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Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin

Titel: Nachtblau - Tagebuch einer Vampirin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz
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nicht soviel quatschen sollen. Die hören nur das Wort ›Vampir‹, und schon lesen wir morgen den größten Bockmist in der Zeitung.«
    Gerald nickte zerknirscht. »Scheiße, Boss, ich hab nicht nachgedacht. Ich kenne das Mädchen noch aus der Schule, und da hab ich mich einlullen lassen. Wird nicht wieder vorkommen.«
    »Das will ich hoffen, Mann«, lenkte Goldstein ein. »Aber was soll’s. Irgendwann hätte die Presse ja sowieso Wind von unserer Okkultismus-Theorie bekommen. Professor Barker ist ja auch nicht gerade die personifizierte Verschwiegenheit. Beim nächsten Interview wird er wahrscheinlich behaupten, da ss die Polizei nach Vampiren fahndet.«
    Ich war den dreien jetzt sehr nahe. Als sie mir den Rücken zuwandten, huschte ich schnell vorbei und blieb an einer offenen Telefonzelle stehen. Ich blätterte im Telefonbuch und hörte dem Gespräch weiter zu.
    »Also gut«, sagte Goldstein. »Gerald, du überprüfst weiter alle Läden, die sich irgendwie auf Okkultismus und ähnliches spezialisiert haben, und du, Martin, hörst dich weiter im Bahnhofsviertel um. Vielleicht ist das Ganze ja auch ’ne durchgeknallte Sado-Maso-Kiste. Ich hab noch was zu erledigen und komm dann nach, Martin. Wir treffen uns um 20 Uhr in ›Harrys Bar‹.«
    Er nickte den beiden noch kurz zu und ging dann zu Fuß die Straße hinunter. Ich folgte ihm in einigem Abstand. Goldstein hatte einen federnden, energischen Gang.
    Nach fünf Minuten war er anscheinend am Ziel. Er stoppte vor einem Restaurant, blickte zögernd auf den Eingang und drückte dann mit einem ärgerlichen Schnauben die Tür auf. Durch das Fenster sah ich, wie er sich umsah und dann auf einen Tisch zuging, an dem eine attraktive Frau saß. Sie war etwa Ende Dreißig, schlank, dunkelhaarig, rauchte gerade eine Zigarette und blickte betont gelangweilt hoch, als sich Goldstein näherte. Ich registrierte zufrieden, dass die Begrüßung zwischen den beiden eher distanziert, ja fast frostig wirkte. Goldstein setzte sich, und die beiden begannen zu reden. Es schien kein angenehmes Gespräch zu sein. Die Frau gestikulierte hektisch. Goldstein wirkte mühsam beherrscht.
    Ich beobachtete die beiden noch ein paar Minuten und ging dann zurück in den Club. Warum beschäftigte mich dieser Mann nur so? Sicher, er war der Chef einer Ermittlungsgruppe, die mich jagte, obwohl sie bisher noch nicht einmal einen Ha uch der Wahrheit ahnten. Ich musste schon aus Selbstschutz an ihm dranbleiben. Aber da war noch mehr. Goldsteins Art, seine Härte, seine provozierende Aggressivität gefielen mir. Und mir gefiel, wie er sich bewegte: elegant, lauernd, jagdbereit. Michael Goldstein erregte mich.
    Ich schüttelte unwirsch den Kopf, als ich den Club betrat und gleich in meinem Zimmer verschwand. Was für ein Unsinn! Er war ein Mensch. Ein sterbliches Wesen, das zudem noch die Aufgabe hatte, die Morde, die ich begangen hatte, aufzuklären.. Was sollte also die Schwärmerei? Ich warf gerade meinen Mantel auf einen Stuhl, als ich plötzlich Schüsse von unten hörte.
    Anschließend herrschte für ein paar Sekunden unheimliche Ruhe. Dann kam das Schreien, Stöhnen und Wimmern. Ich rannte nach unten. Leute liefen hektisch hin und her. Der Spiegel hinter der Bar war in tausend Stücke zerbrochen. Grant stand fassungslos an der Treppe zu seinem Büro und rang nach Worten. »Mein Gott«, stöhnte er schließlich und rannte zum Telefon, um Krankenwagen anzufordern. Später erfuhr ich, dass zwei mit Maschinenpistolen bewaffnete Maskierte durch die Tür des Clubs gestürmt waren und sofort das Feuer eröffnet hatten. Sie hatten insgesamt sechs Personen getroffen.
    Verzweifelt hielt ich Ausschau nach meinen beiden Freunden – und dann, gleich neben der Bar, fand ich Matti. Er war schwer am Kopf verletzt. Die Wunde sah grä sslich aus. Wortlos blickte er mich an. Sein Körper zuckte unkontrolliert.
    »Hilf mir«, stöhnte er und hob flehentlich die Hand. Ich hob ihn vorsichtig hoch. Doch schon bei der ersten Berührung spürte ich, wie das Leben unwiderruflich aus ihm rann wie Wasser aus einer zerborstenen Flasche. Er starb ohne ein weiteres Wort in meinen Armen.
    »Mein Gott, Linda«, hörte ich plötzlich Grants Stimme hinter mir. Ich legte Matti sanft auf den Boden und rannte zu Grant. Linda lag in einer Ecke des Raumes. Sie war von mehreren Schüssen in der Brust getroffen worden. Blut rann zwischen ihren Fingern hindurch und tropfte auf den Boden.
    »Nicht bewegen, Linda!« schrie ich und stieß

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