Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)
tiefer.“
Ich verfalle in ein leichtes Gelächter. „Oh, wie dumm von mir. Vielen Dank.“ Entschlossen drehe ich mich um und marschiere zurück zum mittleren Fahrstuhl. Mit diesem fahre ich hinunter zu Deck 2.
Im Vorbeigehen habe ich erkennen können, dass beide Wachleute nicht begeistert sind, vor der Tür Dienst schieben zu müssen. Der Grund dafür ist einfach: Einer ihrer Kollegen ist heute Morgen Vater geworden und veranstaltet eine kleine Feier. Sie dürfen nicht daran teilnehmen und das wurmt sie wahnsinnig. Wenn das mal kein guter Hebel ist.
Die freundliche Rezeptionistin erkennt mich wieder und als ich nach Mr. Morgan frage, lässt sie ihm eine Mitteilung zukommen. Hat sie eigentlich immer Dienst oder stellen sie hier nur Zwillinge ein? Gemütlich schlendere ich durch das Foyer und tüftele innerlich an meinem Plan. Irgendwie muss ich unbemerkt in die Suite und an den beiden Gorillas vorbeikommen. In dieser Zeit beobachte ich all die vielen Menschen, die mit ihren verschiedenen Wünschen die Damen belagern.
Schon merkwürdig, da macht man eine Kreuzfahrt und beschwert sich über alles. Innerlich amüsiert, horche ich einem älteren Mann, der sich lautstark beschwert. Er tut es auf Deutsch, und nur um zu üben, horche ich hin.
„ Hören Sie, Mädchen. Das ist absolut ungebührlich.“
Sie lächelt kurz, entschuldigt sich mit „Entschuldigen Sie, ich spreche kein Deutsch“ und zieht sich zurück.
Das ist so komisch, das ich wieder schmunzeln muss. Jemandem in seiner Muttersprache zu sagen, dass er sie nicht spricht, entbehrt nicht einer gewissen Komik.
„ Also, das ist doch …“ Der Rest des Satzes ist mir unverständlich, denn er wird in einem merkwürdigen Dialekt gesprochen. Also wenn das Deutsch ist, dann habe ich die falsche Sprache gelernt.
Eine andere Dame erscheint hinter dem Schalter des Foyers und lächelt den Mann beschwichtigend an. Ich schwöre, sie sieht der Ersten zum Verwechseln ähnlich, nur dass ihre Haare einen Ticken dunkler sind. Wahrscheinlich müssen sie wirklich durch ein Casting. Die Dame begrüßt den Gast in einem gestochen klaren Deutsch – und ich kann dem sogar folgen.
Ein Stück weit in den Halbschatten einer der Säulen tretend, beobachte ich die Auseinandersetzung.
„ Was ist denn genau passiert, Herr Meier?“
Der Angesprochene rasselt in einem Wahnsinnstempo seine Geschichte herunter. Nach dem dritten unverständlichen Wort hat er mich allerdings abgehängt. Die Dame hinter dem Tresen lächelt jedoch freundlich weiter und nickt in einem fort.
„ Sie sagen also, da sind Gegenstände aus dem Fenster über Ihrer Kabine geworfen worden?“ Ah, das kann ich verstehen. Vielen Dank. Er nickt und gestikuliert dabei heftig. „Ja, ich verstehe. Ein wirklich ungehöriges Verhalten.“ Herr Meier scheint dies nicht zu reichen. „Was wir tun werden?“ Die Dame sieht ihn immer noch freundlich an. „Die Beschuldigten befragen und uns in deren Kabine umsehen.“ Herrje, die Armen. Aber was haben sie denn aus dem Fenster geworfen?
Herr Meier scheint nicht zufrieden. Seine Aussprache wird zusehends undurchdringlicher für mich und seine Gesichtsfarbe hat jetzt eine schöne Rötung angenommen. „Nein, wir werden sie nicht von Bord weisen, Herr Meier. Wir sind mitten auf dem Ozean …“ Er unterbricht sie rüde und das Lächeln erstarrt ein wenig in ihrem Gesicht. „Ja, das kann ich verstehen.“ Ja, was denn, verdammt nochmal.
Sie hört ihm eine Weile zu und ich werde immer hibbeliger. „Ja, ich verstehe Sie voll und ganz, Herr Meier.“ Dieser scheint sich nun doch ganz langsam wieder zu beruhigen. „Natürlich müssen die Herrschaften in dem Zimmer über Ihnen die Kissen ersetzen, sofern sie tatsächlich aus dem Fenster geflogen sind.“ Die was? Die Kissen ? Beinahe lache ich auf. Die ganze Aufregung wegen ein paar Kissen?
Wer bitte wirft denn Kissen aus dem Fenster und dann auch noch mehrere – nur um seinen Nachbar zu ärgern? Kopfschüttelnd betrachte ich die Szene vor mir weiter. Da ist doch irgendetwas im Busch. Der kann sich doch nicht wirklich wegen ein paar Kissen so aufregen. Ich meine, hey, vielleicht sind Kissen ja auch eine Metapher für … ja, für was? Kissen? Kissen? Nein, mir fällt nichts ein. Das Wort „Vandalen“ fällt ebenfalls mehrmals, aber das kann man wohl nicht missverstehen. Aber was bitte sind Hottentotten?
Die Dame scheint den aufgebrachten Gast nun aber beschwichtigt zu haben. Unvermittelt sagt sie nämlich: „Ja,
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