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Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Nachtchimäre - Fragmente der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myrna E. Murray
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das kann ich wirklich nachvollziehen, Herr Meier. Es tut mir sehr leid, dass Ihr Aufenthalt auf unserem Schiff durch solche Unannehmlichkeiten gestört wurde.“ Ach, die lügt doch – aber ihr Gesicht zeigt nichts als Betroffenheit. Die sind wirklich gut, diese Rezeptionsklone.
    Herr Meier gibt sich damit endlich zufrieden und ist nun etwas beruhigt. „Sie werden also den Sicherheitsdienst rufen und dafür sorgen, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt?“
    Sie lächelt. „Selbstverständlich, Herr Meier.“
    Er verabschiedet sich und ich schiebe mich unauffällig an seinen Weg heran. Im Vorbeigehen höre ich noch, wie er weiter vor sich hin brummelt: „Wo sind wir denn hier? In einem ordentlichen deutschen Haushalt kommt so etwas nicht vor!“
    Ähm – ja. Was soll man dazu noch sagen? Schmunzelnd blicke ich ihm nach und merke dann, wie sich eine Präsenz auf mich zubewegt. Nanu, funktionieren meine Sinne wieder? Das wäre ja großartig – geradezu bombastisch! Ich drehe mich um und tatsächlich: Mr. Morgan ist im Foyer erschienen.
     
    Er scheint leicht angeheitert, begrüßt mich aber freundlich. „Miss Ashton, was kann ich für Sie tun?“
    Ich setze mein schönstes Lächeln auf. „Wie schön, dass Sie Zeit für mich finden, Sir.“
    „ Für Sie doch immer.“
    Wie schön, das zu wissen. Aber kommen wir doch zum eigentlich „Tanz“. „If this world is wearing thin and you're thinking of escape …“ Ach bitte – nicht jetzt!
    „ Können wir ein Stück gehen?“ Ich taste langsam nach seinem Geist und stoße auf eine Barriere. Okay, vorgestern war es noch eine Mauer. Anscheinend werde ich wieder besser. Er ist jedoch in erstaunlich nachgiebiger Stimmung.
    „ Gerne.“ Er schlendert vergnügt und doch wachsam los. Scheinbar wahllos bewegt er sich in Richtung Casino. Aber dieser Mann tut nichts aus einer Laune heraus.
    „ Haben Sie Angst davor, mit mir alleine zu sein?“, witzele ich und ernte einen durchwachsenen Blick dafür.
    „ Nein, aber ich möchte eine Theorie überprüfen.“
    Ah, jetzt … ja. Hä? „Was denn für eine Theorie?“
    Jetzt grinst er verwegen und ich hätte nicht gedacht, dass seine Gesichtsmuskeln diesen Ausdruck so perfekt imitieren können. „Lassen Sie sich überraschen.“
    Ja, das werde ich wohl – müssen. Er bietet mir einen Arm an und ich hake mich brav unter. So sieht es aus, als würden wir in trauter Zweisamkeit durch die belebten Flure schlendern. Beide aufmerksam, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.
    „ Also, was kann ich für Sie tun?“, eröffnet er und ich ziehe mit.
    „ Ich wüsste gerne, wie Sie im Fall Sharroll weiter vorgehen werden.“
    Er hält kurz inne, bleibt aber nicht stehen. „Nun, wir haben Mr. Woodenbrock festgesetzt und werden ihn in Southampton vom Schiff entfernen.“ Ah, also nichts, was ich nicht schon wüsste.
    „ Und wie geht es dann weiter?“, erkundige ich mich freundlich.
    Er wirft mir einen schmalen Seitenblick zu. „Was denken Sie denn?“
    Ups, eine fiese Fangfrage. „Vermutlich werden sich die Behörden darum kümmern und wir fahren weiter?“
    Er nickt langsam. „Richtig.“
    „ Und das heißt?“
    Jetzt bleibt er tatsächlich stehen. „Das heißt, dass Sie ihn nie wiedersehen werden.“ Er blickt mich prüfend an. „Das ist es doch, was Sie wissen wollen, oder?“
    Einen Moment bin ich verwirrt. Kann der Mann Gedanken lesen?
    „ Bin ich so leicht zu durchschauen?“ Mein Lächeln soll tiefgründig sein, fällt wohl aber etwas schief aus.
    Er studiert mein Gesicht aufmerksam und ich denke an … rosa Elefanten. Im Tütü und in hochgeschnürten Ballettschuhen – jawohl. Sie drehen Pirouetten auf kleinen Eisflächen, die mit altrosafarbenen Blütenblättern bestreut sind. Dazu spielt Mozart seine Kleine Nachtmusik. Ein alter Trick. Morgans Blick ruht nach wie vor auf meinen Zügen und die Elefanten tanzen und tanzen.
    Er scheint nicht zu finden, was er sucht, und endlich wendet er sich ab. Danke, liebe Elefanten, ihr dürft raus aus den Ballettschuhen und zurück auf eure Wiesen.
    „ Sie sind wirklich gut, Madam.“ In seinen Worten schwingt so etwas wie Respekt mit und ich bin ein bisschen stolz auf mich.
    „ Ich danke Ihnen, Sir. Aber mir ging es hauptsächlich darum zu wissen, ob ich mich für eine Zeugenaussage auf dem Festland bereithalten muss oder nicht.“ Hoch gepokert, aber es scheint zu funktionieren. „Ich meine, meine Überfahrt ist bis nach Hamburg bezahlt, wie Ihnen bekannt sein

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