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Nachtblauer Tod

Nachtblauer Tod

Titel: Nachtblauer Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Vater laut Staatsanwalt unter dringendem Mordverdacht. Dein Vater bestreitet die Schuld. Erhärtet sich der Verdacht nicht, wird das Ermittlungsverfahren eingestellt und dein Vater freigelassen. Ihm steht dann eine Haftentschädigung von 15 Euro pro Tag zu.« Summerer strahlte Leon an, als sei das eine total tolle Botschaft.
    »Und wie lange«, fragte Leon, »kann man meinen Vater so ohne Urteil festhalten?«
    Summerer nahm sich einen Schokokeks und betrachtete ihn, als ob es daran etwas sehr Besonderes zu entdecken gäbe. Er sah Leon nicht an, als er antwortete: »Eine U-Haft ist keine Strafe. Man hält einen Verdächtigen nur in Untersuchungshaft, wenn Flucht- oder Verdunkelungsgefahr bestehen. Die U-Haft dauert höchstens sechs Monate, kann sich aber bis zu zwei Jahren verlängern.«
    »Zwei Jahre?!« Leon sprang auf. »Die können meinen Vater doch nicht zwei Jahre einsperren, nur weil er seine Unschuld nicht beweisen kann!«
    Maik nahm sich auch einen Keks, aß ihn aber, ohne ihn auch nur anzusehen. Er kaute laut. Der Keks krachte zwischen seinen Zähnen.
    »Er muss seine Unschuld nicht beweisen. Im Gegenteil: Der Staatsanwalt muss seine Schuld beweisen. Sonst gilt der Grundsatz Im Zweifel für den Angeklagten .«
    »Na klasse. Das heißt, wenn es dem Staatsanwalt nicht gelingt, die Schuld meines Vaters zu beweisen, kann er ihn trotzdem zwei Jahre lang festhalten?«
    »So kann man es sehen. Aber nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird, Leon. Wir werden Haftbeschwerde einreichen, und glaub mir, ich tue alles, was in meiner Macht steht, um …«
    »Was kann ich tun?«, wollte Leon wissen.
    »Gar nichts. Du überlässt das alles den Erwachsenen. Das ist kein Spiel. Wir sind Profis. Du hast aber auch eine Aufgabe, mein Lieber. Du gehst regelmäßig zur Schule, machst ordentlich deine Hausaufgaben und …«
    »Mein Vater kommt aber nicht frei, wenn ich in Mathe eine Eins schreibe!«, schrie Leon. Er fühlte sich plötzlich nicht mehr ernst genommen. Er wollte sich nicht so behandeln lassen. Gleichzeitig fand er es dumm, sich mit Summerer anzulegen. Vielleicht war der Anwalt der letzte Bündnispartner, den er im Kampf um die Freiheit seines Vaters noch hatte.
    »Ich … ich will noch einmal mit meinem Vater sprechen. Ich war viel zu aufgeregt, als wir dort waren …«
    Rolf Summerer nickte verständnisvoll. »Dein Vater kann alle vierzehn Tage Besucher empfangen. Allerdings nur für dreißig Minuten.«
    Leon guckte hilfesuchend zu Maik. Der zuckte mit den Schultern.
    »Das ist unfair!«, beschwerte Leon sich.
    »Ja, vielleicht. Aber ich bin sein Anwalt, und ich kann jederzeit zu ihm und ihm Nachrichten von dir überbringen. Also, ein Kontakt über mich ist problemlos möglich.«
    »Ich glaube«, sagte Maik und legte eine Hand auf Leons Arm, »ich glaube, wir gehen jetzt besser. Es war ein harter Tag für uns alle, Leon.«
    Maik stand auf, aber Leon hielt sich an der Tischkante fest. Seine Knöchel wurden weiß. Er sah aus, als könnte er jeden Moment auf Summerer losgehen. Maiks Griff um Leons Arm wurde härter.
    Jetzt erhob sich auch der Anwalt. Es sah zunächst so aus, als ob er sich vor einem Angriff von Leon vorsichtshalber in Sicherheit bringen wollte, doch dann ging er nur zum Schreibtisch und holte ein paar Papiere.
    »Herr Schwarz hat mir eine Kontovollmacht unterschrieben. Es soll Leon an nichts fehlen. Wenn Sie also Ausgaben haben, dann …«
    Maik winkte ab: »Wo vier satt werden, reicht es auch für fünf.«
    Summerer lächelte: »Unser Leon ist kein Bittsteller. Herr Schwarz möchte, dass es ihm an nichts fehlt.« Dann wendete er sich an Leon, der sich immer noch am Tisch festhielt wie an einem Rettungsring: »Ich soll dir dein Taschengeld auszahlen. Dein Vater möchte nicht, dass du irgendwem …«
    Leon unterbrach ihn: »Sie … Sie haben doch Akteneinsicht, oder?«
    »Ja, natürlich, als Verteidiger deines Vaters habe ich das Recht, ja die Pflicht, alle Akten zu kennen.«
    »Dann möchte ich die Akten sehen.«
    »Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, Leon.«
    »Warum nicht?«
    »Nun, ich glaube, naja, du solltest dich nicht damit belasten.«
    Leons Faust krachte auf den Tisch. Die Kekse hopsten auf dem Teller.
    »Behandeln Sie mich nicht wie ein kleines Kind, Herr Summerer. Ich habe meine tote Mutter in ihrem blutüberströmten Bett gesehen und gerade meinen zusammengeschlagenen Vater im Gefängnis besucht. Glauben Sie verdammt nochmal nicht, diese Scheißakten seien zu viel

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