Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
nicht vertreibt, verbringe ich meine Zeit als Begleitperson für einflussreiche Männer und Frauen.“ … und ich trinke Blut und bin quasi unsterblich und mein stetig wachsendes Vermögen beläuft sich durch meine verschiedenen Tätigkeiten auf einen hohen Betrag im sechsstelligen Bereich. Auch tanze ich wahnsinnig gerne. Ach ja, hatte ich erwähnt, dass ich einen Hang zu illegalen Substanzen habe und vergnügungssüchtig bin?
Es herrscht eine Weile Stille zwischen uns, in der Alex scheinbar die ersten Informationen verdaut. Ich nutze die Zeit, um einen Blick auf die Uhr zu werfen. Es geht stramm auf Mitternacht zu und von Sharroll ist weit und breit nichts zu sehen. Ihr wird doch nicht passiert sein?
Alex’ Blick ist ebenfalls in die Umgebung des Cafés gerückt. Tja, da ist sie wieder, die Gewissheit, dass „unsere Zeit“ vorbei sein wird, bevor sie richtig angefangen hat. Einen Moment lag spüre ich so etwas wie Bedauern und noch etwas, das ... tiefer ... geht?
Absurd! Das ist einfach nur absurd!
Beinahe ängstlich über das, was ich da eben vermutet habe zu spüren, breche ich das Schweigen mit einem provokativ amüsierten „Schockiert?“
„ Keinesfalls“, bemüht er sich schnell zu versichern, „Ich bin nur überrascht, dass Sie so offen vor allem über Letzteres sprechen.“ Aha.
„ Warum nicht? Es ist eine Tätigkeit wie jede andere und sie liegt mir. Es ist ja nicht so, dass ich mich prostituiere.“
Da ist es, das kleine Lächeln in seinem Gesicht. Dieses Mal zeigt es Erleichterung. „Das sicher nicht.“ Er hält kurz inne. „Wie würden Sie für mich, den Laien, denn diese Tätigkeit beschreiben?“
„ Das ist einfach. Ich begleite meine Klienten zu gesellschaftlichen Anlässen, diskutiere mit ihnen über aktuelle Themen, sehe an ihrer Seite gut aus oder werde beratend tätig. Vor allem wenn es sich bei meinen Klienten um Frauen handelt. Sex ist kein Bestandteil meiner Dienstleistungen. Dagegen spreche ich mich entschieden aus.“
Er scheint wenig überzeugt. „Und das funktioniert für Sie?“ Skeptisch schaut er mich an.
Ich mache eine wegwerfende Handbewegung: „Ganz wunderbar.“
Plötzlich stiehlt sich ein schelmenhaftes Grinsen auf sein Gesicht. „Was würde denn Ihre Begleitung für einen Abend kosten? Ich frage nur rein informativ.“
Ich nenne ihm eine Summe und es ist an ihm, schwer zu schlucken.
Ich lächele „… und das ist ein Freundschaftspreis, weil Sie mein Anwalt sind.“
Er räuspert sich, trinkt den letzten Schluck Wein, und etwas zuckt in seinem Blick. „Was bekomme ich denn, wenn ich Sie, wie sagt man, bestelle?“
Vorsicht mein Guter – das hier ist mein Revier!
Selbstsicher schmunzele ich ihn an. „Das kommt darauf an, was Sie sich für den Abend vorgenommen haben.“ Er grinst. „Auf jeden Fall bekommen Sie einen kompetenten, freundlichen, aufmerksamen und vor allem eloquenten Gesprächspartner in geschmackvoller Garderobe, so dass sie sich nicht vor Ihren Kollegen schämen müssen.“
„ Und was ist, wenn das Dinner, das Bankett oder die Tagung beendet ist und die Nacht noch nicht?“
Ich lehne mich zurück und schenke ihm einen Blick unter dichten Wimpern hervor – jetzt ganz der Profi. „Das hängt von verschiedenen Faktoren ab.“
Er setzt sich ein Stück gerader hin. „Was für Faktoren?“
Wieder halte ich inne und betrachte ihn eingehend. Langsam setze ich zu meiner Antwort an: „Das hängt ganz davon ab, was Sie für Vorstellungen haben, ob ich in dieser Nacht noch einen weiteren Termin habe und – und das ist ausschlaggebend – ob Sie mir gefallen oder nicht.“
Sein Gesicht verrät nichts, noch nicht einmal ein Muskel zuckt, bevor er fortfährt: „Was wäre, wenn ich einen unkonventionellen Abend verbringen und aus meiner ‚biederen‘ Welt ausbrechen möchte?“
Ich setze mich auf. Das hier ist definitiv nicht das Territorium, welches ich heute Abend betreten möchte. Auch nicht mit ihm oder schon gar nicht mit ihm? Vage erwidere ich: „Dann hoffe ich, dass Sie bereits einige Vorstellungen von dem haben, was Sie erleben möchten. Allerdings gäbe es hier sicherlich einen Preisaufschlag.“
Er nickt. „Was wäre, wenn ich sagen würde: Überraschen Sie mich.“
Ich lehne mich erneut zurück und betrachte ihn genauer. „Überraschen Sie mich“ hat noch niemand so direkt verlangt. Auch scheint er mir nicht der devote Typ zu sein. Ja, was würde ich tun? Bei dem Blick in seine intensiven Augen fällt mir eine Menge
Weitere Kostenlose Bücher