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Nachtauge

Nachtauge

Titel: Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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mit den Koordinaten der Flak, damit sie diese Daten an alle Flugzeuge der Operation Chastise morste.
    Um der Flak zu entgehen, flog Kenneth noch niedriger, setzte in einem waghalsigen Manöver sogar unter Hochstrom kabeln hindurch.
    Der Bordingenieur sagte, kaum, dass sie aus dem Gröbsten heraus waren: »Ich hab keinen Fallschirm mitgenommen.«
    »Wieso nicht?«, fragte Ken. »Was ist, wenn wir springen müssen?« Ihm floss der Schweiß in Strömen über den Körper.
    Der Bordingenieur verzog das Gesicht. »Wir fliegen so niedrig, guck es dir doch an! Knapp über den Baumwipfeln nützt einem kein Fallschirm was. Das hab ich mir schon in der Einsatzbesprechung gedacht.«
    Zornig sagte Ken: »Und wenn ich mal hoch aufsteige, um zu entkommen? Was machst du dann?«
    Der Bordingenieur schwieg.
    Sie flogen zwischen Werl und Soest hindurch. Die Möhnetalsperre kam in Sicht. Der Stausee füllte das gesamte Sicht feld aus, und die graue Mauer an seinem Ende, die sich zwischen zwei Hügelhänge stemmte, sah mächtig und unverwundbar aus.
    Der Funker schaltete das UKW -Sprechfunkgerät ein und meldete sich beim Angriffsführer.
    »Hopgood soll die Führung übernehmen, falls mir was zustößt«, gab Gibson durch. Er machte den ersten Anflug. Von den Türmen der Staumauer und einer dritten Flugabwehrkanone auf der Mauer schossen sie auf ihn. Ken sah, wie die Bombe ausgelöst wurde, wie sie in riesigen Sätzen über das Wasser sprang und vor der Mauer versank. Eine Wasserwand türmte sich auf wie eine Fontäne, die hoch in den Himmel schoss.
    Kenneth zog eine Warteschleife. Da zeigte sich im Wasserdunst die Mauer – sie war unversehrt. Sein Funker sagte: »Gibson hat ›Goner 68A‹ gemorst.« Das Zeichen für die Basis in England, dass sein Anflug gescheitert war.
    Hinter ihnen kamen drei weitere Lancasters, und dann noch zwei. Kenneth las die Bezeichnungen. Astell fehlte. Ihn musste die Flak erwischt haben.
    Er sagte: »Setzen Sie den Hydraulikmotor in Bewegung.«
    Der Funker gehorchte und öffnete vorsichtig das Ventil für den Zufluss aus der Druckölleitung. Kenneth spürte, wie das ganze Flugzeug zu vibrieren begann, während der Antrieb unter dem Cockpit mit Keilriemen die Bombe in Rotation versetzte.
    Guy Gibson befahl Hopgood, den nächsten Angriff zu fliegen. Diesmal wusste die Flak bereits, was sie erwartete. Wü tend feuerten die Deutschen auf Hopgoods Lancaster, die beiden Türme nahmen ihn ins Kreuzfeuer. Die Flak spuckte grüne und rote Fäden, sie traf den linken äußeren Motor, dann noch den linken inneren. Die Motoren fingen Feuer. Auch der rechte Flügel bekam etwas ab. Die Bombe wurde zu spät ausgelöst, sie sprang über die Mauer und explodierte dahinter im Tal.
    Flammen schlugen aus dem Flugzeug, ein Tank musste getroffen worden sein. Es war ein furchtbarer Anblick. Hopgood kämpfte noch gegen das Unvermeidliche an und versuchte Höhe zu gewinnen. Dann explodierte die Maschine, ein Flügel stürzte ab und schließlich der ganze brennende Rumpf.
    Hoffentlich hat die Crew vorher aussteigen können, dachte er. War die brennende Lancaster hoch genug aufgestiegen für die Fallschirme? Hopgood selbst hatte es sicher nicht überlebt, er hatte ja bis zum Schluss das Steuer gehalten.
    Guy Gibson funkte: »Du bist dran, Kenneth. Zeit für deinen Angriff. Ich begleite dich, um die Flak abzulenken.«
    Unteroffizier Karl Schütte schrie – schrie seinen Sieg hinaus und zugleich seinen Überlebenswillen. Vom Turm aus war das brennende Wrack gut zu sehen, ein herrlicher Erfolg. Genau das sollte all den anderen britischen Bombern passieren, die es wagten, sie anzugreifen. Er brüllte die Jungs an: »Augen nach vorn! Das war sicher nicht der Letzte!«
    Von der ersten Bombe, deren Flugzeug sie leider verfehlt hatten, war seine Uniform klatschnass. Sie hatte mit ihrer Explosion eine Wasserfontäne aufgeworfen, die als Sturzwelle auf sie niedergegangen war. Um ihn herum stand der Wassernebel wie in einer Waschküche. Aber darauf kam es nicht an. Sondern darauf, dass die Mauer hielt.
    Wieder schälte sich ein dunkler Flugkörper aus der Nacht und kam auf sie zu. Der Luftsog der Propeller wirbelte einen staubfeinen Wasserschleier aus dem See. Nein, diesmal waren es zwei Maschinen, eine weitere folgte der ersten. Beide warfen diese seltsame Acht aus Lichtkreisen auf den See. Wo blieben die Nachtjäger?
    Der Schusswechsel begann. Tödliche farbige Lichtflecken jagten aus den Flugzeuggeschützen – Leuchtspurmunition, die

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