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Nachtblind

Nachtblind

Titel: Nachtblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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gesagt, weil ich dir mit dem Geschwafel, wie toll es mir nach all den Jahren geht, imponieren wollte.«
    »Weiß dein Mann von deinen Überlegungen?«
    »Vielleicht bis zu einem gewissen Grad – aber er verdrängt das. Ich meine, er scheint ja tatsächlich glücklich zu sein. Er sonnt sich im Glanz seines Berufs, seine Patienten schätzen ihn, er hat die Hälfte der Kinder in der Stadt zur Welt gebracht, wir sind im Yacht-Club, er hat eine Jagdhütte jenseits des Flusses in Wisconsin, und er hat all seine Freunde.«
    »Du hast doch auch Freundinnen, oder?«
    »Hausfrauen. Warten auf den Tod. Drei oder vier von ihnen haben sich tatsächlich von ihren Männern getrennt.«
    »Und was machen sie jetzt?«
    »Sie verkaufen Kuchenstücke an der Desserttheke eines zweitklassigen Restaurants«, antwortete sie und grinste ihn an.
    »Doch nicht wirklich, oder?«
    »Eine verkauft Grundstücke, ohne großen Erfolg. Eine arbeitet als Dekorateurin und verdient nicht viel. Eine machte die Ausbildung zur Sozialarbeiterin und hat einen Job in St. Paul, und es geht ihr recht gut. Eine arbeitet als Kellnerin und versucht sich nebenbei daran, Bilder zu malen.«
    »Du würdest auch Bilder machen. Fotografien.«
    »Vielleicht. Meinst du, ich sollte es machen? Neu anfangen?«
    »Ich weiß ja nicht, wie du dann materiell dastehen würdest.«
    »Ich würde nicht am Hungertuch nagen müssen. Wie ich dir neulich schon sagte, wir haben eine Menge Geld.«
    »Warum bleibst du dann nicht einfach in den jetzigen Verhältnissen und machst, was du willst, ohne gleich davonzulaufen? Sag deinem Mann doch einfach: Hör zu, ich werde in den nächsten paar Jahren sehr mit eigenen Vorhaben beschäftigt sein. Erinnere mich daran, dass ich hin und wieder mal bei dir vorbeischaue.«
    »Weil er eine solche Lösung nicht dulden wird«, sagte sie. »Es würde immer darauf hinauslaufen, dass ich höchstens ein Hobby ausüben könnte. Wir würden weiterhin nach London fliegen und uns Shows ansehen und zu Medizinerkongressen fahren, und ich würde weiterhin am Erntedankfest und an Weihnachten große Essen für die ganze Familie kochen, und wir würden weiterhin unsere banalen Freundschaften pflegen … Ich käme einfach nicht zum Denken . Ich muss aber zum Denken kommen.«
    »Und was würde Jack bei einer Trennung machen?«
    »Weißt du, was ich glaube?« Sie sah ihn fest an. »Ich glaube, wenn wir im Januar geschieden würden, wäre er im Dezember wieder verheiratet.«
    »Hast du dabei eine bestimmte Frau im Auge?«, fragte Lucas.
    »Nein, das nicht. Er geht nicht fremd. Aber er braucht eine Frau als Stütze in seinem Leben, und wenn ich mich von ihm trennen würde, wäre eine ganze Reihe Frauen in der Stadt freudig bereit, sich in die Kandidatinnenliste bei ihm einzutragen.«
    Lucas schüttelte den Kopf. »Weißt du was? Ich wette, er wäre am Boden zerstört. Und würde auch in fünf Jahren nicht wieder heiraten. Du bist eine Frau, über die man nur schwer … hinwegkommt.«
    Sie lächelte ihn traurig an. »Danke.«
    »Du musst intensiv darüber nachdenken«, wiederholte Lucas. »Wahrscheinlich ist das die wichtigste Entscheidung, die du seit deiner Heirat oder den Schwangerschaften treffen musst.«
    »Über die Heirat und die Schwangerschaften habe ich nicht lange nachgedacht«, sagte sie. »Ich habe es einfach gemacht .«
    »Dann denke bei dieser Entscheidung umso intensiver nach.«
    Sie nickte. »Lass uns gehen.«
     
     
    Draußen auf dem Gehweg sagte sie: »Diese ganze Unterhaltung hat irgendwie eine unerwartete Wendung genommen. Sie war für mich wie eine Therapie … Du hast dir anscheinend mehr Gedanken über solche Dinge gemacht, als ich je erwartet hatte.«
    »Es gab in meinem Leben eine Frau, die ich heiraten wollte«, sagte Lucas. »Dazu kam es aber nicht. Sie wollte mich plötzlich nicht mehr heiraten. Ich bin immer noch nicht darüber hinweg … Wenn ich mich im Präsidium oder dem Gerichtsgebäude umschaue, sehe ich entsetzlich viele Leute, die psychisch angekratzt sind. Ich weiß nicht, was da mit uns passiert ist … Ich kann mir nicht vorstellen, dass das bei der Generation unserer Eltern auch so war.«
    »Es war vielleicht so, aber sie haben nicht mit uns darüber gesprochen«, sagte Catrin.
    »Ja …« Lucas blieb einen Schritt zurück. »Also, denk gut darüber nach.«
    »Ein Gedanke, über den ich intensiv nachdenke, beschäftigt sich damit, ob ich mit dir schlafen soll«, sagte sie. »Aber ich muss mich entscheiden, ob ich es noch vor der

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