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Nacht

Nacht

Titel: Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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Brust.
    »Warte, ich nehme ihn dir ab«, sagte Elroy.
    »Nein danke.«
    Er griff trotzdem nach dem Rucksack.
    »Nein!«, rief ich und wirbelte herum. »Ich trage meine Sachen selbst!«
    »Okay, okay! Entschuldige bitte.«
    »Ist schon gut«, sagte ich.
    »Was hast du denn da drin? Die englischen Kronjuwelen?«
    Na prima. Jetzt hatte ich ihn neugierig gemacht.
    »Du sollst deine spitze Nase nicht in Sachen stecken, die dich nichts angehen«, sagte ich grinsend.
    Er lachte. »Du bist so ein Biest, Alice. Du hast dich kein bisschen verändert.«

    »Doch, ich habe mir neue Unterwäsche gekauft.«
    Elroy wurde ganz rot im Gesicht.
    »Entschuldige«, sagte ich. »Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen.«
    »Und ob du das wolltest. Ich kenne dich doch.«
    »Echt?«
    »Du hast es faustdick hinter den Ohren.«
    »Könnte sein«, sagte ich. »Hier entlang.«
    Während Elroy sich von mir zum Haus führen ließ, warf ich verstohlene Blicke auf Pool, Rasen und Waldrand. Niemand. Nichts.
    Alles war friedlich.
    »Mach’s dir doch schon mal am Pool gemütlich«, schlug ich vor.
    »Ich muss kurz nach oben in meine Wohnung.«
    »Super«, sagte Elroy.
    Aber er blieb nicht stehen, sondern kam mit mir zur Garage.
    »Das ist also die Garage, über der du wohnst?«
    »Genau.«
    »Darf ich mir deine Wohnung ansehen?«
    Langsam wurde mir wieder bewusst, weshalb ich Elroy nie hatte leiden können.
    »Ein andermal vielleicht«, sagte ich.
    »Ich stör dich auch nicht.«
    »Bleib doch einfach am Pool, Elroy.«
    »Soll ich dir wirklich nicht den Rucksack nach oben tragen? Dann hast du die Hände frei zum Aufschließen.«
    »Nein, ich komm schon klar.«
    »Ich helfe dir aber gerne!«
    »Bin gleich wieder da. Es dauert wirklich nur einen Augenblick.«
    Ich beschleunigte meine Schritte.
    Und Elroy blieb endlich stehen.
    Ich rannte die Holztreppe zu meiner kleinen Wohnung hinauf.
    Weil ich den Rucksack vor der Brust hatte, konnte ich die letzte Stufe nicht sehen.

    Natürlich geriet ich ins Stolpern und knallte hin.

    Zuhause ist es doch am
    schönsten
    Mein Rucksack dämpfte den Sturz nur wenig. Ich hörte, wie drinnen die Salzbrezeln in ihrer Zellophantüte zerbröselten.
    Eine Ecke von Murphys Buch bohrte sich durch den Stoff des Rucksacks in meine Magengrube. Genau dort, wo mich im Wald der spitze Ast getroffen hatte.
    Vor Schmerz schrie ich laut auf, dann rutschte ich mit den Füßen voraus die Treppe hinunter, wobei meine Hüftknochen über das harte Holz schrammten. Meine Knie und die Arme, die immer noch den Rucksack umklammert hielten, knallten in immer schneller werdendem Rhythmus gegen die scharfen Kanten der Stufen.
    Elroy schrie erschrocken: »Großer Gott« und rannte die Treppe hinauf, um meinen Fall zu bremsen. Es gelang ihm, indem er mich an beiden Oberschenkeln packte.
    »Ich hab dich!«, verkündete er. »Keine Sorge.«
    »Danke.«
    »Alles in Ordnung?«
    »Ja. Es geht mir gut.«
    »Beweg dich nicht.«
    Ich hatte gar nicht vor, mich zu bewegen, zumindest nicht so lange, bis ich wieder ein wenig zu Atem gekommen war.
    Und selbst dann hätte ich mich erst wieder bewegen können, wenn Elroy meine Beine wieder losgelassen hätte. Seine Hände befanden sich ziemlich weit oben, knapp unterhalb meines Hinterteils.
    »Komm bloß nicht auf irgendwelche Ideen«, sagte ich.
    »Aufweiche Ideen denn?«
    »Ich schätze … ich hätte dich doch den Rucksack tragen lassen sollen.«
    »Stimmt. Aber ich wollte nicht auch noch Salz in deine Wunden streuen.«
    Und ob du das tust!
    »Ich habe mir schon gedacht, dass so etwas passiert«, fügte er an.
    Falsch. Ich hätte es mir denken müssen. In letzter Zeit war ich so oft gefallen, dass ich schon überlegte, ob ich nicht an Fallsucht erkrankt war.
    Während Elroy mich immer noch nach umklammerte, zog ich meine Hände unter dem Rucksack hervor und stützte mich damit auf den Stufen ab.
    »Lass doch bitte meine Beine los«, sagte ich zu Elroy. »Sonst kann ich nicht aufstehen.«
    »Sei vorsichtig«, warnte er.
    »Halt dich bereit, falls was schiefgeht.«
    Er ließ mich los. Ich versuchte aufzustehen, geriet aber sofort wieder ins Rutschen.
    Ich schnappte nach Luft.
    Elroy packte mich an den Hüften, aber ich rutschte noch ein paar Zentimeter weiter, bis meine Knie auf der nächsten Stufe Halt fanden.
    »Okay«, sagte ich.
    »Geht’s?«
    »Ja. Aber ich kann erst aufstehen, wenn du aus dem Weg gehst.«
    »Okay.«
    Elroy benahm sich wie ein echter Gentleman. Ohne rumzufummeln nahm er seine

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