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Nachtauge

Nachtauge

Titel: Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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verwendeten sie gern, um die minderjährigen Flakhelfer einzuschüchtern und sie mit der Helligkeit zu blenden. Aber nicht hier! Nicht bei ihm! Er sagte dem Richtkanonier die Korrekturen an. Die Kanone auf der Mauer konzentrierte sich auf das zweite Flugzeug. »Ins Kreuzfeuer«, brüllte er, »nur einen von ihnen und den ins Kreuzfeuer!« Kommt nur, dachte er, euch kriegen wir auch und schießen euch in Brand.
    Er sah kurz hinüber. Vom anderen Turm schossen sie nicht mehr. Soweit er durch den Qualm und Rauch erkennen konnte, waren die Treppen und die Decke des Turms eingestürzt.
    Er blickte wieder auf die heranröhrenden Flugzeuge. Die Munition ihrer Kanonen zerplatzte in den Sandsäcken und an den Steinwänden, die Bordschützen zielten gut, immer näher krochen die bedrohlichen Treffer.
    Wieder löste sich eine Bombe, die Tonne sprang über das Wasser. So etwas hatte er noch nie gesehen. Sie setzte über die Torpedonetze hinweg und versank an der Mauer. Er duckte sich, als die ganze Talsperre von einer erneuten Unterwasserexplosion erzitterte. Eine Wassersäule schoss in die Höhe, schien einen Moment zu verharren, gleißte im Mondlicht. Dann sackte sie in sich zusammen, wie in Zeitlupe prasselte es auf sie nieder.
    Die Mauer hielt. »So kriegt ihr uns nicht!«, brüllte er. »Ihr werdet diese Mauer nicht knacken!«
    Enttäuschung kroch Ken Fraser lähmend in die Glieder. Sie hatten alles richtig gemacht, hatten mithilfe der Scheinwerfer die genaue Flughöhe eingehalten. Wenn sich die Strahlen auf der Oberfläche berührten und eine liegende Acht bildeten, war die erforderliche Höhe von sechzig Fuß erreicht. Der Navigator hatte ihm das doch bestätigt! Darauf musste er sich schließlich verlassen.
    Die Rollachse des Flugzeugs war waagerecht gewesen. Sonst wäre die Bombe verkantet auf das Wasser gefallen und hätte ihre Sprünge nicht gerade ausgeführt, sondern wäre ausgebrochen.
    Der Abwurfzeitpunkt stimmte laut Ansage des Bombenschützen ebenfalls. Er selbst hatte den leichten Satz gespürt, den die Maschine machte, als die Haltearme der Bombe wegklappten und sie ihre schwere Fracht freigaben.
    Was hatten sie falsch gemacht? Diese Rotationsbombe war eine Luftnummer. Sie riskierten sinnlos ihr Leben. Die Talsperre war nicht zu sprengen.
    Er sagte: »Funken Sie zur Basis ›Goner 58A‹«.
    Astell und seine Crew waren umsonst gestorben, Hopgood genauso. Die Deutschen in den Flaknestern jubelten. Aber sie hatten noch ein paar Tonnen, sie würden jede einzelne gegen die Mauer werfen und nicht aufgeben, bevor die Munition aufgebraucht war. Grimmig kniff er die Augen zusammen. Gibson befahl Young, die vierte Attacke zu fliegen.
    Ken sagte ins UKW -Funkgerät: »Wing Commander, wir fliegen mit. Dieser Flak auf der Mauer soll Hören und Sehen vergehen.«
    Verblüfft sah ihn der Navigator an. Auch der Bordingenieur riss die Augen auf. Er wusste, was sie dachten: Gerade waren sie der Flak entgangen, gerade hatten sie aufgeatmet, weil sie meinten, gerettet zu sein – da warf er ihr Leben erneut in die Waagschale. Aber es musste sein, bei Young im Flugzeug saßen auch lauter junge Männer, und wenn sie zu dritt flogen, würde sich das Flakfeuer aufteilen, zudem hatten sie mehr Geschütze, um die Deutschen zu beschießen.
    »Verstanden«, funkte Gibson zurück. »Gute Idee. Ich halte mich nördlich und greife die Flak von dort an.«
    Sie flogen zu dritt auf die Mauer zu. Gibson zog nach links weg, um einen anderen Angriffswinkel zu wählen, er schaltete sogar die Positionslichter seiner Lancaster an, der närrische, tolle Kerl, er lud sie regelrecht dazu ein, auf ihn zu schießen.
    »Gib’s ihnen«, rief Ken seinem MG -Schützen zu. »Lass sie glühendes Eisen fressen!«
    Sie konzentrierten ihr Feuer auf den verbliebenen Turm, bis er nicht mehr schoss. Young, der versetzt vor ihm flog, löste die Bombe aus. Sie sprang drei Mal über das Wasser. Kenneth zog die Mühle über die Mauer hinweg. Hinter ihnen spritzte das Wasser auf.
    Wieder nichts. Die Mauer stand.
    Er fluchte, drehte bei, flog zurück in eine Warteschleife.
    Guy Gibson begleitete währenddessen Maltby, der seine Bombe noch unter dem Flugzeugrumpf trug. Die Bombe sprang vier Mal und explodierte. Bis auf seine Höhe schossen Schlamm und Wasser hoch, ungläubig sah Kenneth auf den Höhenmesser: Das waren dreihundert Meter! Als wollte die Fontäne den Mond vom Himmel holen.
    Aber der Damm stand. Der Funker meldete »Goner 78A«.
    Moment, ging nicht ein Riss

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