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Nachtauge

Nachtauge

Titel: Nachtauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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bei Ihnen.«
    Allmählich begriff er. Er sah sich um, ein Zimmer mit kahlen Wänden, nur ein kleiner Kupferstich direkt gegenüber, ein metallener Nachttisch mit leerer Ablage. Ein Krankenhauszimmer, und am Bett stand Sprigings vom MI 5. »Schön, dass Sie mich besuchen.«
    »Eric, ich will Sie nicht lange belästigen, Sie brauchen Ruhe. Aber es gibt Neues von Nachtauge.«
    »Haben Sie sie geschnappt?« Auch das Luftholen schmerzte. Und seine Schulter schien zu brennen. Er durfte sich nicht bewegen.
    »Nein. Wir haben eine Funknachricht aufgezeichnet, die ganz offensichtlich an sie gerichtet ist.«
    Eric sah wieder ihr Gesicht vor sich, die großen blauen Augen, das runde Kinn. Das Lächeln, bevor sie abgedrückt hatte. »Worum geht es? Was tragen die Deutschen ihr auf?«
    »Deshalb bin ich hier. Wir wissen es nicht. Können Sie uns helfen, die Nachricht zu deuten? Die Jungs aus Bletchley haben sie entschlüsselt, aber der Text ergibt keinen Sinn. Niemand von uns hat sich mit Nachtauge so intensiv beschäftigt wie Sie. Vielleicht können Sie uns sagen, was das bedeutet.«
    »Lassen Sie hören.«
    »Gib Sohn Kreuz A. Lincoln.«
    »Sagt mir nichts.« Hatte die Agentin einen Sohn? Oder ging es um den Sohn eines anderen? A. Lincoln, das klang nach Abraham Lincoln, eine Chiffre für die Amerikaner? Was hatte das Kreuz zu bedeuten? Stand es für die Kirche, für einen Geist lichen, steckte ein Geistlicher mit drin? Sein Kopf schwirrte.
    Sprigings Gesicht nahm einen mitleidigen Ausdruck an. »Tut mir leid. Vergessen Sie’s. Sie müssen sich erst mal erholen. Ich sehe schon, Sie sind genauso verwirrt wie ich.«
    »Sind Sie sicher, dass Sie die Verschlüsselung richtig geknackt haben?«
    »Wir haben das Codebuch eines Abwehragenten verwendet, den wir kürzlich umdrehen konnten, und zudem haben wir einen weiteren übergelaufenen Deutschen daran gesetzt, ohne ihm zu sagen, dass es schon ein anderer decodiert hatte. Beide kamen unabhängig voneinander zu demselben Ergebnis. Aber sie konnten nichts mit der Nachricht anfangen, und auch sonst keiner von unseren Leuten.«
    »Tut mir leid. Ich denke weiter darüber nach. Hab ich irgendetwas verpasst, was die Amerikaner betrifft? Ist was passiert in den letzten Tagen? Abraham Lincoln, damit meint sie bestimmt die Vereinigten Staaten.«
    »Die Amerikaner haben am Freitag Rotterdam bombar diert mit Flying-Fortress-Bombern, sie wollten die Werft zer stören, in der die Deutschen Torpedorohre für U-Boote her stellen. Haben’s auch geschafft, aber wegen der dichten Wolken ist ziemlich viel von Rotterdam dabei mit draufgegangen.«
    Eine Krankenschwester betrat den Raum. »Hören Sie, er braucht jetzt wirklich Ruhe.«
    Und dann sah er Connie, sie folgte der Krankenschwester und stellte sich an sein Bett. Zärtlich ergriff sie seine rechte Hand.
    »Wie geht es dir?«
    »Jetzt wieder gut.« Er versuchte, möglichst unbekümmert zu lächeln.
    Connie sah besorgt zur Krankenschwester hoch. »Haben Sie sich die Wunde heute schon angesehen?«
    Die Schwester seufzte. »Wie ich Ihnen bereits mehrfach sagte, er braucht Ruhe.«
    Connie starrte auf den rot verfärbten Verband an seiner linken Schulter. »Er verliert so viel Blut!«
    »Das haben wir im Griff.«
    »Sagen Sie so etwas nicht! Sie haben überhaupt nichts im Griff! Schon nach der Operation haben Sie behauptet, es wäre alles in Ordnung. Und jetzt eitert die Wunde, und er hat Schmerzen und Fieber, und Sie sagen, dass er noch mal operiert werden muss. Kommen Sie mir nicht mit: ›Das haben wir im Griff!‹«
    Die Schwester schüttelte energisch den Kopf. »Jetzt hören Sie mir mal gut zu. Niemand von uns hat auf Ihren Mann geschossen. Also geben Sie uns gefälligst nicht die Schuld dafür. Die Wunde eitert und ist wieder aufgebrochen, so etwas kann passieren. Eine Schusswunde ist nie sauber. Das Geschoss schleppt Schmutzpartikel ein und Stücke von der Kleidung und Hautkeime. Außerdem hat Ihr Mann nicht nur eine Muskelverletzung, sondern auch einen gesplitterten Knochen.«
    »Und wieso kriegt er plötzlich wieder Fieber und muss noch mal operiert werden? Es geht ihm jetzt schlechter als am ersten Tag!«
    »Bei der ersten Operation wurde offenbar nicht alles vom zerfetzten und kontaminierten Gewebe herausgeschnitten, also müssen wir noch mal ran. Wenn Sie uns unsere Arbeit machen lassen, wird er die Schmerzen und das Fieber wieder los. Zumal sein freundlicher Kollege uns Penicillin für ihn besorgt hat. Die Soldaten in den Frontlazaretten

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