Nachte des Sturms
»Wenn nichts aus der Sache wird, braucht er nie etwas davon zu erfahren. Und wenn es wirklich klappt, wie sollte er dann etwas anderes tun, als sich darüber freuen? Ich bin mir noch nicht sicher, wie ich die Sache genau in Angriff nehmen soll oder an wen man sich mit solchen Dingen wendet. Ich dachte, du hättest vielleicht eine Idee.«
»Sicher würde ich nur meinen Atem vergeuden, wenn ich versuchen würde, dir das Ganze auszureden.«
»Allerdings.«
Jude nickte. »Dann spare ich mir doch die Luft. Ich habe keine Ahnung vom Musikgeschäft. Ich könnte natürlich meine Agentin fragen, obwohl ich nicht glaube, dass sie …« Plötzlich kam ihr ein Gedanke. »Was ist mit diesem Magee? Er hat doch schon Dutzende von Theatern und Konzerthäusern gebaut. Also hat er doch vielleicht ein paar Beziehungen in dem Metier.«
»Das könnte durchaus sein.«
»Ich kann dir seine Adresse besorgen, und dann kannst du einfach an ihn schreiben.«
Brenna strich mit den Fingern über die Noten und die Worte des Liedes. »Das dauert viel zu lange. Hast du vielleicht auch eine Telefonnummer?«
18
D as sanfte Nieseln wurde zu einem starken Regen, und der starke Regen führte zu einer regelrechten Sturmflut, die die tosenden Wassermassen gegen die Küste krachen und die im Hafen fest vertäuten Boote auf den schaumgekrönten Wellen tanzen ließ. Mehrere Tage lang war es zu stürmisch, als dass die Fischer hätten hinausfahren können. Vom Ufer bis zum Horizont erstreckte sich eine wütende, brodelnde graue Masse, deren weiße Kronen spitz genug erschienen, um den Rumpf eines Schiffes zu durchbohren.
Diejenigen, die ihr Leben auf dem Meer bestritten, warteten mit ihrer typischen, im Verlauf von Generationen antrainierten grimmigen Geduld darauf, dass das Wetter sich beruhigte.
Wie der Ruf der Todesfee heulte der Wind zwischen den Häusern, rüttelte an Fenstern und an Türen, schlich sich durch jede noch so schmale Spalte und brachte Eiseskälte mit herein. Der Rauch drängte in hässlichen, unregelmäßigen Strömen zurück in die Kamine, und schließlich zupfte der Sturm ein paar Schindeln vom Dach der Markthalle, sodass sie wie trunkene Vögel auf den Boden trudelten. Eine der Schindeln fiel dem jungen Davey O’Leary auf den Kopf, als er gerade mit einer Flasche Milch und einem Dutzend Eier nach Hause radeln wollte. Die Wunde wurde mit sieben Stichen genäht, die Eier jedoch waren unwiederbringlich verloren.
Den Blumen, die den Winter problemlos überstanden hatten, machte der Wind genauso wie den ersten Frühlingsboten mit ein paar letzten wilden Bissen den Garaus, und die sonst so hübschen Gärten glichen nach ein paar Tagen öden Schlammwüsten.
Die Touristen blieben fern, Reservierungen wurden storniert, während der Sturm auf Ardmore einpeitschte und am dritten Tag sogar die Strom- und Telefonleitungen in die Knie zwang.
Wie jedesmal kauerte sich das ganze Dorf zusammen, um zu warten, bis sich das Unwetter verzog. In sämtlichen Häusern war die Stimmung bereits nach kurzer Zeit gereizt. Kleine Kinder waren rastlos und gelangweilt und trieben ihre Mütter in den Wahnsinn. Tränen und schmerzhaft brennende Hinterteile gehörten zum täglichen Geschäft.
Geschützt mit Regenmänteln und Gummistiefeln stapften Brenna und ihr Vater auf der Suche nach der undichten Stelle in Duffys Sickergrube durch knietiefen Schlamm und Schlimmeres.
»Eine widerliche Arbeit.« Mick stützte sich auf seine Schaufel.
»Wenn das Wetter so bleibt, werden wir bald nicht mehr die Einzigen sein, die durch die Scheiße waten.«
»Wenn diese Bastarde aus Waterford gekommen wären, wäre die Grube wenigstens leer.«
»Falls sie jemals mit der Pumpe kommen, sollten wir sie mit den Köpfen zuerst einfach in den Schlamm stecken. Himmel, was für ein Gestank! Aber ich glaube, ich habe das Leck endlich gefunden.«
Sie gingen in die Hocke und betrachteten beide gleichermaßen interessiert wie nachdenklich das alte, angeknackste Rohr. »Genau, wie du vermutet hast, Dad. Das
Ding ist einfach so alt, dass es unter dem zusätzlichen Druck geplatzt ist. Die Leitung verläuft zwischen der Grube und dem Feld, und als sie geplatzt ist, hat sie Mrs. Duffys schönen Garten in eine Jauchegrube verwandelt.«
»Nun, zumindest bekommt unsere Kathy auf diese Weise hervorragend gedüngte Beete.« Da der Gestank einem den Atem raubte, sprach Mick etwas gepresst. »Gut, dass du daran gedacht hast, das PVC-Rohr rechtzeitig zu bestellen. Also tauschen wir die
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