Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
ganz zufällig tun werde. Zum Glück ist auch auf dem Gang draußen kein Mensch zu sehen, denn das könnte jetzt wirklich peinlich werden. Wie zufällig vor der Tür stehen bleibend, sondiere ich die Lage noch einmal kurz.
Meine Sinne zeigen mir definitiv zwei Menschen hinter der Tür an – aufgrund ihrer Körperhitze vermutlich eng ineinander verschlungen. Bäh – so berauschend kann ein Kuss oder eine Berührung gar nicht sein, um nicht den scharfen Geruch von Desinfektionsmitteln zu überdecken. Aber vielleicht passt das ja besser zu Collins Putzfrauenfantasie als ein lauschiger Whirlpool … oder so. Um es mir nicht im letzten Moment anders zu überlegen, drossele ich meine Wahrnehmung auf ein Minimum herunter, und flugs verschwindet auch der atemraubende Gestank.
Ich wappne mich für den Moment und setze ein freundlich überraschtes Gesicht auf, bevor ich die Hand nach der Türklinke ausstrecke. Mit den Worten „… Ja, vielen Dank. Ich fand auch, dass es ein ganz besonderer Abend war. Gute Nacht“, öffne ich die Tür und drehe mich schauspielernd zu den beiden Ertappten um. Ihr Gesichtsausdruck ist perfekt. Entsetzte Überraschung, gepaart mit Unglauben, lassen ihre erhitzten Gesichter erbleichen, als sie mich erkennen. Amüsiert registriere ich, dass seine Hand bereits unter ihrer Bluse liegt und er nun möglichst unauffällig versucht, sie von dort freizubekommen.
Sie starren mich nur an und ich starre für einen Moment zurück. „Oh, Entschuldigung.“ Sowohl mein Ton, als auch mein Gesichtsausdruck spiegeln verblüffte Überraschung wider. „Also, ich habe mich wohl in der Tür vertan. Ich wollte eigentlich …“, plötzlich kneife ich die Augen zusammen. „Sind Sie das, Jessica?“ Ihr Teint rutscht ins Knallrote ab und nun erwacht sie aus ihrer Starre. „Und Sie? Ach ja. Collin, nicht wahr?“ Beide versuchen sich nun so schnell wie möglich voneinander zu lösen, doch sie sind einfach ungeschickt. Ich fasse mir an den Mund, so als hätte ich etwas Unanständiges gesagt. „Also das, das tut mir wirklich wahnsinnig leid. Ich wusste doch nicht …“
„ Schon gut.“ Collin hat als erster seine Sprache wiedergefunden und vor allem alle seine Glieder wieder in seiner Gewalt. Er schiebt sich nun halb vor Jessica, damit diese ihre Garderobe richten kann. Wie ritterlich.
„ Sie verstehen das völlig falsch, Miss …?“
Ich grinse. „Ashton.“
„ Miss Ashton.“
Ich nicke und sehe ihn liebenswürdig an, während er versucht, sich krampfhaft an mein Gesicht zu erinnern. „Was verstehe ich falsch? Ich meine, für so ein junges Glück muss man sich doch nicht schämen.“
Treffer versenkt! Er wird zusehends nervöser und Jessica zischt hinter ihm „Wenn die das meiner Mutter sagt, dann …“
Doch Collin versucht sie zu übertönen. „Hat ihnen schon einmal jemand gesagt, dass Sie ein besonders hübsches Gesicht haben, Miss Ashton?“
Jessica schnaubt verächtlich und es klingt beinahe so wie „Hübsch? Von wegen!“ – Fieses, kleines …
Egal. Ich ignoriere sie und richte meine Konzentration auf Collin, der hektisch fortfährt: „Wissen Sie, ich bin beim Film.“ Er macht einen Schritt aus der Kammer hinaus und so Platz für Jessica, die sich ebenfalls daraus hervorquetscht. Beide stehen nun wie begossene Pudel vor mir – wobei Collin sich ganz gut schlägt.
„ Beim Film?“, wiederhole ich etwas gedehnt und mit gespielter Begeisterung. „Kenne ich etwas von Ihnen?“
„ Sie wissen doch ganz genau …“, zickt Jessica hinter seinem Rücken, doch er bringt sie mit einem Blick zum Schweigen.
„ Ich vermute nicht, Verehrteste“, gesteht er kleinlaut und scheinbar geknickt. „Ich mache Filme für Kenner der Kunstszene und bin bisher nicht an den großen Häusern interessiert.“ Die perfekte Lüge kommt schnell und glaubwürdig, eine der goldenen Regeln unter Aufschneidern. Ich mache eine interessierte Kopfbewegung, was ihn ermutigt fortzufahren. „Und Sie sehen mir ganz so aus, als würden Sie sich für eine Hauptrolle in meiner nächsten Produktion eignen.“
„ Aber ich sollte doch …“ Jessica kapiert es einfach nicht. Na gut.
Ich blicke sie fragend an und dann von ihr zu der Kammer. „Ich verstehe“, bemerke ich langsam. „Und das da drinnen war Ihre – wie sagt man – Besetzungscouch?“
Jessica schnappt nach Luft. Beinahe kochen ihre aufgewühlten Gefühle über. Scham und Erregung sind eine perfekte Mischung für einen Skandal.
Collin scheint das
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