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Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Titel: Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz
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zu mit Leuten vom Theater hierher. Marians Neuer ist Regisseur – Morton Went. Goldstein hasst ihn wie die Pest. Die Ohrfeige vorhin galt wohl auch weniger meiner dämlichen Lüge als der Tatsache, dass ich mit Marian, Went und den anderen Theaterleuten ganz gut befreundet bin.«
    Ich verabschiedete mich von den anderen und ging hoch in mein Zimmer.
    Dort versuchte ich, mir über meine sonderbaren Gefühle klarzuwerden. Michael Goldstein hatte mich vom ersten Moment an interessiert. Als er Matti geschlagen hatte, hätte ich ihn zwar am liebsten sofort umgebracht. Er war zweifellos ein Arschloch. Aber irgend etwas faszinierte mich trotzdem an ihm. Schließlich verdrängte ich den Gedanken an Goldstein, nahm seufzend eines meiner historischen Bücher, die ich mir besorgt hatte, zur Hand und begann etwas über das angebliche Auftauchen von Vampiren zur Zeit Katharinas der Großen zu lesen.
    Die nächsten Tage verliefen in gespannter Ruhe. Grant hatte Serge die Nachricht überbringen lassen, da ss er zahlen würde. Doch der neue starke Mann im Viertel schwieg. Es hatte sich in der Szene herumgesprochen, dass er in »Grants Club« von einer Frau besiegt worden war, und Serge überlegte offenbar, wie er seinen ramponierten Ruf am besten wiederherstellen konnte.
    Grant ließ den Eingang bewachen. Aber er wu sste, dass das letztendlich nur einen direkten, offenen Angriff verhindern würde. Serge würde diese Niederlage nicht so einfach hinnehmen.
    Schließlich setzte sich Grant eines Abends zu mir. »Ludmilla, in deinem und unserem Interesse ist es besser, wenn du verschwindest. Serge wird erst Ruhe geben, wenn er sich für diese Demütigung irgendwie gerächt hat. Er will dich, und du solltest abhauen, solange du das noch kannst. Ich werde zahlen und sagen, da ss ich dich gefeuert habe. Vielleicht reicht ihm das.«
    Ich nickte.
    »Wenn du willst, dass ich gehe, Grant, dann gehe ich.«
    Er schwieg. Dann stand ich auf und lief in mein Zimmer. Tränen schossen mir in die Augen, aber ich wu sste, dass es keine andere Lösung gab, wenn ich meine Freunde nicht gefährden wollte.
    Doch es kam alles ganz anders. Noch am selben Abend rief Serge im Club an und akzeptierte Grants Angebot, das erhöhte Schutzgeld zu zahlen. Dann wollte er mich sprechen.
    »Ich habe nachgedacht«, sagte Serge mit seiner leisen Stimme. »Ich muss für ein paar Wochen weg und will vorher das Ganze hier ohne weiteren Ärger regeln. Und schließlich, Ludmilla, hast du ja nur absolute Loyalität bewiesen. Ich würde auch nicht tatenlos zusehen, wenn meiner Freundin das Gesicht zerschnitten werden soll. Die Hauptsache ist, dass Grant jetzt zahlt und alle das wissen. Dann muss ich mich nicht persönlich in jeden Laden hier bemühen und die Leute überreden. Auf bald, Ludmilla. Ich freue mich auf ein Wiedersehen.« Dann legte er lachend auf.
    Ich wiederholte für Grant Serges Worte ganz genau.
    »Ich glaube nicht, dass wir ihm trauen können«, sagte Grant. »Aber vielleicht gibt uns das etwas Zeit, nachzudenken. Wenn du es riskieren willst, dann bleib, Ludmilla.«

11 - PIA
    Ich blieb, und in den nächsten Wochen passierte nichts von Bedeutung. Grant war zwar stets sichtlich nervös, zog aber schließlich sogar die teuren Wachen vom Eingang ab. Ein Bote von Serge war erschienen, um die erste Zahlung abzuholen. Grant hatte sogar noch eine beträchtliche Summe draufgelegt – als Entschädigung sozusagen.
    »Das wird ihn endgültig besänftigen«, meinte Carl. »Schließlich will er vor allem Geld verdienen. Was nützen Serge ein paar Tote und ein zerstörter Club?«
    Grant nickte, aber ich merkte, dass er immer noch Angst hatte.
    Und diese Angst blieb. Serge galt als unberechenbar. Wir hatten den Paten des Viertels gedemütigt. Konnte er das tatsächlich ungesühnt lassen? Oder wartete er nur auf eine gute Gelegenheit, um Rache zu nehmen? Würde er Grant zur Verantwortung ziehen oder mit mir vorlieb nehmen? Ich hoffte inbrünstig, da ss letzteres der Fall sein würde. Denn was konnte Serge mir schon antun? Aber ich hatte trotzdem Angst. Angst um mein gerade erst gefundenes neues Zuhause, in dem ich mich trotz all der furchtbaren Begleitumstände meiner übernatürlichen Existenz sehr wohl fühlte. Die anderen fürchteten um ihr Leben, und ich fürchtete um ihres. Begierig sogen wir all die Gerüchte auf, die im Viertel herumschwirrten. Serge habe ganz andere Probleme und die Sache längst vergessen, flüsterten die einen. Andere behaupteten, er koche immer

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