Nacht
wird er auch nicht mehr los.«
»Das tut mir aber leid«, sagte ich, was Elroy ein quiekendes Lachen entlockte.
»Ach, Alice«, sagte er, »du bist wirklich eine Marke. Hast dich überhaupt nicht verändert seit damals. Kein bisschen. Du bist echt schlimm.«
»So bin ich eben.«
»Also, wo kann ich dich hinbringen?«
»Wohin du willst.«
Die Einladung
»Tatsächlich?«, fragte Elroy.
Ich warf ihm einen Blick zu. »Du hast doch nicht etwa geheiratet, oder?«
Der nicht!
Aber man weiß schließlich nie. Man möchte es kaum glauben, wie viele Versager auf einmal verheiratet sind. Sie brauchen nur eine Versager‐Braut zu finden, die noch schlimmer ist als sie.
»Nö«, sagte Elroy. »Der alte Elroy will nicht unter die Haube. Ich liebe meine Freiheit und so.«
»Freundin?«
»Du bist aber neugierig …«
»Ich möchte deine Süße doch nicht eifersüchtig machen.«
»Wieso denn das?«
»Weil ich dich gerne zum Abendessen einladen würde. Meine Freunde sind eine Woche weggefahren und haben mir ihr Haus überlassen. Wir könnten am Pool einen Cocktail trinken, und dann werfe ich uns ein paar Steaks auf den Grill. Hättest du Lust?«
Auf seinem Gesicht konnte ich erkennen, dass er mein Angebot ziemlich verlockend fand, aber gleichzeitig befürchtete, dass ich ihn an der Nase herumführen könnte.
Er grinste blöd und fragte: »Das ist ein Witz, oder?«
Ich zog eine Schnute. »Ich dachte, du freust dich, mich zu sehen!«
»Aber ich freu mich doch! Klar freu ich mich. Ich frage mich nur …
Du meinst das doch nicht ernst … mit dem Abendessen. Oder?«
»Klar meine ich das ernst!«
»Klingt wirklich prima, aber …«
»Nächste Ampel rechts.«
»Warum?«
»Weil das der Weg zu mir ist«, erklärte ich lächelnd.
»Nein, ich meine was anderes … Ich kann dich doch einfach absetzen. Du brauchst mich dafür nicht zum Abendessen einzuladen.«
»Aber ich will es.«
»Das kapier ich nicht.«
Um ehrlich zu sein: Ich kapierte es auch nicht.
Bevor Elroy plötzlich aufgetaucht war, hatte ich so schnell wie möglich nach Haus gewollt. Meine Ruhe haben, alleine sein, einen Drink, etwas zu Essen, Badewanne, Bett. Und schlafen, schlafen, schlafen.
Andererseits ersparte mir die Autofahrt mindestens zwei Stunden Fußweg. Das hatte ich Elroy zu verdanken. Und von diesen zwei Stunden konnte ich ohne Weiteres eine für ein Abendessen opfern.
Außerdem konnte Elroy eine Bedrohung für mich darstellen.
Wenn man ihn verhörte, könnte er aussagen, wann und wo er mich getroffen hatte. Ich musste herausfinden, wie ich ihn am Reden hindern konnte, und das ging am besten, wenn ich mit ihm sprach.
Drittens – das mag jetzt komisch klingen – gefiel mir die Vorstellung, Elroy bei mir zu haben. Gut, ich bin eine Einzelgängerin und er ist ein Trottel, aber irgendwie wollte ich plötzlich nicht mehr alleine sein, wenn ich nach Hause kam.
Das Leben ist manchmal voller Rätsel.
Man weiß nie, aus welchen Gründen man etwas tut. Genau so ging es mir mit dieser Einladung zum Abendessen.
Waren wir genetisch darauf programmiert? Stand es in den Sternen? Oder in irgendeinem riesigen Schicksalscomputer? Hatte ein mysteriöser Marionettenspieler an einem Faden gezogen oder hatte mir Gott den Befehl dazu gegeben? Oder war es der Teufel?
Wissen Sie, was ich glaube? Wahrscheinlich lag es schlicht und ergreifend daran, dass Murphy mir fehlte.
Ich sehnte mich nach Murphy, aber Murphy gab es nicht mehr.
Also nahm ich Elroy mit.
Besser Elroy als gar keiner.
Kann gut sein, dass das der Grund war.
»Wovor hast du Angst?«, fragte ich ihn lächelnd.
»Ich? Ich habe doch keine Angst!«
»Du bist so zappelig!«
»Ich? Zappelig? Ich bin nur … überrascht, das ist alles. Wir haben uns eine Ewigkeit nicht gesehen und plötzlich lädst du mich zu dir nach Hause ein …«
»Nicht zu mir, zu meinen Freunden. Ist auch egal, mir gefällt die Idee einfach. Ich fand schon immer, dass wir uns besser kennenlernen sollten.«
»Wieso hast du mir dann immer einen Korb gegeben, wenn ich mit dir ausgehen wollte?«
Daran erinnerte ich mich. Er hatte mich dreimal um ein Rendezvous gebeten und ich hatte ihn dreimal höflich, aber bestimmt mit dem Vorwand abblitzen lassen, ich hätte schon etwas anderes vor.
»Ich habe strikte Regeln, was das Ausgehen mit Kollegen betrifft«, sagte ich. »Aber jetzt sind wir keine Kollegen mehr, und ich sehe keinen Grund, weshalb wir uns aus dem Weg gehen sollten. Siehst du einen?«
»Ich? Nein!
Weitere Kostenlose Bücher