuspüren. Ich glaube, es gibt Aspekte, bei denen ich mehr zur Lösung der Rätsel beitragen könnte als offizielle Kanäle. Ich bin sicher, Sie werden mir zustimmen, wenn ich erst einmal erklärt habe, woher das Poster kommt. Ich verlange ja nur, dass Sie mich bei der Untersuchung des Falls nicht behindern. Und darüber hinaus, dass Sie und Ihr Chef mit mir zusammenarbeiten und mich darüber informieren, was zur Zeit von Catrionas Entführung vorgefallen ist.«
»Das ist eine recht weitgehende Forderung. Sir Broderick ist nicht der Mann, der seine Privatsphäre leichtfertig aufgibt. Sie werden verstehen, dass ich nicht berechtigt bin, Ihnen Ihre Bitte zu erfüllen.«
Bel zuckte knapp mit einer Schulter. »Dann können wir uns wieder treffen, wenn Sie eine Antwort für mich haben.« Sie zog das Poster über den Tisch zu sich heran, öffnete die Mappe und schob es wieder hinein.
Susan Charleson stand auf. »Wenn Sie noch ein paar Minuten erübrigen können, ist es mir vielleicht doch möglich, Ihnen eine Antwort zu geben.«
In diesem Moment wusste Bel, dass sie gewonnen hatte. Susan Charlesons Interesse an der Sache war zu groß. Sie würde ihren Chef überzeugen, die Abmachung anzunehmen. Seit Jahren war Bel nicht mehr so aufgeregt gewesen. Es ging hier nicht allein um zahlreiche Artikel und Features – es gab kaum eine Zeitung auf der Welt, die daran nicht interessiert sein würde. Besonders nach dem Fall Madeleine McCann. Denn wenn sie Tuchfühlung zu dem geheimnisvollen Brodie Grant aufnahm und zusätzlich die Chance hatte, das Schicksal seines Enkels aufzuklären, war das ein potenzieller Bestseller.
Kaltblütig
für das neue Jahrtausend. Es würde ihr den Weg zum Aufstieg ebnen.
Bel lachte leise. Vielleicht konnte sie mit dem Erlös die
casa rovina
kaufen und so wieder zum Ausgangspunkt zurückkehren. Etwas Schöneres konnte sie sich kaum vorstellen.
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Donnerstag, 28. Juni 2007,
Newton of Wemyss
E s war ein paar Jahre her, seit Karen das letzte Mal die einspurige Straße nach Newton of Wemyss gefahren war. Aber es war offensichtlich, dass die kleine Ortschaft dieselbe Verwandlung durchgemacht hatte wie die Nachbardörfer an der gleichen Straße. Pendler waren gierig über
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