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Nacht unter Tag

Nacht unter Tag

Titel: Nacht unter Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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West Wemyss geärgert. Hatte Toms Vorschlag, mit ihm Fußball zu spielen, Misstrauen entgegengebracht. Er hatte Jenny sogar die Stunden missgönnt, die sie zwei Jahre zuvor während Moiras würdelosem, aber schnellem Sterben an Krebs an ihrem Krankenbett verbracht hatte. Und als Toms Gewerkschaft geschwankt hatte und sich nicht entscheiden konnte, ob sie sich dem Streik anschließen sollte, hatte Mick nach deren Entscheidung, sich letzten Endes auf die Seite der Bosse zu schlagen, wie ein trotziges Kleinkind getobt.
    Jenny hatte den Verdacht, dass ein Grund für Micks Ärger Toms Freundlichkeit war, die er ihnen erwies, seit sie ernstlich unter dem Streik litten. Er war häufiger mit kleinen Gaben vorbeigekommen, einer Tüte Äpfel, einem Sack Kartoffeln, einem Kuscheltier für Misha. Immer hatte er plausible Gründe mitgeliefert, ein Nachbar hatte einen Baum, der sehr voll hing, mehr Kartoffeln in seinem Schrebergarten, als er verwenden konnte, ein Tombolagewinn beim Bowlingclub. Hinterher hatte Mick immer genörgelt. »Gönnerhafter Dreckskerl«, schimpfte er.
    »Er versucht doch nur zu helfen, ohne uns zu beschämen«, widersprach Jenny. Es schadete auch nicht, dass Toms Anwesenheit sie an glücklichere Zeiten erinnerte. Wenn er da war, hatte sie irgendwie wieder das Gefühl, dass es noch Möglichkeiten, Chancen gab. In seinen Augen sah sie sich wieder als jüngere Frau mit dem Ehrgeiz, ein anderes Leben zu führen. Und so war Jenny froh, dass Tom an ihrem Küchentisch saß und redete, obwohl sie wusste, dass Mick sich darüber ärgern würde.
    Er zog ein weiches, aber schweres Päckchen aus der Tasche. »Kannst du zwei Pfund Speck brauchen?«, fragte er, und seine Stirn legte sich besorgt in Falten. »Meine Schwägerin hat ihn vom Bauernhof ihrer Familie in Irland mitgebracht. Aber er ist geräuchert, weißt du, und geräucherten Schinken kann ich nicht brauchen. Er ist mir zuwider. Da hab ich gedacht, statt ihn verderben zu lassen …« Er hielt ihn ihr hin.
    Jenny nahm das Päckchen ohne das geringste Zögern. Sie seufzte kurz beschämt. »Jetzt sieh dir das an. Mein Herz zittert wegen zwei Pfund Speck. Das haben Margaret Thatcher und Arthur Scargill zusammen geschafft.« Sie schüttelte den Kopf. »Danke, Tom. Du bist ein guter Mensch.«
    Er sah weg, denn er war sich nicht sicher, was er sagen oder tun sollte. Sein Blick blieb an der Uhr hängen. »Musst du das Kind abholen? Tut mir leid, ich hab beim Warten nicht dran gedacht, wie spät es war. Ich wollte nur …« Er stand auf, sein Gesicht war rot geworden. »Ich komm wieder.«
    Im Flur hörte sie seine Stiefel stolpern, dann das Klicken des Riegels. Sie warf den Speck auf den Tisch und drehte das Gas unter dem Topf mit Wasser ab. Jetzt würde es eine andere Suppe geben.
    Moira hatte immer schon mehr Glück gehabt.

[home]
Donnerstag, 28. Juni 2007,
Newton of Wemyss
    J ennys Blick kehrte aus der Ferne zurück und konzentrierte sich auf Karen. »Ich nehme an, es war gegen sieben, als mir aufging, dass Mick noch nicht nach Haus gekommen war. Ich war zornig, denn ich hatte tatsächlich ein halbwegs ordentliches Essen auf den Tisch gebracht. Also holte ich die Kleine aus dem Bett, brachte sie zu den Nachbarn, damit ich zur Wohlfahrt runtergehen und nachsehen konnte, ob Mick dort war.« Sie schüttelte den Kopf, nach all den Jahren noch immer überrascht. »Und er war natürlich nicht da.«
    »Hatte irgendjemand ihn gesehen?«
    »Offenbar nicht.«
    »Sie müssen sich gesorgt haben«, vermutete Karen.
    Jenny zuckte mit der Schulter. »Eigentlich nicht. Wie gesagt, wir hatten uns nicht gerade in der besten Stimmung getrennt. Ich dachte einfach, er wäre beleidigt und zu Andy rübergegangen.«
    »Der Mann auf dem Foto?«
    »Ja, Andy Kerr. Er war Gewerkschaftsfunktionär. Aber er war krankgeschrieben. Stress, sagte man. Und das stimmte auch. Innerhalb eines Monats brachte er sich um. Ich habe oft gedacht, dass Mick als Streikbrecher arbeiten ging, hat Andy den Rest gegeben. Er hat Mick verehrt. Es hat ihm wohl das Herz gebrochen.«
    »Sie haben also vermutet, dass er dort war?«, versuchte Karen sie im Redefluss zu halten.
    »Richtig. Er hatte ein Häuschen im Wald, ganz einsam. Er sagte, dass er Ruhe und Frieden liebte. Mick hat mich mal dorthin mitgenommen. Es kam mir ganz unheimlich vor. Wie das Hexenhaus in einem von Mishas Märchen. Man sah es erst, wenn man plötzlich davorstand. Keine zehn Pferde hätten mich da hingebracht.«
    »Hätten Sie nicht anrufen

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